St. Just

[20] St. Just (– Schüst), Antoine Louis Leon de, gewöhnlich neben Robespierre u. Marat als der furchtbarste Schreckensmann der ersten frz. Revolution genannt, geb. 1768 zu Décize bei Nevers, hatte beim Ausbruche der Revolution in Soissons gerade seine Studien vollendet. Altadeliger Herkunft, aber voll Ingrimmes gegen alles Bestehende, kenntnißreich u. talentvoll, aber durchglüht von fanatischer Verehrung für die Alten u. noch mehr für J. J. Rousseaus verkehrte Weltanschauung, von mädchenhaftem Aussehen, aber bereit, für seine Grundsätze mit kalter Grausamkeit die halbe Welt zu morden, dabei waghalsig und ehrsüchtig, that er Alles, um in der Revolution eine Rolle spielen zu können und spielte sie, nachdem er 1792 durch engen Anschluß an Robespierre Deputirter des Depart. der Aisne im Convent geworden war, Er spie sofort Feuer und Flammen gegen den »Bürger und Rebellen Louis Capet« (Ludwig XVI.), ließ bei jeder Gelegenheit sich hören u. beantragte oder vertheidigte stets die extremsten Maßregeln. Nach der Ermordung des Königs beförderte er hauptsächlich den Sturz der wortreichen u. thatenarmen Gironde u. waltete als Mitglied des Wohlfahrtsausschusses und namentlich auch als Sendbote desselben in den Provinzen z.B. im Elsaß als ein blutdürstiger Tiger. Ihm galt der Schrecken keineswegs als vorübergehende Maßregel, um Patriotismus gegen das Ausland zu erzwingen, sondern er sprach es offen und in einem seltsam ausstaffirten philosophischen Jargon aus, der Schrecken müsse fortbestehen für alle, welche zu hoffen od. zu fürchten hätten, den Massen müsse geholfen werden und so lange Blut fließen, bis dieses gründlich geschehen und die fränkische Republik ihrem Ideale nahegekommen sei. Bei wem er Ueberdruß am Schreckenssystem und Rückkehr zu gemäßigteren Grundsätzen witterte, den half er sofort auf das Schaffot bringen, bisherige Freunde am wenigsten ausgenommen, so die Dantonisten, den Herault de Sechelles, Chabot und viele andere. Am 9. Thermidor that er alles, um Robespierreʼs erschlaffte Energie zu verzweifelten Maßregeln aufzurütteln und war zuletzt der einzige, der ihn muthig vertheidigte, wurde aber in seiner langen Rede unterbrochen und mit ihm u. andern verhaftet. Dies machte auch ihn anfangs kleinmüthig, doch legte er am folgenden Tage (28. Juli 1794) anscheinend gefaßt seinen Kopf unter die Guillotine. Ueber S. J. u. sein politisches System schrieben Ch. Nodier (1831) und E. Fleury (1851), auch prangt er neben seinen Consorten in dem Werke: les hommes de la terreur (Par. 1854).

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 20.
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