[467] Kiesfang, Sandfang, Einrichtungen an Flüssen, um bei Hochwasser entweder die Ablagerung von im Wasser enthaltenem Kies und Sand an einer bestimmten Stelle außerhalb des Flußbettes zu begünstigen oder durch vorherige Ablagerung dieser Materialien bezw. Wegspülung derselben die Verkiesung in Werkkanälen und ähnlichen Seitenabzweigungen zu verhindern.
Im ersten Falle ist der Zweck der Anlage die Gewinnung von Kies und Sand zur Straßenunterhaltung oder für Bauausführungen. Besonders geeignet sind hierzu jene Flüsse, deren Hochwasser in der Hauptsache lehmfreie Suspensionen führen. Die technischen Einrichtungen bestehen darin, daß man im konkaven Ufer des Flusses eine möglichst breite Lücke schafft und deren Sohle durch ein solides Wehr befestigt. Ueber die Krone des so errichteten festen Wehrs, deren Höhenlage über Flußsohle je nachdem man auch gröberes Material oder nur Kies und Sand gewinnen will zwischen 0,81,5 m schwankt, strömt sodann ein Teil der Hochflut. Ein möglichst großes flaches, durch Dämme gesichertes Feld gestattet die Ausbreitung des Wassers, die Verminderung seiner Geschwindigkeit und die Ablagerung der Suspensionen. Auf die Ableitung des bis auf geringe Trübung von den Suspensionen befreiten Wassers ist große Sorgfalt zu verwenden; insbesondere sind in dem Ablagerungsfeld Einrisse zu verhindern, welche sogenannte wilde Strömungen entstehen lassen. Eine gute derartige Anlage, die großen Nutzen stiftet, befindet sich unterhalb der Karthäuserbrücke an der Dreisam bei Freiburg i. B. Vgl. a. Kolmation.[467]
Im zweiten Falle sollen durch Kiesfänge die besonders bei langen Werkkanälen höchst lästigen und betriebsstörenden Sohlenverlagerungen, deren Entfernung große Kosten verursacht, verhindert werden (vgl. Stauanlagen). Vielfach genügt hier ein Grundablaß (s.d.). Wenn aber die Hochwasser reichliche Suspensionen führen, so sind besondere Einrichtungen am Platze, die wir am bellen an Hand eines Beispiels erläutern. Nebenstehende Figur zeigt den Kiesfang am großen Stauwehr des Elektrizitätswerkes Wangen a. d. Aare [1]. Zunächst liegt hier die Einlaufschwelle b um 1 m höher als die Flußsohle. Der größte Teil der Geschiebe, insbesondere das grobe Geschiebe, wird sich deshalb vor dieser Schwelle ablagern und kann mit Hilfe des Grundablasses fortgespült werden. Bei Hochwasser wird jedoch auch Geschiebe mittleren und kleineren Korns über die Schwelle b eintreten; dieses wird durch die Schwelle c zurückgehalten und in den Kiesfang zur Ablagerung gebracht. Aus dem letzteren erfolgt von Zeit zu Zeit die Entfernung dieser Ablagerungen mittels der Kiesschleusen, die sich an dem unteren Ende des Kiesfangs befinden, indem man die Steilfalten d sperrt und den ganzen Wasserstrom so lange durch den Kiesfang leitet, bis der Zweck erreicht ist. Normal flauen selbstverständlich die Kiesschleusen auf die für den Wassereinlauf in den Oberwasserkanal erforderliche Höhe; steigt das Wasser um 40 cm über den gestauten Niederwasserspiegel, so bildet sich an den Kiesschleusen ein Ueberfall. An dem Einlauf in den Oberwasserkanal befinden sich ebenfalls noch Steilfalten d, die zweiteilig sind und in verschiedenen Höhenlagen eingesetzt werden können, insbesondere auch als Hochwasserschutzwand dienen. Auf diese Weise läßt sich der Eintritt von Geröllen in den Oberwasserkanal vollständig verhindern, allerdings mit recht großen Kosten, deren Aufwendung indessen durch Ausbleiben einer Sohlenverlagerung in dem ca. 8 km langen Kanäle gerechtfertigt ist.
Literatur: [1] Meyer, K., Das Elektrizitätswerk Wangen a. d. Aare. Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing., Bd. 50, 1906, S. 713 ff.
Lueger.