Stauanlagen

[256] Stauanlagen (Stauwerke, Wehre, Wuhre, Sperren), quer über ein fließendes Gewässer ausgeführte Einbauten, dienen zur Wasseransammlung (für Wasserversorgung, Bewässerung, zur Speisung von Schiffahrtskanälen) oder zur Gewinnung einer Fallhöhe vom gehobenen, gestauten Wasserspiegel oberhalb des Stauwerkes, das ist vom Oberwasser, zum ursprünglichen, tieferen Wasserspiegel unterhalb des Einbaues, das ist zum Unterwasser (der sogenannten Staustufe), behufs Ausnutzung der Wasserkraft.

I. Allgemeines, Vorarbeiten.

In dem Becken oberhalb der Stauanlage (der sogenannten Wehrwage) findet infolge Verminderung der Wassergeschwindigkeit eine Ablagerung von Sinkstoffen und hiermit eine Flußbetterhöhung statt. Ist das gestaute Wasser zu nahe der Oberfläche eines anliegenden flachen Tales, so tritt hier eine der Landwirtschaft oder den Anwohnern nachteilige Versumpfung des Bodens ein; vielfach kommen dann auch schädliche Ueberschwemmungen durch austretende Hochwässer vor. Unmittelbar unterhalb des Wehres arbeitet das abstürzende Wasser auf Ausschwemmung und Vertiefung der Sohle, das ist Auskolkung, hin. Um diesen Uebelständen entgegenzutreten, muß man dafür sorgen:

1. Daß bei den am häufigsten vorkommenden Mittelwasserständen in mehr oder weniger durchlässigem Gelände der gestaute Spiegel mindestens noch ca. 40–50 cm tiefer liege als dieses Gelände. Ist es nicht möglich, dieses Ziel neben dem eigentlichen Zwecke des Wehres zu erreichen, so muß durch Dämme und Anlage von Parallelgräben (s. Entwässerung, Bd. 3, S. 466) die Vernässung der am Oberlaufe gelegenen Grundstücke verhütet werden.

2. Daß durch Eindämmungen das Uebertreten schädlicher Hochwässer verhindert werde. Handelt es sich nur um die Abhaltung der Sommerhochwasser, so genügt es – bei festen Wehren ohne Grundablaß –, wenn die Dammkrone des Oberwassers in jene Höhe gelegt wird, die sich beim Ueberfall der entsprechenden Hochwassermengen über das Wehr durch Rechnung ergibt. Im andern Falle müssen die Dammkronen um 40–50 cm über den höchsten berechneten Flußspiegel gelegt werden. Kann im Falle von Hochwässer die Stauanlage aus dem Wasser gezogen oder niedergelegt werden, so sind – wenigstens bei regulierten Flüssen – besondere Maßnahmen entbehrlich.

3. Daß die Sohle des Unterlaufes unterhalb der Stauwand des Wehres durch eine solide und genügend lange Sohlenbefestigung (Sturzpritsche, Abfallpritsche u.s.w.) und durch richtige Weiterführung der Flut gegen Vertiefungen (Auskolkungen) verwahrt werde; auch die Ufer und die Sohle des Unterlaufes müssen – besonders innerhalb der Länge von ca. 30 m unterhalb des Wehres – durch Befestigung der Böschungsfüße, Sohlenpflaster u.s.w. gegen Abbruch geschützt werden.

Die Stauanlagen und Ableitungskanäle zum Werkbetriebe werden in der Regel für den verfügbar gemachten Anteil der am häufigsten vorkommenden Mittelwasser eingerichtet; niedrigere Wasserstände werden natürlich auch ausgenutzt, ebenso ein Teil der Hochwässer. Verfügbar [256] ist der Ueberschuß, der nach Abzug des für Zwecke der Schiffahrt, der Flößerei, der Fischpässe u.s.w. erforderlichen Wassers im Flusse verbleibt; dieser Ueberschuß muß für alle vorkommenden Schwankungen im Wasserstande möglichst genau festgesetzt werden, wobei auch Rücksichten auf behördliche Vorschriften, begehende Berechtigungen u.s.w. zu nehmen sind. Eingehende Studien in dieser Hinsicht ermöglichen dann die Feststellung von Oberwasserspiegel, Unterwasserspiegel und Wassermenge, bei allen denkbaren Veränderungen im. Flußwasserstande und bei den zulässigen Eingriffen von andern Wasserberechtigten. Weitere Studien müssen sich auf die Beschaffenheit des verfügbaren Betriebswassers erstrecken. Es muß in Erfahrung gebracht werden, ob und in welchen Zeiten bezw. wie lange das Wasser zugefriert, Grundeis führt u.s.w.; ferner, ob dasselbe bei Hochwasser oder auch in andern Zeiten getrübt ist und welcher Art diese Trübungen sind (Sand und Kies, Schlamm u.s.w.); ob auch zeitweise und wie lange Blattfall, Gras, Holz und ähnliches Treibzeug in das Wasser gelangen.

Im allgemeinen können in Kulturstaaten zutreffende Aufschlüsse ebengenannter Art meistens von der staatlichen Wasserbaubehörde erlangt werden. Wo dies nicht der Fall ist, bleibt nur eine direkte Messung der gewöhnlichen Niederwasser und Mittelwasser übrig, was manchmal mit großen Schwierigkeiten und Kosten verknüpft ist. Berechnungen aus dem Einzugsgebiet für die entsprechende Flußstelle sind von recht Zweifelhaftem Werte. Für Hochwasser sind solche in Bd. 5, S. 85 ff. gegeben; für die kleinen Sommerhochwasser kann man im deutschen Klima im mitteldurchlässigen bis durchlässigen Gelände pro Quadratkilometer annehmen, unter F das Einzugsgebiet in Quadratkilometern verstanden:


Stauanlagen

Für das Hochgebirge, insbesondere für alpine Gebiete, lassen sich überhaupt keine brauchbaren Zahlen angeben. Die Mittelwassermengen schwanken im deutschen Klima in der Regel im Hügellande und Mittelgebirge zwischen 10 und 20 Sekundenliter vom November bis zum April, zwischen 6 und 10 Sekundenliter vom April bis zum November pro Quadratkilometer Einzugsgebiet. Niederwassermengen sind aus dem Einzugsgebiet unberechenbar.

Im übrigen dienen für die Berechnungen der Geschwindigkeiten Flußquerschnitte u.s.w. die in den Art. Hydraulik und Querprofile der Flüsse und Kanäle gegebenen Formeln; für die durch Ueberfälle und Wehröffnungen abfließenden Wassermengen s. Grundablaß, Grundwehr und Ueberfallwehr. Vgl. a. Rohrleitung.

II. Der Aufstau im Oberwasser.

In Fig. 1 bezeichnet Z die Stauhöhe am Wehre (Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser) und S die (hydraulische) Stauweite, das ist jene Entfernung wehraufwärts, bis zu welcher eine Erhöhung des ursprünglichen Wasserspiegels bemerkbar ist. Die horizontale Distanz S' wird hydrostatische Stauweite genannt und die gestaute Wasserspiegellinie ABC Staukurve. Diese kann man angenähert als eine Parabel betrachten, welche in A den Scheitel mit lotrechter Achse besitzt, so daß CD als eine Tangente in C erscheint. Nach den Gesetzen der Parabel ist dann AE = AD = Z. Ist J das relative Gefälle des ursprünglichen Wasserspiegels, so folgt aus der Figur:

S = 2 S' = 2 · Z : J.

Einen andern Wert von S sowie die Gleichung der Staukurve überhaupt erhält man unter Zugrundelegung der ungleichförmigen, hier gegen das Wehr hin verzögerten Bewegung des Wassers (s. Hydraulik, Gleichung 12, Bd. 5, S. 152); nur setzt man dort der nötigen Vereinfachung wegen näherungsweise u2 – u02 = 0. Nach Rühlmann [2] wird weiter ein verglichenes rechteckiges Querprofil mit der ursprünglichen mittleren Wassertiefe a angenommen. Stellt nun i das relative Gefälle des Stauspiegels, t die gestaute Wassertiefe und z den Aufstau allein in der Entfernung s vor, so findet man, daß

i : J = a3 : t3.

1.

Schließlich ergibt sich:

s J = a [f (Z/a) – f (z/a)].

2.


In der eckigen Klammer erscheinen ganz gleiche Funktionen f eines Verhältnisses von Z oder z zu a, deren Werte in der umstehenden gekürzten Tabelle gegeben sind.

Tolkmitt [1] und [3] setzt für die analoge Entwicklung der Staukurvengleichung ein parabolisches Querprofil voraus, welches in der Mitte des Gerinnes eine ursprüngliche Wassertiefe a und eine gestaute Wassertiefe t in der zugehörigen Distanz s besitzt; die größte gestaute Tiefe am Wehre heiße T. Es ergibt sich hier:

i : J = a4 : t4,

3.


und dann die Gleichung

s J = a [φ (T/a) – φ (t/a)].

4.


Die Funktionswerte φ sind gleichfalls in der Tabelle S. 258 enthalten; dabei ist t = a + z und t : a = 1 + z : a.[257]


Stauanlagen

Mit Hilfe dieser Stautabelle, besonders wenn die diesfällige Kurve, in entsprechendem Maßstabe auf Millimeterpapier aufgetragen, die Interpolation besorgt, lassen sich alle diesbezüglichen Aufgaben leicht lösen. Den Rückstau steht man zweckmäßig dort als beendet an, wo z : a = 0,01 oder t : a = 1,01 ist; hierzu geht in den Gleichungen 2. und 4. s in die Stauweite S über. – In der Praxis genügt indessen für die meisten Fälle die einfache, aus Fig. 1 ersichtliche Konstruktion der Staukurve. Selbstverständlich geht die Staukurve dort, wo bei den am häufigsten vorkommenden Mittelwassern ständig ein Wasserüberfall über das Wehr stattzufinden hat, von dem Ueberfallspiegel Stauanlagen aus, wie in Fig. 1a angedeutet; der Rückstau wird dann größer.

Um anderweitigen Interessen gerecht zu werden, ist behördlich der höchste zulässige Aufstau und zuweilen auch der mindestens aufrecht zu erhaltende Stau, das ist der Höchststau bezw. der Mindeststau, vorgeschrieben. Zur Kennzeichnung der so bestimmten Stauspiegel dient die Eichmarke (s.d.) oder das Staumaß, auch der Eichpfahl oder Merkpfahl. Die Höhe der letzteren wird noch durch das Haimzeichen (s.d.) oder den Haimpflock (Haimstock) sichergestellt.

