[426] Eichenrinden. Die Rinde aller Eichen ist reich an Gerbstoff, aber wegen der früh eintretenden Borkenbildung[426] erhält man nicht von allen Arten eine zu technischen Zwecken verwendbare Rinde. Von den mitteleuropäischen E. sind die der Trauben- oder Wintereiche (Quercus sessiliflora) und der Stiel- oder Sommereiche (Q. pedunculata) am wichtigsten. Außerdem kommen die Zerreiche (Q. cerris) im südlichsten und südöstlichsten Teil des Gebietes und die Woll-, Weiß- oder Schwarzeiche (Q. pubescens), die nur im Süden, z. B. in Krain und im Küstenlande, geschlossene Bestände bildet, in Betracht. Diese Eichen halten mit Ausnahme der Zerreiche ihre Rinde bis zum 25. Jahr wenigstens stellenweise borkenfrei, und da solche dünne glatte Rinde der bis armsdicken Eichenstangen (Glanz-, Spiegelrinden) bedeutend gerbstoffreicher, ärmer an schädlichem braunen Farbstoff, reicher an Stärke etc. ist als die dickern borkigen Rinden (Grob-, Altholzrinde), so werden seit 500600 Jahren Eichenschälwälder gebaut, die bei einer Umtriebszeit von 1520 Jahren möglichst viel dieser trefflichen Rinde liefern. Bei 2035jähriger Umtriebszeit erhält man minderwertige Pfeifenborke. Die Eichenschälwälder werden aus Samen, häufiger aus Stockausschlag erzogen. Die Stangen stehen sehr dicht (610,000 auf 1 Hektar) und erreichen eine Stärke von 1015 cm. Bei Hackwaldbetrieb soll die Rinde infolge der Düngung und größern Lichtstellung besser werden. Die Eichenschälwälder verbreiteten sich aus der Siegener Gegend rheinauf- und abwärts, drangen nach Belgien, Frankreich, England vor und fanden später auch in Holland, Nord- und Süddeutschland sowie in Österreich-Ungarn Anwendung. Die Zerreiche wird in Ungarn in Schälwäldern kultiviert. Man entnimmt die Rinde zur Saftzeit (Mai) den stehenden oder den gefällten Stangen, oder man entschält die stehenden Stangen so weit hinauf, wie dies leicht gelingt, und nimmt dann die weitere Schälung nach der Fällung vor. Die Rinde der Zweige ist weniger wertvoll, wird aber häufig ebenfalls gewonnen. In vielen Gegenden Deutschlands, Österreichs, Rußlands etc. wird auch die Rinde älterer Stämme benutzt, aber in der Regel noch am Stamm von der Borke befreit. Nicht zur Schälzeit gefällte Stämme und Lohden lassen sich schwer schälen, man wendet jetzt aber mit großem Vorteil die Dampfschälmethode mit trocknem überhitzten Dampf an, durch die jeder Verlust an Gerbstoff vermieden wird und die Rinde auch sonst nicht Schaden leidet. Der Gerbstoffgehalt gleichalteriger Stangen wächst mit ihrer Dicke, und alle Momente, die das Wachstum der Lehden begünstigen, verbessern die Rinde. Auch sonnige, nach S. gerichtete Lage wirkt günstig; im allgemeinen liefern wärmere Länder bessere Schälrinden, die beste aber soll die englische sein, dann folgen die des Moselgebietes, des Rheingaues, Saargebirges und Odenwaldes. Bei der Ernte ist die Rinde vor Beschädigung sorgfältig zu schützen. In bergigen Gegenden liefert die Traubeneiche, in der Ebene die Stieleiche die beste Rinde; ganz im allgemeinen sind beide Eichen gleichwertig, doch herrscht tatsächlich die Stieleiche in Schälwäldern vor. Im Mittel enthält die Rinde der untern Hälfte der Lohden 15,5, die der obern 13,3 Proz. Gerbstoff. Deutschland produziert auf etwa 450,000 Hektar Schälwald 2,53 Mill. Ztr. Eichenrinde, verbraucht aber jährlich etwa 5 Mill. Ztr.
Von der süd- und südwesteuropäischen Kermeseiche (Q. coccifera L.) werden die Stammrinde und die viel gerbstoffreichere Wurzelrinde, letztere unter dem Namen Garouille oder Rusque in Algerien gewonnen, als Gerbmaterial benutzt. Ferner liefern die Innenrinde der Korkeiche (Q. Suber L.), in Algerien, Sardinien, Spanien und Südfrankreich, die Steineiche (Q. Ilex L.), in Algerien und Südeuropa, wertvolles Gerbmaterial. Letztere wird in Südfrankreich im Niederwaldbetrieb mit kurzer Umtriebszeit kultiviert und die gerbstoffreiche Rinde besonders zum Gerben des Sohlleders benutzt. Die Rinden andrer europäischer Eichen sind von geringer Wichtigkeit, während in Nordamerika zahlreiche Eichen wertvolle Rinden liefern, aus denen auch Extrakte bereitet werden. Am häufigsten benutzt man die Rinde von Q. Prinus (Chestnutoak). Vgl. Neubrand, Die Gerbrinde (Frankf. 1869); Höhnel, Die Gerberrinden (Berl. 1880); Bernhardt, Eichenschälwaldkatechismus (das. 1877); Jentsch, Der deutsche Eichenschälwald und seine Zukunft (das. 1899).