Krain

[559] Krain (hierzu die Karte »Krain-Küstenland«), Herzogtum, österreich. Kronland, grenzt nördlich an Kärnten, nordöstlich an Steiermark, südöstlich und südlich an Kroatien, westlich an Istrien und Görz und hat einen Flächengehalt von 9955 qkm (180,8 QM.). K. ist vorwiegend Gebirgsland, dessen Hauptabdachung von NW. nach SO. gerichtet ist, und das teils dem Alpen-, teils dem Karstgebiet angehört. Im N. und NW. erheben sich die zur südlichen Kalkalpenzone gehörigen Julischen Alpen (s. d.) mit dem Triglav (2864 m), Mangart u. a., die Karawanken (s. d.), die sich längs der kärntnerischen Grenze mit einer schroffen, kahlen Kette hinziehen (Stou 2239 m), und die Steiner Alpen (Grintouz 2559 m), die gegen die Save mit niedrigen Waldbergen endigen. Die Täler der Idria und Sora schließen die Julischen Alpen vom Karst (s. d.) ab, von dem die nordöstlichen Verzweigungen, nämlich der Birnbaumer Wald (Nanos 1300 m), der Krainer Schneeberg (1796 m), der Hornwald (Hornbühel 1100 m) und das Uskokengebirge (1181 m), in K. liegen. K. gehört mit geringen Ausnahmen zum Flußgebiet der Save, nur der westliche Abhang des Karstes gehört zum Gebiet des Adriatischen Meeres (mit der Idria und Wippach, Nebenflüssen des Isonzo, und der Reka-Timavo). Die Save entsteht im Land aus der Verbindung der Wocheiner mit der Wurzener Save (bei Radmannsdorf). Ihre Zuflüsse in K. sind: die Sora, Laibach und Gurk rechts, die Kanker und die Steiner Feistritz links. Der merkwürdigste dieser Flüsse ist der Höhlenfluß Laibach (s. d.). Im Quellgebiet der Save liegen die schönen Gebirgsseen von Wochein, Veldes und Weißenfels. Der Zirknitzer See (s. d.) im Karstgebiet ist der bekannteste der periodischen Seen. Soweit K. Karstnatur hat, ist sein Inneres von Höhlen durchzogen; weit berühmt ist die Grotte von Adelsberg (s. d.), andre sind die Magdalenengrotte, die Höhle von Planina etc. Das Klima ist im nördlichen Teil (Oberkrain) kaltes Alpenklima; Unterkrain, der südöstliche Teil zwischen Save und Kulpa, hat in den Flußtälern mildes Klima; Innerkrain, die Karstgegend, ist der kälteste, rauheste Landesteil. Die mittlere Jahrestemperatur von Laibach ist 9,4°, von Rudolfswert 9,8°. Der Niederschlag ist beträchtlich (in Laibach 142 cm), Gewitter sind häufig.

Die Bevölkerung belief sich 1890 auf 498,958,1900 auf 508,150 Seelen, zeigt also in den letzten zehn Jahren nur eine Vermehrung um 1,84 Proz. Auf 1 qkm kommen 51 Bewohner. Der Nationalität nach gehört die überwiegende Majorität (94 Proz.) dem südslawischen Stamm der Slowenen an (s. die »Ethnographische Karte von Österreich-Ungarn«). Nur der Bezirk Gottschee bildet eine deutsche Sprachinsel mit ungefähr 15,000 Deutschen, überdies leben Deutsche in der Landeshauptstadt und in einigen Orten (im ganzen 28,177). Die Bewohner sind fast ausschließlich römische Katholiken und gehören zur Laibacher Diözese. Die Landwirtschaft ist die Hauptbeschäftigung der Bewohner (73,5 Proz. der berufstätigen Personen), deckt aber nicht den Bedarf des Landes. Von der Gesamtfläche sind nur 4,5 Proz. unproduktiv; jedoch gehören 44,4 Proz. dem Waldland und nur 14,8 Proz. dem Ackerland an. Ausgedehnter sind Wiesen und Weiden (je 17 Proz.). Der Ertrag der Ernte belief sich 1903 auf 817,983 metr. Ztr. Zerealien (neben den Hauptgetreidearten viel Mais), ferner 155,670 hl Buchweizen und 137,097 hl Hirse, 62,562 hl Hülsenfrüchte, 1,872,127 metr. Ztr. Kartoffeln, 3833 metr. Ztr. Flachs, 1068 metr. Ztr. Hanf, 1,433,320 metr. Ztr. Futterrüben, 252,529 metr. Ztr. Kraut, 834,026 metr. Ztr. Kleeheu, 4,546,350 metr. Ztr. Grasheu, 61,265 metr. Ztr. Obst und 148,755 hl Wein. Der Viehstand umfaßte 1900: 24,821 Pferde, 253,839 Rinder, 38,629 Schafe, 6384 Ziegen, 107,836 Schweine, außerdem 41,699 Bienenstöcke.