III. Einteilung und allgemeine Anordnung der Stauanlagen.

Nach der Höhenlage der Oberkante oder Krone des Einbaues zum Stauspiegel unterscheidet man Staudämme (Staumauern), deren Krone im allgemeinen nicht, und Wehre, deren Krone mehr oder weniger vom Wasser überströmt wird. Diese letzteren zerfallen noch in Ueberfallwehre oder vollkommene Wehre, wenn die Krone höher liegt als der Unterwasserspiegel; Grundwehre oder unvollkommene Wehre, deren Krone unter dem Unterwasserspiegel sich befindet; Grundschwellen oder Stauschwellen, wenn der Einbau sich nur wenig über die Flußsohle erhebt, so daß dessen Krone stets unter dem Niederwasserspiegel verbleibt. Vollkommene Wehre werden vielfach durch Hochwasserstände zu unvollkommenen umgewandelt.

Nach der Richtung des Wehres zum Stromstriche teilt man sie in gerade, schiefe, gekrümmte und gebrochene Wehre ein.

Solange dem Wasserüberfall über ein Wehr der Charakter des vollkommenen Ueberfalls zukommt, hat die größere Ueberfallbreite auch eine geringere Ueberfallhöhe zur Folge, woraus sich zwei Vorteile ergeben: die überströmende Wassermasse wirkt mit geringerer Energie auf die Sturzpritsche, und es sind bei verschiedenen Wässerständen die Schwankungen des Spiegels dann, wenn der Ableitungskanal nicht mehr die ganze Flußwassermenge aufnehmen kann oder sie überhaupt nie ganz aufnehmen darf, geringer. Aus dem letzteren Grunde finden lange, schräg oder gekrümmt in den Fluß eingesetzte Wehre dann, wenn die von oben kommende Wasserwelle stoßweise auftritt und dadurch in einem vom Wehr aus bedienten Ableitungskanäle zeitweise Ueberflutung erzeugen könnte, vorteilhafte Verwendung. Der Vorteil kann übrigens auch durch sogenannte Streichwehre (1. unten) erreicht werden. Anderseits verursachen alle schiefen, polygonalen oder gekrümmten Wehre größeren Bauaufwand als solche, welche den Flußlauf senkrecht gegen die Stromachse überqueren. Sobald unvollkommener Ueberfall (bei Hochwasser) stattfindet, gehen die oben besprochenen Vorteile schiefer oder gekrümmter Wehre verloren; bei Hochwasser verläuft die Welle kaum anders, als wenn ein senkrecht zur Flußrichtung stehendes Wehr vorhanden wäre. Die normale Anordnung ist die letztere (Fig. 2), wobei der Ableitungskanal am bellen senkrecht zur Flußrichtung abzweigt; sie ist bei beweglichen Wehren fast ausnahmslos in Anwendung.

Die schiefen Wehre lenken die Strömung besser zum spitzen Uferwinkel (Fig. 3) hin, um allda einen abzweigenden Kanal zu speisen; der Angriff auf das gegenüberliegende Ufer erfordert aber eine gründliche Beteiligung an dieser Stelle. Die Hochwasser verlegen bei starker Geschiebeführung das rechte Ufer, und zwar manchmal so, daß eine besondere Strömung sich[258] ausbilden kann, welche dem Ableitungskanal Wasser entzieht, das dann unbenutzt am Wehre überfällt. Man ist also dann und wann gezwungen, besondere Arbeiten vorzunehmen, um alles Wasser nach dem Ableitungskanal herüberzuziehen.

Die polygonal angelegten Wehre verursachen keine besonderen Angriffe gegen die Ufer, wenn sie nach Fig. 4 angeordnet sind. Dagegen bilden sich auch bei diesen leicht Vertiefungen im Flußbett, besonders an der Stelle oberhalb des Wehres, an welcher die Wasserströmung die Richtung ändert, wobei sich eine Welle mit rückenförmigem Scheitel bildet, und unterhalb, wo beim Ueberströmen des Wassers eine Lücke entsteht.

Die im flachen Kreisbogen angeordneten Wehre (Fig. 5) sind dann, wenn die Krümmung gegen das Unterwasser hohl ist, vorteilhaft, weil sie eine gleichmäßige Wirkung des überstürzenden Wassers auf die Flußsohle begünstigen, die Uferangriffe verhindern und dabei eine Verlängerung der Wehrkrone ermöglichen. Sie werden jedoch nur dann verwendet, wenn die Ufer aus Felswänden bestehen, also die Widerlager des Bogens nicht zu teuer werden.

Außer diesen Anordnungen gibt es noch sogenannte Streichwehre (Fig. 6), bei welchen der Ueberfall seitlich einer Kanalwand in das Unterwasser geht und die im wesentlichen die Bestimmung haben, die Spiegellage im Ableitungskanäle innerhalb kleiner Schwankungen zu halten oder einen Kiesfang (s.d.) zu bedienen. Sie verhindern bei plötzlichem Anschwellen des Wassers eine unwillkommene Anschwellung im Ableitungskanäle und sind an einem Vorbecken angebracht, aus welchem Kiesablagerungen sich dann leicht entfernen lassen.

Nach der Bauart gibt es: Staudämme aus Erde, aus Mauerwerk; seltener auch aus Stein und Holz, dann aus Eisen und Eisenbeton. Sie sind je nach ihrer Verwendung Abschlußwerke für Mühlweiher, Teiche oder Talsperren, Klausen (Triftklausen); feste Wehre, die man je nach dem Baumaterial noch einteilt in hölzerne, halbmassive (zum Teil aus Holz und Stein) und massive (ganz aus Stein oder Beton); bewegliche Wehre, die sich im Bedarfsfälle zum Teil oder ganz beseitigen lassen, so daß hierdurch der Stau vermindert oder aufgehoben wird, um namentlich dem Hochwasser einen unschädlichen freien Ablauf zu gewähren. Die verschiedenen Arten der beweglichen Wehre sind: Schleusenwehre (s.d.), Dammbalkenwehre, Walzenwehre, Nadelwehre, Klappenwehre, Trommelwehre, Torwehre. Hinsichtlich des Oeffnens und Schließens müssen die beweglichen Wehre entweder von Hand bedient werden, oder sie sind einfach selbsttätig (automatisch), wenn sie sich bei Ueberschreiten eines gewissen Wasserstandes von selbst öffnen, oder doppelt selbsttätig, wenn sie sich dann bei Herabsinken des Wasserspiegels unter ein gewisses Maß auch von selbst schließen. Kombinierte Wehre sind zum Teil fest, zum Teil beweglich; dabei erscheint vielfach das feste Wehr als ein über die ganze Flußbreite ausgeführter Unterbau für den beweglichen Wehraufsatz; vielfach ist hingegen kein oder nur ein kurzer derartiger Aufsatz vorhanden, dafür aber neben dem seiten Wehrteile noch ein nahezu oder ganz auf die Flußsohle reichendes bewegliches Wehr (Grundschleuse) ausgeführt (s. Grundablaß).

Abgesehen von den Staudämmen (s. unter IV) ist die Stellung des Wehres im Flusse in der Regel entweder so, daß längere Obergräben und Untergräben angeordnet (s. Werkkanäle) oder daß Gefällsstufen im Flusse selbst gebildet werden.

Im ersten Falle besteht der Vorteil, daß man mit einem Wehre von relativ geringer Höhe auskommt, das Geländevernässung, Hochwassergefahren und alle sonstigen Uebelstände, die eine große Stauhöhe im Gefolge hat, vermeiden läßt. Dagegen entstehen infolge der meist sehr langen Obergräben und Untergräben sowohl aus dem Geländeerwerb als auch aus der Grabenherstellung selbst vielfach recht große Kosten. Bei geschiebeführenden Flüssen sollte – wenn irgend möglich – die Anordnung stets so erfolgen, daß der Untergraben an der hohlen Seite des Flußlaufes (Fig. 7) ausmündet, weil nur auf diese Weise die höchst lästigen und gefällraubenden Vertiefungen am Auslauf vermieden werden können.

Wird der Stau im Flusse konzentriert, so ergeben sich zwar größere Baukosten für das Wehr selbst und Wegen der größeren Absturzhöhe auch größere Gefahren bei starken Mittelwässern und Hochwässern; die Lösung wird aber in vielen Fällen – ganz besonders bei teurem Gelände- die wirtschaftlich vorteilhaftere sein und hat den weiteren Vorzug, daß sich vor dem Wehre in der sogenannten Wehrwage eine Art Stauweiher bilden läßt, der für den Betrieb eines Kraftwerkes infolge von Wasserklärung und als Vorratsbecken wertvoll ist. Auch hier sollte bei geschiebeführenden Flüssen – wenn irgend möglich – die Wehrstelle entsprechend Fig. 8 gewählt werden. Jedenfalls ist zu vermeiden, daß die Schutzmauer für den Untergraben (Fig. 9) schräg gegen den Flußlauf gerichtet wird, da sie dann – abgesehen von der am Grabenauslauf entstehenden Verkiesung – als Abweisbuhne wirkt und Angriffe auf das bei m gelegene Ufer veranlaßt.

Mehr läßt sich allgemein nicht sagen. Man hat sich in der Praxis stets mit besonderen Verhältnissen abzufinden, die dort am schwierigsten liegen, wo ein Kondominat hinsichtlich der Wasserausnutzung besteht. Eine größere Anzahl von Beispielen aller Art bringt [4].

IV. Staudämme (Talsperren).

Durch den zweckmäßig an der engsten Stelle erfolgenden Abschluß eines Tales, also durch Aufhaltung des aus dem für diese Stelle berechneten Einzugsgebiete abfließenden Wassers in einem Becken (Staubecken, Sammelteich), das eine möglichst vollkommene Ausgleichung zwischen Zufluß und Abfluß zustande bringt, findet unter allen Umständen die beste Ausnutzung[259] des verfügbaren Wassers statt (s. Sammelteiche). In der Regel werden die Zugänge zum Becken aus den Niederschlägen nach (möglichst umfassend und sorgfältig anzustellenden) Beobachtungen [5] berechnet, welche die für die einzelnen Monate des Jahres verfügbaren Anteile des ganzen Jahreszuflusses in Prozenten angeben. Nachstehende, einer verhältnismäßig ungünstigen Verteilung dieser Zugänge (der Sicherheit wegen ist stets diese zu berücksichtigen) und dem Verbrauche (Abgang) bei einer städtischen Wasserversorgung entsprechende Tabelle gibt ein Beispiel.

Größe des Einzugsgebietes = 20 Quadratkilometer; Niederschlagshöhe im Jahrgange = 0,9 m; Zugang im ganzen Jahre = 30% dieser Niederschlagshöhe = 0,3 · 0,9 · 20000000 = 5400000 cbm; Vorrat am Anfange der Betriebsperiode = 2000000 cbm; Fassungsvermögen des Staubeckens = 4000000 cbm; Abgang (Wasserverbrauch einschließlich aller Wasserverluste, Kompensation u.s.w.) = 6000000 cbm.


