Granvella

[126] Granvella (Grangwelja), Anton Perrenot de, Cardinal u. span. Staatsmann, am bekanntesten durch die Geschichte des Abfalles der Niederlande, ein entschieden kathol. aber keineswegs fanatischer Charakter. Er war der am 20. Aug. 1517 zu Besançon geb. Sohn des Kanzlers Kaisers Karl V., wurde frühzeitig diplomatisch gebildet u. verwendet, schon 1540 Bischof von Arras, 1545 Staatsrath, 1548 Reichssiegelbewahrer. G. vermittelte das Bündniß Heinrichs VIII. von England mit dem Kaiser, wollte anstatt des Augsburger Interims die Wiederherstellung der alten Kirchenzucht, setzte die Heirath Philipps II. mit Maria von England durch (1554) und war bei der Abdankungsscene Karls V. am 25. Okt. 1555 der Sprecher des Infanten Philipp. Als Minister des letztern vermittelte G. den Frieden von Chateau-Cambresis und fand ein weites Feld seiner Thätigkeit in den Niederlanden. Er erkannte rasch, welcher Geist hier täglich mehr Platz griff und erhob sich zwar gegen jede Inquisition, drang aber auf andere energische Maßregeln, von denen bei der Eifersucht der Regentin Margaretha die wenigsten durchgesetzt wurden. Die Errichtung von 13 neuen Bisthümern u. die Ernennung G.s zum Erzbischof von Mecheln (1560) und zum Cardinal (1561) genügten, um ihn zum Gegenstand des allgemeinen Hasses bei Volk und Adel zu machen und fast überall mußten die neuen Bischöfe gewaltsam eingesetzt werden. Gegen die Intriguen Wilhelms von Oranien u. Frankreichs, gegen die bis zum offenen Bruch gedeihende Eifersucht der kurzsichtigen Statthalterin u. gegen die Anklagen des Adels hielt sich G. bis 1565, wo ihm Philipp II. bedeutete, er möge sich in die Franchecomté zurückziehen. Die Geschichte hat die Politik des Cardinals glänzend gerechtfertigt, doch blieb derselbe kaum so lange in Besançon, um das Colleg St. Moriz zu stiften. Die Namen Pius V. u. Gregor XIII. erinnern an G.s kirchl., Lepanto, Neapel, dessen Vicekönig er 1571 war, an seine polit. Thätigkeit. Für die in Ungnade gefallene Margaretha erwirkte er einen Gehalt, wurde 1575 von Philipp II. nach Madrid gerufen, »weil mittelmäßige Köpfe alle Verhältnisse verwirrten«, 1584 Erzbischof von Besançon und st. am 21. Sept. 1586 zu Madrid. Seine Leiche kam nach Besançon, 1793 wurde sein Grab beschädigt, seinen Ruhm hat selbst Schiller gefeiert, seine Schriften, Briefe u.s.f. stehen im 5. Bande der Documents inédits sur lʼhistoire de France.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 126.
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