Unter den Produkten des Bergbaues nimmt die Quecksilbergewinnung zu Idria (s. d.) den ersten Rang ein; 1903 ergab dieselbe 833,208 metr. Ztr. Erz und 5233 metr. Ztr. Quecksilber. Außerdem wurden gewonnen: 318 kg Silber, 8615 metr. Ztr. Roheisen, 20,322 metr. Ztr. Blei, 4797 metr. Ztr. Zink, 33,432 metr. Ztr. Manganerz und 2,481,187 metr. Ztr. Braunkohlen. Die Zahl der Berg- und Hüttenarbeiter betrug 2637, der Wert der Berg- und Hüttenproduktion 4,374,987 Kronen. Die In duft ri e ist nicht bedeutend; sie umfaßt einige Eisen- und Stahlraffinierwerke, Fabriken für Eisen- und andre Metallwaren (Drahtstifte, Nägel, Gußwaren, Sensen, Glocken), für Maschinen, Tonwaren, Glas, Parkette und andre Holzwaren, Leder und Schuhwaren, Siebböden, Strohhüte, Papier, Schießpulver, Zündhölzer, Öl, Farbholz, Zinnober, Leim, Kunstdünger, Kaffeesurrogate, ferner Mühlen, Bierbrauereien, Spinnereien und Webereien in Schaf- und Baumwolle und eine ärarische Tabakfabrik. Dem Verkehr dienen gute Landstraßen (1901: 5569 km), die Eisenbahnen (434 km) und schiffbaren Flüsse (Save und Laibach, zusammen 139 km). Für die geistige Bildung sorgen 378 Volksschulen, ferner 4 Obergymnasien, ein Untergymnasium, eine Ober- und eine Unterrealschule, eine Lehrer- und eine Lehrerinnenbildungsanstalt, 2 theologische Lehranstalten, eine landwirtschaftliche Schule, 3 gewerbliche Fachschulen und eine Handelslehranstalt. Für die Verwaltung zerfällt das Kronland in folgende zwölf politische Bezirke, die der Landesregierung in Laibach unterstehen:

Tabelle

Für die Rechtspflege sind dem Landesgericht in Laibach und dem Kreisgericht in Rudolfswert 31 Bezirksgerichte untergeordnet; für das Finanzwesen besteht eine Finanzdirektion in Laibach. Der Landtag ist aus 37 Mitgliedern zusammengesetzt, nämlich dem Fürstbischof von Laibach, 10 Abgeordneten des Großgrundbesitzes, 8 der Städte und Märkte, 2 der Laibacher Handels- und Gewerbekammer, 16 der Landgemeinden. In das Abgeordnetenhaus des Reichsrates sendet das Land 11 Vertreter. Das Wappen (s. Tafel »Österreichisch-Ungarische Länderwappen«, Fig. 11) bildet in silbernem, von einem Fürstenhut überragtem Feld ein kaiserlich gekrönter, rot bewehrter blauer Adler mit zweireihig rot-gold geschachtem Brustmond. Die Landesfarben sind: Weiß, Blau, Rot.