Stauanlagen

Man ersieht leicht, daß, sofern Anfang Januar das Becken voll gewesen wäre, ein bedeutender Ueberlauf hätte stattfinden müssen; wäre es leer gewesen, so wäre die Entnahme von 6000000 cbm unmöglich geworden, ebenso dann, wenn der Anfangsinhalt nur 1000000 cbm betragen hätte u.s.w. Wie man sich andern Verhältnissen – z.B. den Abgängen bei Werkkanälen, Wässerungsbetrieben u.s.w. – anzupassen hat, dürfte nach dem vorgeführten Beispiel leicht herauszufinden sein; die in der Tabelle ermittelten Verhältnisse graphisch darzustellen ist vielfach üblich, unsers Erachtens aber nicht klarer. – Im allgemeinen wechseln die Jahreszugänge zu den Sammelbecken zwischen einem Drittel und zwei Dritteln der im Einzugsgebiet ermittelten Niederschlagsmengen; es sind uns indessen Fälle bekannt, in welchen sie bis auf 20% zurückgehen, und es wird anderseits behauptet, daß sie auf 75% und weiter anwachsen. Das Klima, die Bodenbeschaffenheit und die über dem Boden stehenden Kulturen sowie die Ortslage haben hierauf großen Einfluß.

Die meisten der ausgeführten Staudämme sind aus Erdanschüttungen und Mauerwerk hergestellt, die im folgenden ausführlicher behandelt werden (vgl. a. [4]–[28]). Gemauerte Talsperren [5] bis zu 50 m Wasserhöhe sind dort zweckmäßig, wo tragfähiger und wenig zerklüfteter felsiger Baugrund leicht zu erreichen ist; im andern Falle, bei wenig durchlässigem Erdboden, baut man Erddämme, bei welchen man sich jedoch innerhalb der Grenzen von 10–15 m Wasserhöhe zu halten hat, jedenfalls 20 m Wasserhöhe als äußerst zulässiges Maß festhalten sollte. Reine Eisenkonstruktionen sind bis jetzt nur wenig zur Anwendung gekommen (Beispiel in [29]), obschon sich hier gute Abdichtung und Standsicherheit erreichen lassen; ausgeführte Talsperren in Eisenbetonkonstruktion sind uns keine bekannt, wohl aber verschiedene diesbezügliche Projekte [33]. – Um die Krone der Sperren bei Sturm vor Ueberflutung zu schützen, legt man sie [7] an gemauerten Dämmen um 0,1 · T, bei Erddämmen um 0,1 · T + 1 ~ 2 m über den höchsten Stauspiegel, unter T die größte Wassertiefe im Stauweiher in Metern verstanden; doch geht man bei Mauern nicht über das Maß von 3,5 m, bei Erddämmen nicht über das von 4,0 m hinaus. Die Kosten für die Herstellung von Staudämmen sind meist sehr groß. Die Herstellung und Unterhaltung muß eine sehr sorgfältige sein, da beim Bruch dieser Bauten unsägliches Unglück entstehen kann ([5], S. 87 ff.). – Dient das Wasser zu Zwecken der Wasserversorgung [18], so ist ganz besonders auf ein einwandfreies Einzugsgebiet zu achten [6].

Herstellung der Talsperren aus Erde. Vom Boden ist das oberflächliche, durchlässige Material abzuheben, und alle pflanzlichen Stoffe, die später infolge Verwesung Hohlräume übrig lassen würden, sind sorgfältig von der Unterlage sowie auch vom Dammaterial zu entfernen. Wo nicht die ganze Dammbasis auf eine wasserdichte gewachsene. Bodenschicht aufgesetzt werden kann wegen zu tiefer Lage der letzteren, muß mindestens bis auf diese ein wasserdichter stehender Kern a (Fig. 10) [8] herabgeführt werden. Analog ist ein wasserdichter Anschluß an den Seiten des Dammes, wo dieser in die Berghänge eingebunden ist, zu bewirken. Die eine einzige Fläche bildende oder seltener stufenförmig gebrochene Dammbasis soll talaufwärts etwas abfallend geneigt sein, um so eine vermehrte Sicherheit gegen das Abgleiten zu erzielen, wenngleich sonst noch, wie nötig, durch das Auffurchen und Lockern des Grundes eine innige Verbindung zwischen aufgeschüttetem und gewachsenem Material bewirkt; wird.[260] Das Querprofil einer Erdtalsperre ist durch die Kronenbreite, welche 2–10 m beträgt, und die Böschungen – wasserseits gewöhnlich 2- bis 3fach, talseits 11/2- bis 2fach – bestimmt. Bei diesen Abmessungen ist auch die Stabilität des Dammes vollkommen gesichert [2], S. 36. Das zur Dammbildung benutzte Erdreich soll möglichst wasserdicht und gleichartig sein; das beste ist eine Mischung von etwa 2 Teilen Sand mit 1 Teil Ton. Beim Staudamm von Mittersheim setzte man auf je 1 cbm Erde noch 12 l hydraulischen Kalk zu. Das Dammaterial muß in feuchtem Zustande in geringen, etwa 15 cm starken, bachauf gegen die Horizontale etwas abfallenden Schichten aufgetragen und jedesmal gut komprimiert werden; dies geschieht vorteilhaft mit schweren, stacheligen Walzen [9]–[11]. Vor dem Neuaufführen jeder Schicht soll die Oberfläche der unteren rauh und mit Wasser bespritzt sein. – Die wasserseitige Böschung wird zur Sicherung gegen Abschwemmung durch ein Felsenpflaster in hydraulischem Mörtel geschützt; die talseitige Böschung durch Berasung. – Weil steilere Böschungen durch den Wellenschlag weniger leiden, so hat man bei mehreren französischen Erddämmen deren Außenböschung stufenförmig aus Beton und Pflasterwerk hergestellt [9]. Um vollständige Wasserundurchlässigkeit des Dammes zu erreichen, wird nach englischem System in demselben ein Tonkern (Puddle wall) a (Fig. 10) aus bestem, maschinell durchgearbeitetem Material hergestellt; derselbe erhält je nach der Höhe 1,7–4 m obere Stärke, 1 : 12 bis 1 : 24 Anzug und wird von der undurchlässigen Schicht aus der Tiefe in dem Grundschlitze herausgeführt. Nach französischem System gibt man statt des erwähnten Kernes eine besonders wasserdichte, starke Schicht, welche gleichfalls auf dem undurchlässigen Material oder Felsen in der Bodentiefe beginnt, als Dammbrust an der wasserseitigen Böschung (Fig. 1113); hierdurch wird das Eindringen des Wassers in den Damm möglichst hintangehalten. Nur ist hier ein Tonkörper wegen eher zu befürchtender Austrocknung in der unmittelbaren Nähe der Außenfläche zu vermeiden; Beton, in mehreren Schichten übereinander ausgeführt, ist für die wasserdichte Dammbrust zweckmäßiger. In Fig. 13 erscheint auf dem Erddamme zuerst eine Steinpflasterung a, darauf nach außen hin der Reihe nach: eine dünne Betonlage, eine Steinsickerschicht b, die starke Betonlage c, abgedeckt durch eine Asphaltschicht, dann eine Steinpackung und das Außenpflaster d; das Sickerwasser aus b wird schließlich durch den Entwässerungskanal e abgeleitet [12]; m ist der Grundablaß und das Entnahmerohr, f das Flutgerinne. In neuerer Zeit hat man mehrfach den Kern entweder ganz oder nur im Grundschlitze aus Beton hergestellt [13]. – Nach amerikanischem System wird der Erddamm im ganzen Profil aus gleichmäßigem, wasserdichtem Material ausgeführt, am besten aus Schotter und Lehm, beides in dünnen Schichten aufgetragen, gewässert und gestampft oder mit Walzen komprimiert, wodurch man eine Art Lehmbeton erhält [14]. Vielfach wurden in Amerika aber auch Talsperren aus bloßer Steinschüttung und -packung mit sorgfältig geschichtetem Trockenmauerwerk an den Böschungsseiten, dann aus Holzwerk mit Steineinfüllung, als Cribwerk, nach Art der Steinkästen, ferner auch nach beiden Bauweisen zusammengesetzt hergestellt [15]. In diesen Fällen wurde die Wasserundurchlässigkeit durch einen auf der einfüßigen, wasserseitigen Böschung ausgeführten starken Bohlenbelag bewirkt; diesen nagelte man auf in der Böschungsfallinie gelegte und in das Massiv hinein verankerte Balken fest. Die gut ausgetrockneten Bohlen sind an den Kanten gehobelt worden und schließen nach dem Anquellen wasserdicht zusammen. – Hervorragend ist die neuartig konstruierte Talsperre, von 45 m größter Höhe, des Lower Okay-Reservoirs zu Okay in Kalifornien (Fig. 14). Inmitten des aus loser Steinschüttung mit 11/2 füßigen Böschungen gebildeten Dammes befindet sich für die wasserdichte Absperrung ein »Stahlherz«, das ist eine Wand (Diaphragma) aus 6–9 mm starken Stahlplatten. Diese sind je ca. 2 m breit, 6 m lang[261] und wie für einen Dampfkessel zusammengenietet; die Blechränder wurden wasserseits noch etwas aufgebogen und kalfatert. Die Stahlwand a ist auf das wasserdichte Fundamentmauerwerk b gesetzt, welches vom festen Untergrundfelsen, in der Tallinie 6,1 m hoch, herausgeführt ist. Alle Eisenflächen sind sorgfältig mit Asphaltteer angestrichen. In den Felsen der seitlichen Berghänge sind etwa 1,2 m tiefe und breite Schlitze c ausgesprengt, in welche die Stahlwand eingreift. Die letztere ist ringsherum mit Zementmörtelmauerwerk d dicht angemauert und in der übrigen Fläche jederseits zum Schütze mit einer 30 cm starken Zementmörtelschicht e (bezw. Sandbeton) belegt [16].

