Abgar

[38] Abgar, Titel der syrischen Herrscher des osroenischen Reiches zu Edessa (s. d.) in Mesopotamien. Als Stifter der Dynastie wird genannt Orhai bar Chewja (eigentlich Aryu), 137 v. Chr. Unter den 30 Fürsten ist der 14. hervorzuheben: A. Ukoma (der Schwarze), nach der Sage Sohn Arshams, eines Bruders des Arsakiden Tigranes I. von Armenien, und Freund des Augustus. Vom Aussatz ergriffen, soll er Jesus brieflich zu sich eingeladen, dieser aber den Ruf abgelehnt und einen seiner Jünger zu senden versprochen haben. Nach der Himmelfahrt soll dann Thomas den Thaddäus (Addai) gesandt und dieser den König und die Stadt für das Evangelium gewonnen haben. Die Unechtheit der beiden von Eusebius bewahrten Briefe wurde schon 494 vom Papst Gelasius ausgesprochen. Die ganze Erzählung ist die Erfindung eines edessenischen Christen, der die geschichtliche Bekehrung Abgars IX. um zwei Jahrhunderte hinausschob und dadurch seiner Gemeinde ein hohes Alter zusprechen wollte. Vgl. Lipsius, Die edessenische Abgarsage kritisch untersucht (Braunschw. 1880); Matthes, Die edessenische Abgarsage auf ihre Fortbildung untersucht (Leipz. 1882); v. Gutschmid in der beim Artikel »Edessa« genannten Abhandlung; Tixeront, Les origines de l'église d'Édesse et la légende d'A. (Par. 1888); Harnack, Geschichte der altchristlichen Literatur, Bd. 1, 2. Hälfte (Leipz. 1893). – Die Abgarusbilder, die ältesten Bildnisse Christi, nach dem wunderbaren Porträt, das der Sage nach Jesus selbst seinem Anhänger, dem König A. Ukoma, zugeschickt haben soll, gehören der morgenländischen Kirche an (seit dem 4. Jahrh.) und sind von einem düstern, finstern Charakter, starr und schmerzvoll. Eine Art Opposition von seiten Roms bilden die Veronikabilder (s. d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 38.
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