[Geschichte.] K. hat seinen Namen von Krajina, »Grenze« (Krajnci, »Grenzbewohner«). Die Zeit der[559] ersten Einwanderung der Slawen in diese Gegenden ist ungefähr Ende des 6. Jahrh. n. Chr. anzusetzen, doch standen sie in diesen Gebieten dauernd unter dem Joch der Avaren, das sie erst mit Hilfe der Bayern abwälzten, worauf ganz Karantanien um die Mitte des 8. Jahrh. unter bayrische Oberhoheit kam. Mit dem Untergang des bayrischen Stammesherzogtums (788) fiel Karantanien an das Frankenreich und gehörte zu der von Karl d. Gr. errichteten Mark Friaul; doch genossen die slowenischen Stammesfürsten gewisse Freiheiten in der Verwaltung ihrer Landbezirke. Erst die Empörung des Slowenenfürsten Ljudevit (gest. 828) und die damit zusammenhängende Aufteilung der Mark Friaul bewirkten den vollen Anschluß Karantaniens mit seinen Marken an das Herzogtum Bayern. Der Name »Craina marcha« erscheint zum erstenmal in der Schenkungsurkunde König Ottos II. für den Bischof Abraham von Freising vom 30. Juni 973; der damalige Markgraf hieß Popo. Neben Freising war das Bistum Brixen in K. reich begütert. Diesen beiden Bistümern verdankt K. seine Christianisierung und Kolonisierung. Nach dem Tode des Markgrafen Ulrich (1077) erhielten die Patriarchen von Aquileja, die gleichfalls dort reich begütert waren, die Würde, die ca. 1180 an das Haus Andechs-Meran überging und 1210, definitiv dann 1230, neuerdings an die Patriarchen von Aquileja kam. Nach der Schlacht auf dem Marchfeld belehnte Kaiser Rudolf seinen Sohn Albrecht (27. Dez. 1282) mit K. und der Windischen Mark, doch blieben sie vorläufig als Pfandherrschaften im Besitz der Grafen von Görz-Tirol. Erst nach ihrem Aussterben kam K. an die Habsburger (1335) und gewann 1374 durch die Anerbung der Hinterlassenschaft des Grafen Albert IV. von der jüngern Görzer Linie eine wesentliche Vergrößerung (Windische Mark, Möttling oder Metlik und Poik). Seitdem ist K. bis auf die kurze Zwischenzeit von 1809–13 (während der es zu Frankreich gehörte) fortwährend bei Österreich als ein Teil der »innerösterreichischen Länder« geblieben. Seit 1816 war das Gouv. Laibach ein Teil des Königreichs Illyrien, und seit 1849 ist es ein selbständiges Kronland, in dem die Slowenen immer mehr das Übergewicht erhalten, so daß nur noch der Großgrundbesitz des Landes deutsche Vertreter in den Wiener Reichsrat sendet. Vgl. Hoff, Historisch-statistisch-topographische Gemälde von K. (Laibach 1808); »Die österreichisch-ungarische Monarchie«, Bd. 8 (Wien 1891); »Spezial-Ortsrepertorium von K.«, herausgegeben von der k. k. statistischen Zentralkommission (das. 1894); Paulin, Beiträge zur Kenntnis der Vegetationsverhältnisse Krains (Laibach 1901–04, Heft 1–3); Dimitz, Geschichte Krains von der ältesten Zeit bis 1813 (das. 1874–76, 4 Bde.), Kurzgefaßte Geschichte Krains (das. 1886) und Die Habsburger und ihr Wirken in K. 1282–1882 (das. 1883); Mell, Die historische und territoriale Entwickelung Krains vom 10. bis ins 13. Jahrhundert (Graz 1888); Heft 8 des Sammelwerkes »Der Kampf um das Deutschtum«: Steiermark, Kärnten, K., von Hofmann von Wellenhof (Münch. 1899); Premerstein und Rutar, Römische Straßen und Befestigungen in K. (Wien 1899); »Argo. Zeitschrift für Krainer Landeskunde« (Laib. 1892 ff.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 559-560.
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