Gemauerte Talsperren sollen nur auf gefunden Felsboden aufgesetzt werden. Im Grundrisse empfiehlt sich stets die Bogenform mit nicht zu großem Krümmungsradius, so daß die Mauer wie ein stehendes Gewölbe dem meist horizontalen Wasserdrucke widersteht und sich auf die seitlichen felsigen Berghänge wie auf Widerlager aufstemmt. Hierdurch wird die Festigkeit und Sicherheit der Talsperre ungemein erhöht; sämtliche der gebrochenen großen Staumauern waren im Grundrisse geradlinig, ohne Bogenwirkung, hergestellt. – Die Mauerung muß mit wetterfesten und feucht gehaltenen Steinen, satt in guten hydraulischen Mörtel gebettet, erfolgen. Die größeren Zwischenräume sind sorgfältig auszuschiefern. – Das Querprofil einer gemauerten Talsperre wird in der Regel so berechnet, daß die ungünstigste Resultierende aus sämtlichen Kräften im Grenzfalle (bei vollkommener Wasserfüllung) durch den talabwärts gelegenen Drittelpunkt der Basis oder der gedachten Lagerfuge hindurchgehe, damit so auf der wasserseitigen Kante A bezw. Wand (Fig. 15 und 16) niemals Zugspannung auftrete. Wirkt auf eine Mauer von rechteckigem Querschnitt der Wasserdruck auf der ganzen Höhe h (Fig. 15), so wird W = 0,5 · h2 γ, G = b h γ1, wo γ und γ1 die spezifischen Gewichte des Wassers bezw. Mauerwerks bedeuten. Geht R durch den Drittelpunkt N, so folgt aus dem Kräftedreieck: W : G = b 2 h. Hieraus erhält man


Stauanlagen

Das rechteckige Querprofil für sich wird aber nur bei diesbezüglichen niedrigen Mauern sowie für den Kronenaufsatz hoher Talsperren in Betracht kommen. Das theoretisch rationellste und bei gleicher Festigkeit den geringsten Materialaufwand verursachende Querprofil ist das dreieckige ABC (Fig. 16), die Spitze C gleichhoch mit dem höchsten Wasserspiegel angenommen. Es wird wie oben W = 0,5 · h2 γ, dann G = 0,5 · b h γ1, R gehe durch N als Stützpunkt, wobei A N = μ b sei. Aus dem Kräftedreieck O M N erhält man: W : G = b (3 μ – 1) : h. Schließlich ergibt sich hieraus: b = v h, wo


Stauanlagen

Sämtliche N der verschieden ideellen horizontalen Lagerfugen ergeben bei gefülltem Reservoir die Gerade CN als Stützlinie. Analog ist die durch den wasserseitigen Drittelpunkt gehende Gerade CN die Stützlinie bei leerem Reservoir. Die größte Pressung σ in B ist, wenn μ Stauanlagen 2/3, σ = 2 G (3 μ – 1) : b = h γ1 (3 μ – 1), und in A (fürs leere Reservoir): σ' = 2 G : b = h γ1. Die Abweichung der Resultanten R von der Lotrechten, und zwar der ∢ ρ, findet sich aus der Fig. 16 zu: tg ρ = v (3 μ – 1). – In der Regel wird die Dammkrone einer Staumauer zur Fahrbahn ausgebildet, so daß praktisch das Mauerprofil etwa, der Fig. 17 entsprechend auszuführen ist. Die größte Pressung kann bei gutem Material und solider Ausführung bis auf 12 kg pro Quadratzentimeter steigen. Die Berechnung solch zusammengesetzter Querschnittsformen s. [17], [18], die graphische Bestimmung derselben s. unter Staumauern. Der große Vorteil, den die Gewölbeform bietet, führte zum Vorschlage, dort, wo es bei übermäßiger Talbreite nicht möglich ist, eine gewöhnliche Talsperrmauer mit genügender Krümmungauszuführen, statt derselben eine Reihe von stehenden Gewölben, ähnlich einem auf dem Boden umgelegten Viadukte, herzustellen; hierbei würden die Widerlager, entsprechend den Pfeilern, strebenartig in den[262] Talgrund abwärts verlaufen [19] und [20]. Diese Auflösung in gegliederte Konstruktionen dürfte in Zukunft gegenüber dem plumpen Massivbau immer mehr Boden gewinnen. Fig. 18 stellt nach [21] die in Ogden errichtete Talsperre von 120 m Länge dar, die in ihrem mittleren Teil in 7 Oeffnungen von 9,75 m Lichtweite zwischen 5 m dicken Betonpfeilern von der Gestalt eines abgestumpften Dreiecks aufgelöst sind. Sie werden durch halbkreisförmige Betongewölbe verbunden, deren Stärke von unten nach oben abnimmt (unten 2,4 m, oben 1,8 m). Die Dichtung gegen die Wasserseite erfolgt durch einen 6,5 mm Harken Stahlplattenbelag, der durch Bolzen mit dem Beton verankert wurde; merkwürdigerweise ist das Blech auf der Wasserseite nicht besonders abgedeckt. Leichte Zugänglichkeit und der Umstand, daß entstehende Defekte sofort bemerkt und repariert werden können, daß aber auch schwerere Beschädigungen niemals ein Umfallen der ganzen Sperre im Gefolge haben, sind besondere Vorzüge dieser und ähnlicher Anordnungen.

Als ein Zubehör zu den Staudämmen sind die Sicherheits- und Betriebseinrichtungen anzusehen. – Das Eindringen von Wasser in den Erd- und Mauerwerksdamm ist möglichst zu verhindern, da sonst der Frost zerstörend wirkt und auch ein unerwünschter Auftrieb zur Wirkung kommen kann. Dazu ist auf der Außenerdböschung eine wasserdichte Verkleidung und Pflasterung dienlich; bei der Staumauer (z.B. bei jener von Remscheid) hat sich auf der wasserseitigen, noch unregelmäßigen und mit Schmatzen versehenen Wandfläche ein dicker Anstrich mit Asphaltteer (Goudron) oder wie in Komotau nach [31] ein Asphaltguß gut bewährt, welcher noch durch eine angeschlossene dünne Mauerschicht oder durch Vorsatzsteine aus Beton vor Beschädigungen geschützt wurde. Für die Trockenhaltung des Talsperrenkörpers ist überdies wasserseitig eine vertikale Drainage dienlich, wie sie z.B. mit Erfolg in Komotau verwendet wurde [30]; teurer ist es, wie in [22] und [23] vorgeschlagen, an die ganze wasserseitige Stauwand eine Reihe von brunnenartigen, dicht gemauerten Schächten anschließen zu lassen, welche unten einen gemeinschaftlichen stollenartigen Sammel- sowie Ableitungskanal haben. Um das im ungünstigsten Falle bei bereits gefülltem Reservoir noch eintretende Hochwasser unschädlich abzuleiten, dienen die Hochwasserüberfälle (Flutauslässe, Freiarchen). Am sichersten sind die keine Bedienung benötigenden freien Ueberfälle. Diese sind entweder an den Enden der Staudämme, wo letztere an die Gebirgslehnen eingebunden sind, möglichst im gewachsenen Felsen oder am Teichsaume, unmittelbar oberhalb der Talsperre (s. l, Fig. 10a Grundriß) angeordnet, und von ihnen führt ein kaskadenförmiges Flutgerinne f (s.a. Fig. 12) den alten Wasserlauf abwärts. Es wird empfohlen, für die größte Hochwassermenge einen Niederschlag von 150 mm pro 24 Stunden anzunehmen; dies gibt im Durchschnitte 1,74 cbm pro Quadratkilometer und Sekunde. Besser ist es aber, die Hochwasser nach den in Bd. 5, S. 86 und 87, gegebenen Regeln nach Lage des speziellen Falles zu bestimmen. Für das Ueberfallwehr vor dem Ableitungskanal sei die Ueberfallshöhe h ≤ 1,5 m. Sonach ergibt sich als notwendige Länge l des Hochwasserüberfalles:


Stauanlagen

bezw. für 2/3 μ = 0,5, h = 1,5,


Stauanlagen

In den Fig. 10 und 17 liegt der Wasserspiegel k in der Höhe der Ueberlaufkrone. Bei der ersteren (Wienflußtalsperre) ist das Einzugsgebiet F = 53 qkm und l = 58 m; bei der Chemnitztalsperre (Fig. 17) F = 2,7 qkm, l = 25 m.

Wasserentnahme und Grundablaß. In den meisten Fällen ist für die nutzbare Ableitung des Wassers aus dem Sammelteiche sowie für die Entleerung desselben mittels des Grundablasses nur ein einziger Abzugskanal oder eine Abzugsleitung (m, Fig. 11, 12) an der tiefsten Stelle des Teiches oder der Talsperre angeordnet. Am sichersten ist es, bei Ausführungen in Erde den Staudamm gar nicht durch diesbezügliche Oeffnungen zu unterbrechen, sondern den Ausfluß durch einen Stollen (n, Fig. 10a) zu leiten, welcher seitlich im Gebirge, vom Dammfuße gehörig entfernt, erbaut wird; dabei sind im Stollen gewöhnlich eiserne, von einem Schachte s aus absperrbare Rohrleitungen gelegt, welche am Anfange, so wie bei p, Fig. 17, dicht eingemauert und abgedämmt sind. Nur bei Staumauern sind solche Kanäle durch das Mauerwerk hindurch unbedenklich.

Hierbei ist vielfach, wie bei den französischen und spanischen Talsperren, teichseitig ein Brunnenturm t (Fig. 17) erbaut, von welchem der Abflußkanal p m beginnt und dessen erste Verschlußvorrichtung von oben bedient werden kann. Nach französischer Methode hat derselbe Brunnen t in verschiedenen Höhen selbständig absperrbare Oeffnungen a, v für den Austritt des Wassers aus dem Teiche, und es wird in der Regel nur die nächst unter dem Wasserspiegel befindliche Ausflußöffnung benutzt. Der Grundablaß w dient auch zum Wegschwemmen des im Reservoir abgelagerten Schlammes mittels starker Spülung. – Behufs Austrocknung des Mauerkörpers sowie zur teilweisen Berichtigung desselben ist z.B. bei der Staumauer für die Wasserversorgung von Liverpool in deren Mitte, etwa in der Höhe der Reservoirsohle, ein Stollen der Länge nach ausgespart, der durch einen Querstollen von der Talseite aus zugänglich ist [24]. Zum Zwecke der möglichsten Reinhaltung des Teiches ist manchmal am oberen Anfange desselben, wo der natürliche Wasserlauf einmündet, ein durchlässiger Steindamm (als Grobfilter bestimmt) angeordnet, der nach aufwärts ein Schlammbassin oder Klärbassin bildet; in diesem sollen die schwersten Sinkstoffe zur Ablagerung kommen. Ferner ist in einigen Fällen neben dem höchsten Teichsaume ein Umlaufgerinne ausgeführt, bestimmt, ein zu trübes oder überschüssiges Hochwasser vom Oberlaufe mit Umgehung des Reservoirs direkt abzuleiten; dann ist an der sonstigen Einmündungsstelle des Baches in den Sammelteich eine Absperrschleuse anzubringen.

