Hexe

[302] Hexe (aus dem altd. Hagapus), nach einem lange dauernden bei allen abendländischen Völkern vorkommenden Wahne ein Weib, das mit einem Teufel Buhlschaft treibt u. von demselben die Macht erhält, andern Menschen durch Zauberei zu schaden. Der Name wie der [302] Glaube stammt von den alten Deutschen, welche dem weibl. Geschlechte die Gabe der Weissagung u. Beschwörung zutrauten, was sich bei dem allmäligen Aufhören des Heidenthums, das aber als Aberglauben beständig fortwirkte, in den Versuch der H.rei und in den Glauben an H.rei verwandelte. Daß wirklich H.rei versucht wurde, beweist unsere eigene Zeit, die trotz aller Aufklärung weniger selten als gewöhnlich angenommen wird zu dem Unwesen zurückkehrt (wie es noch in einigen Gegenden im Volksglauben wurzelt, zeigen z.B. manche Erzählungen bei Jerem. Gotthelf), u. unverwerfliche Zeugnisse aus frühern Jahrhunderten; so erklärt es sich auch, warum kirchliche u. bürgerliche Gesetze mit den schärfsten Strafen einschritten. Daß der Glaube an H.rei zeitenweise zu einer förmlichen Wuth ausartete, ist leider nur zu gewiß. namentlich vom 15. bis zum 18. Jahrh., in Deutschland besonders nach dem 30jähr. Kriege. Viele Tausend Weiber wurden ein Opfer der H. n-Probe (mit zusammengebundenen Daumen u. großen Zehen wurden die Angeschuldigten langsam in einen Fluß oder Teich gelegt; sanken sie nicht ganz unter, so waren sie schuldig) oder des Scheiterhaufens; vielmal wurde das Geständniß durch die Folter ausgepreßt, oft aber bekannten sie sich des Umgangs mit dem Teufel, der Theilnahme am H.nsabbath u. H.ntanz in der Walpurgisnacht (1. Mai), mit Aufzählung aller möglichen Einzelnheiten für schuldig, was nur erklärlich ist, wenn man annimmt, daß damals eine epidemische Geisteskrankheit bei den Weibern geherrscht habe. Die Jesuiten Tanner u. Spee traten zuerst um die Mitte des 17. Jahrh. mit Nachdruck gegen die H.nverfolgungen auf (vergl. dagegen Carpzow), gegen Ende desselben Prof. Thomasius, aber erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts führten die Gesetzgebungen in den meisten Staaten das Ende der H.nprozesse herbei. (Soldan, Gesch. der H.nprozesse, Stuttg. 1843.)

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 302-303.
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