Gnesen

[98] Gnesen, die alte Hauptstadt von Großpolen und Krönungsstadt der polnischen Könige, vom myth. Ahnherrn der Polen, Lech, da gegründet, wo sich das Nest eines weißen Adlers befand (daher der weiße Adler im poln. Wappen), jetzt Kreisstadt der preuß. Provinz Posen, Reg.-Bez. Bromberg, hat 8000 E., Priesterseminar, eine prachtvolle Kathedrale, berühmte Vieh-, besonders Pferdemärkte. – Das Erzbisthum G., in dessen Hauptkirche der Polenherzog Boleslaus I. Chrobry (999 bis 1025) den Leichnam des hl. Adalbert (s. d. A.) gebracht haben soll, wurde um 1000 errichtet, als Kaiser Otto III. in G. einen glänzenden Empfang gefunden. Der erste Bischof wurde Gaudentius, Suffragane die Bischöfe von Krakau, Smogra, Breslau und Kolberg, aber erst nach Gregors VII. Zeit bekam der Erzbischof einen festen Sitz u. zwischen 1123–1248 der Sprengel bestimmte Gränzen. Heinrich (1200 bis 1219) erlangte Immunität für die ganze Geistlichkeit, setzte den Cölibat durch u. wurde für sich u. seine Nachfolger ständiger Legat (legatus natus). Durch die Mongolenverwüstungen litt G. außerordentlich, aber mit der Macht Polens wuchs die der Erzbischöfe von G. Der Erzbischof Nikolaus wurde 1416 Primas von Polen, die Stadt G. poln. Krönungsstadt. Im Wahlreich Polen war der Erzbischof von G. erster Reichsstand u. bei Thronerledigungen Reichsverweser. Durch die Theilungen kam G. mit Posen an Preußen, beide Erzbisthümer wurden 1821 vereiniget, G. behielt nur einen Weihbischof u. besondere Verwaltung, Kulm blieb das einzige Suffraganbisthum von Posen. G. – S. Dunin.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 98.
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