Bei verschiedenen Wasserabgaben nach Maß oder nach Verhältnis kommen noch Meß- und Teilungseinrichtungen bei den Talsperren vor. Wichtig ist eine telegraphische Verbindung vom Staudamme zu den unterhalb befindlichen Ortschaften, um im Falle einer Gefahr rasch Warnungen ergehen zu lassen [25]–[28].[263]

V. Feste und bewegliche Wehre, Kombinationen.

A. Feste Wehre.

Bleibt der in Flüssen die Stauwand bildende Wehrkörper stets und unverändert an gleicher Stelle und reicht derselbe von einem Ufer zum andern, so bildet er ein festes Wehr. Im allgemeinen sind solche Anlagen als Ueberfallwehre seiten, als Grundwehre dagegen häufig. Der feste Wehrkörper eines Ueberfallwehres ist meistens durch einen Grundablaß (s.d.) unterbrochen, der beweglich sein muß, um nach Oeffnung desselben den vor dem Wehre abgelagerten Schlamm, Sand, Kies u.s.w. fortschaffen (vgl. a. Kiesfang), nach Gutfinden bei Hochwasser die Ueberfallhöhe verringern und eventuell Reparaturen am Wehr, Anbringen von Wehraufsätzen u.s.w. vornehmen zu können. Auf diese Weise entsteht eine Kombination des seiten und eines beweglichen Wehres in einem zusammenhängenden Wehrkörper, für den in der Praxis die Bezeichnung festes Wehr noch beibehalten wird, wenn die überwiegend größere Länge des Wehrkörpers fest bleibt. Grundwehre werden in größeren Flüssen für Zwecke der Wasserableitung gewöhnlich nur dann hergestellt, wenn die Flußwassermenge stets erheblich größer ist als die abgeleitete Betriebswassermenge oder wenn die Wasserentnahme – wie bei Spiegelschleusen – an der Flußsohle erfolgt. Ueberfallwehre, deren Ueberfallwoge frei auf die Sturzpritsche niederfällt, sollten in einer Stufe nicht erheblich höher als 3–4 m angelegt werden, besonders dann nicht, wenn der Fluß bei Hochwasser größere Steine mitführt. Im übrigen ist der direkte Absturz, bei dem die Energie der Wasserwoge zum größten Teil auf der Sturzpritsche oder in einem Wasserkissen vernichtet wird, stets der Anordnung schräger oder gekrümmter Wehrböden, auf welchen sich die Energie der Wasserwelle zum Schaden der unter dem Wehre gelegenen Flußstrecke erhöht, vorzuziehen.

Die meist übliche Grundrißform eines in einem Flußtale befindlichen festen Wehres mit Grundablaß nebst dem vertikalen Schnitt in der Strömungsrichtung des Wassers ist in Fig. 19 dargestellt, in der auch die üblichen Bezeichnungen eingeschrieben sind (vgl. a. Schleusenwehr, Fig. 1). Jedes Wehr muß – einerlei ob fest oder beweglich – seiner Bestimmung entsprechend möglichst wasserdicht sein. Auf der Seite der Abfallpritsche soll nie ein die Stauwand nützender oder tragender Konstruktionsteil von der abkürzenden Woge getroffen werden, weil die letztere zerstörend auf eine solche Stütze wirken würde.

Bei jedem Wehre veranlassen in geschiebeführenden Flüssen die Hochwasser unterhalb der Sturzpritsche im Flußbette mehr oder weniger große Geschiebeablagerungen. Bei direktem Absturz der Woge auf die Sturzpritsche oder in ein Wasserkissen sind diese Ablagerungen am geringsten – richtige Anordnung vorausgesetzt. Am größten werden sie, wenn die Woge auf schrägen oder gekrümmten Abschußböden der unterhalb gelegenen Flußstrecke zugeführt wird, weil hierbei die Wasserwelle am Uebergang von der großen Absturzgeschwindigkeit in die geringere Ablaufgeschwindigkeit des Unterwassers zu einem Rücken anschwellen muß, unter dem die Geschiebe liegen bleiben. Die Ursache der unvermeidlichen Geschiebeablagerungen liegt aber im allgemeinen überall darin, daß bei der Bewegung des Wassers zwischen den Streichwänden und über die befestigte Sturzpritsche stets eine geringere Reibung entsteht als in der anschließenden rauhen Flußsohle.

Nachdem der Grundriß der Wehre im wesentlichen stets ähnlich der in Fig. 19 wiedergegebenen Anordnung sich gestaltet, werden im folgenden in der Hauptsache nur die Schnitte in der Längsachse des Flusses zur Verdeutlichung von Spezialkonstruktionen gegeben.

Grundwehre (Stauschwellen, Grundschwellen), deren Krone nie über den Flußwasserspiegel hinausragt und die eine geringe Höhe über Flußsohle haben (Maximum 1 m), können ohne Nachteil für deren Dauer aus Holz erstellt werden.

Bei geringen Tiefen und fester Sohle genügt das Aneinanderreihen von drei oder vier Senkwürsten (Fig. 20) mit einer Nachschüttung von großen Steinen oder ein aus letzteren hergestellter Steinwurf allein (Fig. 21). In Flüssen mit starkem Gefälle und bedeutendem Hochwasser sind derartige Wehre häufig und auch zweckmäßig, weil keine großen Bauwerte der Vernichtung ausgesetzt bezw. die Wehre gewöhnlich billig wiederherzustellen sind. Ist die Flußsohle beweglich, so müssen, sofern man Senkwürste oder Steine als Stauvorlage benutzen will, Haltepfähle oder Spuntwände (s.d.) geschlagen werden, um das Unterspülen und Fortreißen des Wehres zu verhindern. Man verwendet dann entweder Pfahlreihen (Mann an Mann) mit vor- und hinterlegten Senkwürsten (Fig. 22) oder Spuntwände mit Steinwürfen (Fig. 23). Häufig[264] werden auch solide Holzkonstruktionen nach Fig. 24 eingebaut, die allerdings mehr kosten, aber nur geringfügige Reparaturen erfordern. Zu den Grundwehren zählen auch die im Hochgebirge vielverbreiteten sogenannten Spiegelschleusen (Fig. 25). Sie eignen sich besonders dort, wo reichlich Gefälle vorhanden, die Flußsohle felsig und das Flußwasser nur geschiebeführend, also nicht schlammig ist. Die kleinen und mittleren Wassermengen werden ganz abgefangen; größere Mittel- und Hochwasser gehen über solche Wehre, ohne Schaden anzurichten, weg. Die Verschüttungen der Spiegel mit grobem Kies sind in der Regel der Wassergewinnung nicht hinderlich, können aber erforderlichenfalls leicht beseitigt werden. Der Ableitungskanal muß begehbar oder mindestens schlupfbar sein.

Ueberfallwehre. Hier richtet sich die Ausbildung der eigentlichen Stauwand in erster Linie nach der Höhe derselben, sodann nach der Beschaffenheit der Flußsohle, den verfügbaren Geldmitteln und der zulässigen Bauzeit. Mit Eisenbetonkonstruktionen wird heutzutage unter sonst gleichen Umständen der Wehrbau am schnellsten fertig. Dauerhafte Bauwerke aus Mauersteinen erfordern eine relativ lange Bauzeit; Beton gestattet eine raschere Ausführung. Holzbauten sind unter Umständen die billigsten, lassen sich ebenfalls rasch herstellen und werden deshalb, trotz ihrer Vergänglichkeit, immer noch sehr viel zu Wehrbauten benutzt. Mit Rücksicht auf den Absturz bezw. raschen Abfluß des Wassers von der Wehrkrone ins Unterwasser gibt es verschiedene Konstruktionen:

a) Senkrechte Wehre mit plötzlichem Abfall.

b) Wehre mit geneigtem Abfall- oder Abschußböden (a, Fig. 26).

c) Stufen- oder Pritschenwehre (Fig. 28); dabei werden in der Regel nur größere Stufenhöhen (2–4 m) gewählt, wozu aber auch entsprechend lange Sturzpritschen nötig sind.

d) Wehre mit gekrümmtem Abfallboden (a, Fig. 27), besonders bei massiven Stein- und Betonwehren oder bei hohlen Eisenbetonwehren (vgl. [33], worin eine Anzahl solcher Wehre beschrieben und abgebildet) häufiger vorkommend.

Die Versicherung der Stelle (b, Fig. 2628), an der das überstürzende Wasser auf die Sohle niederfällt, heißt Nachbettung; dazu dient entweder die weiter fortgesetzte Mauerung oder Betonage des dann meist gekrümmten Abfallbodens allenfalls mit nachfolgender Gegensteigung oder eine starke Pflasterung oder ein Steinwurf. In den beiden letzteren Fällen werden im kiesigen Flußbett häufig auch einige Reihen Pfähle eingerammt, um so den Steinen Stützpunkte gegen das Wegschwemmen zu bieten. Das Wehrfundament muß auf nichtfelsiger Sohle zum Schütze gegen Unterwaschung von Spundwänden (s, Fig. 26) eingefaßt sein. Diese Figuren stellen der Reihe nach ein hölzernes, hohles und massives Wehr dar. Beim hölzernen (Fig. 26) erscheint noch eine dritte Spundwand s', deren eine Zange das höchstliegende Kappholz, der Fachbaum f ist; die Oberkante des letzteren wird von der sonstigen Bedielung c nicht überdeckt. Feste Ueberfallwehre aus Holz halten immerhin 10 bis 15 Jahre; zweckmäßig und einfach sind Anlagen aus Holz und Eisen, entsprechend Fig. 29, die sowohl im festen wie im Kiesboden angeordnet werden können. Die Rückwärtsverankerung der aus Doppel-T-Eisen bestehenden Nadeln an einen Bodenpfahl gibt der Stauwand einen guten Halt; die Konstruktion ist verhältnismäßig billig und dauerhaft. Darstellungen von Anlagen aus Holz und Stein, die bei uns in neuerer Zeit wenig mehr (nur bei Provisorien) zur Anwendung gelangen, findet man in [1] und [32] sehr reichlich. In [32], S. 84 ff., sind auch die amerikanischen Steinkistenwehre beschrieben und abgebildet. Von Eisenbeton umhüllte Steinpackungen erwähnt [33], S. 275; sie sind durchaus zu empfehlen und billig, wo reichlich Steine vorhanden sind.[265]

Von größter Wichtigkeit sind bei allen Wehren solide und genügend lange Sturzpritschen, besonders bei jenen mit relativ großer Ueberfallhöhe. Da sich auch bei der solidesten Konstruktion ein Angriff des Wassers nicht vermeiden läßt, erfolgt vielfach auf die aus Beton oder Steinpflasterung bestehende Pritsche ein Schutzbelag aus Holz (gegen Auftrieb stets zu verankern bezw. aufzunageln), Eisenschienen u. dergl. Sehr gut bewährt hat sich bei großen Absturzhöhen die Teilung der Stufe in zwei Ueberfälle durch Anbringung eines Wässerkissens (Fig. 30), in dem sich die Sturzwelle austoben kann. Je tiefer das Kissen, um so besser die Wirkung

B. Bewegliche Wehre.

Die beweglichen Wehre ermöglichen ein Herausnehmen oder Umlegen der Stauwand zum Zwecke des freien Durchlasses von Wasser, wodurch bei Hochwassern ein schädlicher Aufstau, der bei festen Wehren nicht zu vermeiden ist und häufig nachteilige Wirkungen hat, in Wegfall kommt. Das einfachste der beweglichen Wehre ist das

Dammbalkenwehr. Bei der primitivsten Anordnung ist dasselbe dem Schützenwehre ähnlich, indem nur statt der Falle die Damm-, Einlage- oder Versatzbalken angewendet sind die in Dammnuten oder an Dammfalzen (a, Fig. 31) geführt bezw. gestützt werden. Damit können leicht Oeffnungen bis 7, selbst bis 11 m abgesperrt werden. Zum Einhängen der Aufzugketten oder -stangen dienen die zentrisch angebrachten umlegbaren Ringe r. Bequemer und rascher zu öffnen sind solche Dammbalkenwehre, die sich auf einer Seite an eine Wendesäule w oder an einen Klapppfosten stützen; wird die Arretierung der letzteren gelöst, hier der Stützkeil b herausgeschlagen, so dreht sich die Säule um bezw. legt sich der Pfosten nieder, die. Versatzbalken verlieren so daran ihren Halt und schwimmen auf; damit sie nicht fortgeschwemmt werden, sind sie an Ketten c aufgehängt [1]. Hierher gehören auch die in der Enz vielfach verwendeten Rheinhardschen Wehre mit einlegbaren Stützpfosten; man vgl. [34].

Die sehr wichtigen Schützenwehre sind in dem Art. Schleusenwehre ausführlich behandelt.

Die neuerdings in Aufnahme gekommenen Walzenwehre (D.R.P. Nr. 135813/14) sind im Prinzip den Schützenwehren insofern ähnlich, als auch hier der Staukörper (die Walze) ganz aus dem Wasser entfernt werden kann. Es geschieht dies durch Aufwinden der Walze vom Ufer aus, wobei sich der Aufzugmechanismus nur an einem Ende der Walze befindet, während das freie Ende sofort beim Anheben der Bewegung mitgeht. Die diesbezüglichen Einrichtungen sind aus Fig. 32 und aus [35] zu ersehen. Der Aufzug kann von Hand oder durch Motor bedient werden. Das Innere des dampfkesselartig zusammengenieteten Walzenkörpers ist gegen den Wasserdruck gut abgesteift; der dem Stau entsprechende Durchmesser kann bis 3 m betragen. Gegenüber den Schützenwehren hat das Walzenwehr den Vorzug, daß alles Treibzeug unaufgehalten über die geschlossene Walze abschwimmen kann, während bei Schützenwehren die von dem Aufzugmechanismus zu den Schützentafeln herabreichenden Verbindungsteile leicht zur Anhäufung von Treibzeug Veranlassung geben. Bei steigendem Hochwasser ist überdies – im Gegensatz zu den Verhältnissen beim Schützenwehr – durch den Auftrieb die Hebung der Walze nicht erschwert, sondern erleichtert. In der Regel werden die Walzenwehre auf einem festen Ueberfallwehr aufgelagert; die Krone des letzteren muß sehr exakt bearbeitet werden, damit zwischen dieser und der hölzernen, an der Walze befestigten Abschlußschwelle[266] ein wasserdichter Verschluß entsteht. Die Aufzugsketten sind reichlich stark zu konstruieren, damit sie niemals versagen. Bei vielfachen Ausführungen der Vereinigten Maschinenfabriken Augsburg und Nürnberg A.-G. haben sich die – allerdings etwas teuern – Wehre durchaus bewährt.

Beim Nadelwehr (vgl. a. [34], Bd. 2, S. 232) wird der Stau durch die Nadeln f g (Fig. 34 bis 36), Stäbe von geringer Breite und Dicke, hervorgebracht; diese stützen sich im Unterbau an die Schwelle oder Anschlagfläche f und oben an die Nadellehne e; sie sollen möglichst dicht aneinander schließen, so daß der im übrigen unvermeidliche Wasserverlust auf das geringste Maß reduziert werde. Die erste vollkommene Konstruktion in der oberen Yonne bei Basseville vom Jahre 1834 rührt von Poirée her; in Fig. 3340 sind die diesbezüglichen Ausführungsformen an der kanalisierten Oder dargestellt [36]. Das Gerippe besteht aus den Wehrböcken a (Fig. 33, 34, 36), auch Wehrrippen, Wehrrahmen, Stützklappen genannt, die auf dem festen Unterbau bc in den Zapfen d und d' (Fig. 36, 37) drehbar gelagert sind; ihre aufrechte Stellung wird vorzüglich durch die je zwei Nachbarböcke fest verbindenden, aus Eisenröhren gefertigten Stützstangen, Barren oder Nadellehnen ee (Fig. 33, 39) bewirkt, deren erste bezw. letzte am sogenannten Blindbocke des Widerlagers oder Pfeilers aufgedornt ist. Die Bedienung des Nadelwehrs erfolgt von jenem Ufer aus, an dem sich das Schleusenwärterhaus befindet. Vom Stege aus, der durch die von einem zum nächsten Wehrbock greifenden Eisentafeln h (Fig. 36) gebildet wird, können die Nadeln leicht ausgehoben werden; mittels eines an der Stemmnase i (Fig. 38) untersetzten Wuchtbaumes rückt man sie um so viel in die Höhe, daß sie vom Anschlag f abgleiten, dann aufschwimmen und am Haken k, zum Herausnehmen bereit, hängen bleiben. Beim größten Hochwasser legt man auch die Wehrrahmen auf den Boden nieder (Fig. 33), so daß kein Abflußhindernis bestehen bleibt. Damit die letzten, dem entfernteren Widerlager oder Pfeiler zunächst befindlichen Stützklappen auch Platz zum Umlegen haben, sind daselbst Nischen l (Fig. 33, 35) ausgespart. Zum Wiederaufrichten des Wehrs werden die einzelnen Rahmen nach und nach mit Hilfe einer transportabeln Winde m (Fig. 33) an den Ketten n o (Fig. 36), deren Teile kontinuierlich zusammengehängt sind, in die Höhe gezogen; darauf erfolgt die Feststellung durch das Aufstecken der gelochten Stützstangenenden e auf die Dorne p (Fig. 37) sowie durch das Einklinken der Stegtafeln h.

Bei den Nadelwehren der kanalisierten Maas in Belgien und des kanalisierten Mains unterhalb Frankfurt ist die Kummersche Auslösevorrichtung (Fig. 41) angebracht [37], Dabei geht die Vorderfäule q des Bockes oben in einen Hohlzylinder r über; in diesem befindet sich ein Drehbolzen (eine drehbare vertikale Welle) s. Die Nadellehne e ist mittels der Hülse t auf r aufgeschoben, so daß sie in einer horizontalen Ebene sich umdrehen kann. An der Stelle, an der die vom Nachbarbocke kommende Barre an s anschlägt, haben t und r[267] entsprechende Ausschnitte, und auch von s ist allda der halbe Querschnitt weggenommen. Bei der im Horizontalschnitt u gezeichneten Stellung von s bleibt e in der Stützlage und überträgt den Druck der eingesetzten Wehrnadeln g auf s. Wird aber s mittels eines auf seinen oberen Vierkant s' aufgesetzten Schlüssels um 90° gedreht, so daß der erwähnte Ausschnitt von s dem Anschlagende von e zugekehrt wird, dann schlägt dieses infolge des Nadeldruckes nach abwärts durch; dabei werden sämtliche Nadeln desselben Wehrfeldes, d.i. ein Nadelspiel, plötzlich frei und schwimmen auf; um sie aufzuhalten, ist eine am Bock angebundene Leine durch deren Haltringe g' gezogen.

Berechnung der Nadeln und des Wehrbockes: Die Bezeichnungen s. in Fig. 36 und 36a; dann sei γ = spezifisches Gewicht des Wassers; μ die horizontale Breite des Rechtecks, auf welches der Wasserdruck betrachtet wird; ζ die Tiefe unter dem Oberwasser, in der das Maximalangriffsmoment M auftritt. Wird nun die Unterwassertiefe α verhältnismäßig klein, also M innerhalb der Stauhöhe ß vorausgesetzt, so erhält man aus der allgemeinen Momentengleichung M = B (δ + ζ)/cos φμγζ3/6 cos2 φ durch Differentiation


Stauanlagen

und das Maximalmoment Mmax = B (3 δ + 2 ξ) : 3 cos φ; dabei ist der obere Stützendruck:

B = μγ/(6 (α + β + β + δ) cos φ) [(α + β)3 – α3].

Ist aber α verhältnismäßig groß und M'max innerhalb a liegend, so wird ζ' = A cos φ/μ β γ und M'max = A2/2 μ β γ wozu A = W – B, wenn W = μα/(2 cos φ) [ + ß)2 α2] den totalen Wasserdruck auf die Wand f g bedeutet. Zur Berechnung μ der Nadel ist für μ' die Nadelbreite einzusetzen. Bei Bestimmung der Zugkraft Z für den vorderen Vertikalstab des Wehrbockes und der Druckkraft S in der Strebe ist für μ die Entfernung, μ' vom Mittel zum Mittel der benachbarten Stützklappen zu nehmen; der zugehörige, aus dem obigen Ausdruck für B folgende Wert heiße B''. Dann ergibt sich aus dem Kräfteparallelogramm Fig. 36a zwischen B' als Resultierende und Z und S als Komponenten: S = B' cos φ : cos ψ, Z = B' sin (ψ – φ) : cos ψ. Das Gewicht einer Nadel soll 30 kg nicht überschreiten; die Stauhöhe ist infolgedessen eine beschränkte (ca. 3 bis 3,5 m). Besondere Nadelausheber u. dergl. gestatten die Verwendung schwererer Nadeln und etwas höherer Staustufen [34]. Kein Nadelwehr ist vollkommen dicht, auch im neuen Zustande nicht; bei Frost kann man die Nadeln nur schwer oder gar nicht herausnehmen. Ueber den Ersatz der Nadeln durch Schützen und Rolltafeln (Rolladenwehre) s. [1], S. 301.

Beim Klappenwehr wird der Stau durch um horizontale Achsen drehbare rechteckige Tafeln, die Klappen, bewirkt. Die Drehachse ist entweder am unteren Rande oder mehr in der Mitte bezw. am oberen Rande der Klappen angeordnet. Zumeist sind die Klappenwehre entweder einfach oder doppelt selbsttätig eingerichtet.

Die einfachsten Formen von am unteren Rand drehbaren Klappenwehren sind:

a) Die Aufsteck- oder Aufsatzladen (Wehraufsätze). Diese bestehen meist aus horizontalen Brettern, die mittels Scharnierbänder auf der Krone fester Wehre befestigt und durch dünne, schwache Holzstreben in ihrer aufrechten Stellung gegen den Wasserdruck gestützt werden. Sie dienen vornehmlich dazu, den sonstigen teilweisen Ueberfall des geringen Niederwassers über das feste Wehr gänzlich zu verhindern und so möglichst die ganze Wassermenge in den Ableitungskanal zu drängen. Bei Hochwasser bewirken der größere Wasserdruck und das Ueberstürzen das Brechen oder Herausfallen der Streben, so daß die Klappen selbst umfallen. Das Wiederaufrichten derselben nach Ablauf des Hochwassers muß durch einen Arbeiter von der Wehrkrone aus geschehen.

b) Ein ebenso einfach selbsttätiges Klappenwehr, für geringere Stauhöhen gut geeignet, ist das in Fig. 42 dargestellte, zu Steinen (bei Lörrach in Baden) ausgeführte. Jede Klappentafel k wird durch zwei an ihren Fußpunkten drehbar befestigte Streben s aufrecht gehalten. Diese tragen an den oberen Enden noch ein Brett b; wenn hierauf infolge Hochwassers ein Druck entsteht, so wird die Reibung an der Stützknagge d überwunden und Klappe sowie Strebe fallen auf den Unterbau nieder. Damit die einzelnen Klappen nur nach und nach, erst bei fortgesetztem Steigen des Wassers umfallen, werden sie verschieden hoch, hier um je 5 cm differierend, gemacht (vgl. Ansicht), wobei der Stau zuerst in der Mitte des Wasserlaufs freigegeben wird [38].

c) Beim Klappenwehr von Jesovits ist die Stützstrebe an ihrem oberen Ende mit der Klappe scharnierartig befestigt. Der Strebenfuß ist am Unterbau behufs Stützung entsprechend eingeklinkt. Am Boden ist ähnlich wie beim Chanoineschen Klappenwehre eine Hakenstange zum Auslösen der Streben und Umwerfen der Klappen angeordnet [39].

d) Das Girardsche Klappenwehr, ausgeführt für das Ueberfallwehr der Stauanlage bei Auxerre zur Kanalisierung der Yonne [1]. Jede der 2 m hohen und 3,52 m breiten Klappen ist in ihrer Mitte von einer Strebe gestützt, deren Fuß von dem Plungerkolben einer hydraulischen Presse gelenkig festgehalten wird. In diese wird durch eine kupferne Rohrleitung das am Ufer von einem Kompressor erzeugte Druckwasser eingeführt, das die Klappe aufrichtet und aufrechterhält. Beim langsamen Auslassen des Druckwassers legt sich die Klappe sanft auf den Boden nieder.

e) Das Klappenwehr von Thénard, s. [1].[268]

f) Das hydrostatische Klappenwehr von Josuah White, im Unterhaupt einer Schiffsschleuse ausgeführt (Fig. 43). Durch einen Kanal wird das Oberwasser in den von der Stauklappe k und der Stützklappe k' ziemlich dicht abgeschlossenen Raum r eingelassen; hierbei heben sich beide Klappen, bis k' an den Randleisten l anstößt, und der Stau ist hergestellt. Wird a mit dem Ausflußkanal zum Unterwasser in Verbindung gebracht, so fallen beide Klappen nieder.

g) Sehr eigentümlich sind einige neuere nordamerikanische Klappenwehre, wie z. B jenes, »movable reversible hydraulic weir«, d.i. umkehrbares, bewegliches hydrostatisches Wehr (Fig. 44). Dieses kann den höheren Wasserstand sowohl auf der einen als auf der andern Seite, also umgekehrt, halten. Die beiden Hauptklappen k und k' sind an den oberen Rändern durch eine Zwischenklappe k'' gelenkig verbunden. Aehnlich wie bei Fig. 43 wird hier die Druckkammer r durch verschließbare Kanäle mit einem der Wasserstände in Verbindung gesetzt, bei nur geringem Wasserdrucke wird die Bewegung der Klappen durch einen eingelegten Preßluftbehälter befördert [13].

Klappenwehre, deren horizontale Drehachse nahe der Mitte der Klappe gelegen ist. Hierher gehören die wichtigsten Klappenwehre, die bei Flußkanalisierungen vielfach im großen angewendet sind. Ihre Wiederaufrichtung ist aber nach einem Hochwasser im allgemeinen recht schwierig und zieht man deshalb zurzeit die viel leichter zu handhabenden Nadelwehre vor.

a) Klappenwehr nach Chanoine, ähnlich der Fig. 45. Die Klappe k wird an der Drehachse c von dem Bogengestell s t getragen und lehnt sich mit dem unteren Rande an eine Schwelle am Unterbau. Die zwei zu einem festen Rahmen miteinander verbundenen Stangen t sind an ihren Fußpunkten e um eine horizontale Achse drehbar befestigt, und die Strebe s, oben mittels eines Scharniers am erwähnten Rahmen angreifend, stemmt sich unten gegen eine Knagge oder einen Stemmschuh d. Diese befindet sich auf einer im Unterbau angebrachten gußeisernen Platte, die auch noch eine Führungsrinne r besitzt. In der letzteren gleitet der Strebenfuß abwärts, wenn die Strebe s mittels einer auf der Sohle bei h liegenden und vom Ufer oder einem Mittelpfeiler aus durch ein Zahnradgetriebe bewegten Hakenstange aus ihrem Halt zur Seite geschoben wird. Hierbei fällt zugleich der Strebenbock samt der Klappe auf den Boden in die punktiert gezeichnete Lage k'. Die Klappendrehachse c ist in einer solchen Höhe über der Sohle, und zwar zwischen dem unteren Drittel- und dem Halbierungspunkt der Höhe, angeordnet, daß bei einem gewissen Hochwasserstände sich die Klappe von selbst in die Schwebelage k'' umdreht und somit dem Hochwasser fall freien Ablauf gewährt. Dabei schützt entweder eine Kette oder der vortretende Strebenkopf die Klappe vor dem Ueberkippen. Sinkt hierauf der Wasserstand hinreichend, so daß der Wasserdruck auf den unteren Klappenteil größer wird als auf den oberen, dann Stellt sich die Klappe wieder von selbst auf, den Stau bewirkend. Das völlige Niederlegen nach k' wird erst bei fortgesetzt steigendem Hochwasser vorgenommen, und zwar nur allmählich eine Klappe nach der andern. Zu diesem Behuf sind die Daumen oder Haken der erwähnten Hakenstange bei h etwas weiter voneinander entfernt als die Stützstreben s; hierdurch werden diese beim Heranziehen von h nur nach und nach erfaßt. Damit solche große Klappen bei einem Ansteigen des Wassers sich nicht so schnell umlegen und, wenn dies geschehen, bei geringem Sinken des Wasserstandes sich bald wieder von selbst aufrichten, wird deren oberer Teil nicht vollwandig, sondern nach Krantz mit einem eingeschalteten Dreh-, schütztäfelchen, einer sogenannten Schmetterlingsklappe m, hergestellt. Diese öffnet sich, bei eintretendem Hochwasser zuerst, in die Lage m m (Fig. 45) umschlagend, und gibt so schon einen oberen Teil des Stauprofils frei. Das Wiederaufrichten der niedergelegten Wehrklappen nach Ablauf eines Hochwassers geschieht jetzt nicht mehr, wie anfänglich, von einem Schiffe, sondern bequemer von einem Dienststege aus, der von umlegbaren Poiréeschen Ständern oder Böcken p q, wie solche bei Nadelwehren üblich sind, getragen wird. Hierbei zieht man mittels, einer tragbaren Winde an der vom unteren Klappenende bis zum betreffenden Bocke befestigten Kette, bis der Strebenfuß in die Knagge d aufschlägt; und nach dem Freilassen derselben Kette richtet sich die Klappe von selbst auf; eventuell wird mit einem Stoß auf deren unteren Teil mittels einer Stange, eines Bootshakens, nachgeholfen. Detailkonstruktionen s. [40].[269]

b) Bei der Pasqueauschen Konstruktion (Fig. 45) hat der Stemmschuh der Klappenstrebe s zwei Absätze; der obere (d) hält dem Strebenfuß eine normale Fläche zum Stützen entgegen. Wird aber die vorher gewöhnlich schon in die Schwebestellung umgeschlagene Klappe mit der Kette vom Dienststeg aus etwas herangezogen, so fällt der Strebenfuß auf den unteren Absatz d' herunter, von dessen schräger Wandfläche dieser wie von einer schiefen Ebene in die Führungsrinne r abgleitet, und die Klappe samt dem Bockgestell sinkt zu Boden. Auf diese Art kann man beliebig viele Klappen vom Dienststege aus bedienen, und es erscheint selbst bei großer Flußbreite ein Mittelpfeiler nicht notwendig [41]. Eine andre Fußlagerplatte s. [13].

c) Beim Klappenwehr mit Schwimmern nach Krantz ist, ähnlich der Fig. 43, gleichsam die mehr schräggestellte Strebeklappe k' zu einem Hohlkörper, einem Schwimmer entsprechend, umgewandelt [1].

d) Das Wehr von Cvetkovics ist aus der Höhe nach mehrteiligen Klappen gebildet, die im Gegensatz zu den früheren Konstruktionen nicht durch Stützstreben, sondern durch Zugstangen in der aufrechten Staustellung gehalten werden. Der Auftrieb eines oberen Klappenflügels bewirkt das selbsttätige Aufrichten, das Ueberschreiten des höchstzulässigen Wasserstandes aber das selbsttätige Niederlegen der Klappe [1].

Von den Wehren mit am oberen Rande befindlicher Drehachse ist die zweckmäßigste Konstruktion das Doellsche Klappenwehr D.R.P. Nr. 41159 (Fig. 46). Durch das am entsprechenden Hebelarm angebrachte Gegengewicht G1 wird bis zu einem gewissen, höchst erlaubten Wasserstande die Klappe k zugehalten. Bei weiterem Ansteigen des Wassers überwiegt dann der Wasserdruck, die Klappe öffnet sich und es findet unten ein rascher Ausfluß statt, der wieder aufhört, sobald der Wasserspiegel auf das normale Maß gesunken ist. Das nicht unbedingt nötige Gegengewicht G2 wirkt nur zum Offenhalten der Klappe behufs leichteren Ausflusses mit. Die Berechnung der Klappenwehre s. [1], S. 246.

Eine eigens benannte Art von Klappenwehren ist das Trommelwehr nach Desfontaine; eine Vervollkommnung desselben rührt von Mohr her. Diese Konstruktion, wie sie in der Spree zu Charlottenburg und ähnlich bei der Mainkanalisierung für den Floßdurchlaß zu Frankfurt ausgeführt ist, wird durch Fig. 47 dargestellt. Die eigentliche Stauklappe k hat am Boden in c die Drehachse und setzt sich nach unten als Stellklappe k' fort (s. Schnitt AB) Diese letztere hat eine etwas größere Höhe als k. Beim Aufrichten oder Niederlegen von k dreht sich k' in dem Hohlraum der Trommel, die im Unterbau ausgespart und nach oben möglichst wasserdicht abgeschlossen ist. Diese wird durch k' in eine Vorder- und Hinterkammer t1 und t2, auf der Ober- bezw. Unterwasserseite liegend, geschieden. Nach Mohr lassen sich mittels eines Vierweghahns n (s. Schnitt CD) leicht gleichzeitig die Verbindungen des Oberwassers mit t1 und des Unterwassers mit t2 oder verkehrt herstellen. Im ersteren Falle überwiegt der Oberwasserdruck auf die Stellklappe k' und der Stau ist durch k hergestellt. Hiernach können durch eine Vierteldrehung desselben Hahnes n, mittels des Hebels h und der angeschlossenen Lenkerstange l die Verbindungen von t1 und t2 mit dem Unter- bezw Oberwasser bewirkt werden, wobei k sich auf den Boden niederlegt; bei einer gewissen Zwischenstellung des Vierweghahnes aber sind die erwähnten Verbindungskanäle gesperrt und die Stauklappe k bleibt hierdurch auch in einer schrägen Mittellage stehen [42].

Ein praktisches Torwehr mit selbsttätiger Auslösung bei Hochwasser ist jenes von Frassi (Fig. 48), das als beweglicher Aufsatz auf einem festen Wehre im Flusse Lambro bei Linate (Provinz Pavia) ausgeführt ist. Der breitere Flügel a der zweiarmigen Tore stützt sich auf den schmäleren Flügel b des Nachbartores; das erste Tor c wird aber durch eine Hakenstange d festgehalten, die mittels eines zweiarmigen Hebels e mit einem Schwimmer f in Verbindung steht. Wenn das Hochwasser die größtzulässige Höhe überschreitet, so tritt es in den Schwimmerraum[270] und hebt durch den Auftrieb den Schwimmer. Hierdurch werden die Haken d aus den Bügeln heruntergeschoben, das Tor c schlägt infolge des Wasserdrucks in die Stellung c' auf und hiermit öffnen sich zugleich sämtliche Tore.

Seltener angewendete Klappenwehre s. [43]–[45]; vgl. a. D.R.P. Nr. 717, 18453, 66888, 76005 und die in [1], S. 315 angeführte Literatur sowie die in den Zeitschriften Zentralblatt der Bauverwaltung, des Vereins deutscher Ingenieure, für das Turbinenwesen u.s.w. enthaltenen neueren Veröffentlichungen.

C. Kombinationen.

Die Lage der festen Wehrkrone ist dadurch, daß der Spiegel bei Hochwasser oberhalb des Wehres eine gewisse Grenze nicht überschreiten darf, zum vornherein gegeben; sie kann in vielen Fällen, besonders bei Anordnungen entsprechend Fig. 8, S. 259, wesentlich höher als die Sohle des Unterwassers angenommen werden (Berechnungen s. Grundablaß und Grundwehr, Ueberfallwehr). Bei Mittelwasser ist sodann ein größerer Wasseraufstau möglich, der durch ein bewegliches, auf die feste Wehrkrone gesetztes Wehr (Schützen-, Klappen-, Walzenwehr u.s.w.), also durch eine Kombination verschiedener Wehrarten, erzeugt wird. Bei solchen kombinierten Anlagen entstehen manchmal sehr große Höhenunterschiede zwischen Wehrkrone und Sohle des Unterwassers, wobei dann die Nachteile aus der Wirkung der überstürzenden Hochwasserwelle entweder durch einen gekrümmten Wehrrücken (vgl. Fig. 27) oder besser durch Zwischenschaltung einer Trennungsmauer und Bildung eines Wasserkissens (Fig. 30) überwunden werden.

Wenn auf dem Flusse, in dem das Wehr errichtet wird, Schiffahrt stattfindet, so richtet man, wo angängig, den Werkkanal zum Gebrauche für die Schiffahrt ein [4], S. 648; es werden dadurch die Gefahren und Nachteile beseitigt, die der Schiffahrt aus flachem Wasser und großen Geschwindigkeiten im Flusse selbst erwachsen würden. Einlaß- und Auslaßschleusen sind dann diesem besonderen Zwecke anzupassen. Für die Flößerei dagegen ordnet man fast ohne Ausnahme besondere Floßgassen (s.d.) an. Manchmal werden für alle Bedürfnisse getrennte Anordnungen vorgezogen; wir geben in Fig. 49 einen Grundriß, entsprechend dem Walzenwehre im Main bei Schweinfurt, mit besonderem seitlichem Grundablaß, Schiffsdurchlaß, Floßgasse und Mühlkanal. Weitere Dispositionen s. Bd. 4, S. 94 und [4]; die Anbringung von Fischwegen s.d.

Zum Schlusse wollen wir nochmals als von besonderer Wichtigkeit hervorheben, daß alle Stauanlagen in Flüssen eine genügend lange solide Sturzpritsche mit darauffolgender Sohlenbefestigung erfordern; durch Vernachlässigung dieser Forderung entstehen sehr häufig ungewöhnlich große Reparaturkosten, sogar Einstürze. Ferner sollten die Streichwände jedes Wehres aus gutgefugtem Mauerwerk oder aus Beton, niemals aus Holzverschalungen gebildet werden und am Anschlusse der Sturzpritschen Streichschwellen erhalten, um jede Hinterspülung zu verhindern. Eine gute Unterhaltung der Stauwand und dort, wo diese aus Beton besteht, ein Schutzbelag gegen Frostwirkungen ist ebenfalls dringendes Erfordernis.


Literatur: [1] Handbuch der Ing.-Wiss., Bd. 3, 1. Abt., 1. Hälfte, Leipzig 1892. – [2] Rühlmann, Hydromechanik, Hannover 1880. – [3] Tolkmit, Grundlagen der Wasserbaukunst, Berlin 1898. – [4] Köhn, T., Ausbau von Wasserkräften, Leipzig 1908. – [5] Ziegler, R, Der Talsperrenbau, Berlin 1900. – [6] Bericht des Ausschusses über die 25. Versammlung des deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege, Braunschweig 1901. – [7] Krantz, L'étude sur les murs de reservoirs, Paris 1870. – [8] Wienflußtalsperre, Zeitschr. d. Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1897, S. 241, Tafel 16. – [9] Erddamm von Paroy, Annales des ponts et chaussées 1880, I, S. 98, Tafel 5. – [10] Desgl. von Panthier, ebend. 1880, II; desgl. von Torcy Neuf, ebend. 1893, II, S. 34. – [11] Zeitschr. des Arch.- und Ing.-Ver. zu Hannover 1886, Tafel 23. – [12] Orédontalsperre, Annales des ponts et chaussées 1887, II. – [13] Roloff, Nordamerikanisches Wasserbauwesen, Berlin 1895, S. 94. – [14] Wochenschr. d. Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1889, S. 333. – [15] Zeitschr. d. Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1885, S. 35. – [16] Engin. News 1898, S. 157. – [17] Kreuter, Berechnung der Staumauern, Berlin 1894; Ders., Beitrag zur Berechnung und Ausführung der Staumauern, München 1909. – [18] Lueger, Die Wasserversorgung der Städte, Darmstadt 1895 S. 324. – [19] Zeitschr. d. Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1898, S. 151. – [20] The Engin. Record 1897, S. 291. – [21] Zentralbl. d. Bauverw. 1897, S. 450. – [22] Annales des ponts et chaussées 1895, II, S. 77. – [23] Oesterr. Monatsschr. s.d. öffentl. Baudienst 1895. – [24] Deutsche Bauztg. 1889. – [25] Kresnik, Die Sicherheits- und Benützungsvorkehrungen bei Wasserreservoirtalsperren, Wien 1889; auch in Wochenschrift[271] des Oesterr. Ing.- und Arch.-Ver. 1889, S. 313. – [26] Hanric, Travaux d'hydraulique: Barrage-Réservoir du Hamiz, Algier 1894. – [27] Borchardt, Die Remscheider Stauweiheranlage, München 1897. – [28] Weber von Ebenhof, Bau etc. der Wasserstraßen, Wien 1895, S. 148. – [29] Zentralbl. der Bauverwaltung 1898, S. 531; Engineering Record 1898, S. 404; Journ. of the Western Society of Engineers 1905, Bd. 10, S. 615. – [30] Betonkalender für 1908, 2. Teil, S. 393. – [31] Die Wasserwerke der Stadt Komotau, Selbstverlag der Stadtgemeinde. – [32] Strukel, M., Der Wasserbau, 1. Teil, Leipzig 1897. – [33] v. Emperger, F., Handbuch für Eisenbetonbau, Bd. 3, Berlin 1907. – [34] Möller, M., Grundriß des Wasserbaues, Bd. 2, S. 221, Leipzig 1906. – [35] Zeitschr. des Oesterr. Ing.- und Arch.-Ver. 1903, Nr. 50; Walzenwehre, ihre weitere Entwicklung und bisherige Bewährung, Mainz 1905. – [36] Zeitschr. für Bauwesen 1896, Tafel 50 bis 54. – [37] Ebend. 1888, Tafel 14–17. – [38] Deutsche Bauztg. 1890, S. 561. – [39] Oesterr. Monatsschr. für den öffentlichen Baudienst 1895, S. 331. – [40] Hans-Düsing, Kanalisierung der Maas, Wiesbaden 1885. – [41] Zeitschr. für Bauwesen 1881, Tafel 29. – [42] Ebend. 1886, Tafel 31, 32; 1888, Tafel 17, 51, 52. – [43] Ebend. 1890, Tafel 72. – [44] Zentralbl. der Bauverw. 1890, S. 212. – [45] Döll, Das selbsttätige Auftriebwehr, Metz 1904. – Vgl. a. die Stichworte Elektrizitätswerk, Talsperre, Wasserkraft und Wehr in den Inhaltsverzeichnissen der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure.

Lueger.

Fig. 1.
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Fig. 1a.
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Fig. 2., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
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Fig. 7., Fig. 8., Fig. 9.
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Fig. 10.
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Fig. 10a.
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Fig. 11., Fig. 12.
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Fig. 13.
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Fig. 14.
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Fig. 15.
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Fig. 19.
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Fig. 20., Fig. 21., Fig. 22.
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Fig. 23., Fig. 24.
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Fig. 25., Fig. 26.
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Fig. 27., Fig. 28.
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Fig. 29.
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Fig. 30.
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Fig. 31.
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Fig. 34., Fig. 35.
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Fig. 36., Fig. 36a., Fig. 37., Fig. 38., Fig. 39., Fig. 40.
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Fig. 42.
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Fig. 43.
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Fig. 45.
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Fig. 46.
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Fig. 47.
Fig. 47.
Fig. 48.
Fig. 48.
Fig. 49.
Fig. 49.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 256-272.
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