Gozzi

[192] Gozzi, 1) Gasparo, Graf, ital. Dichter, geb. 4. Dez. 1713 in Venedig, gest. 25. Dez. 1786 in Padua, verriet früh eine ausgeprägte Liebe zur schönen Literatur und wurde in ihr bestärkt durch seine Bekanntschaft mit der Malerin und Dichterin Luiie Bergalli, die er 1739 heiratete, obwohl sie zehn Jahre älter war als er. Auf ihre Veranlassung übernahm er die Leitung des Theaters Sant' Angelo, widmete sich aber bald ganz seinen literarischen Arbeiten. Seine meist aus dem Französischen übersetzten Dramen fanden nur geringen Beifall. desto größern aber die seit 1760 von ihm herausgegebene »Gazzetta Veneta«. Bedeutender ist sein »Osservatore Veneto« (seit 1761), nach dem Vorbild von Addisons »Spectator«. Schon 1758 hatte er sich durch seine vortreffliche Verteidigung Dantes gegen Bettinellis Angriffe: »Giudizio degli antichi poeti sopra la moderna censura di Dante« (Vened. 1758), als scharfsinniger und geistvoller Kritiker bewährt. Eine Zeitlang bekleidete er das Amt eines Zensors und Aufsehers über die Druckereien in Venedig. Später siedelte er ganz nach Padua über. Von seinen Werken ist der »Osservatore Veneto« (Vened. 1768; Mail. 1827, 2 Bde., u. ö.; handliche Ausgabe, Turin 1889, 4 Bde.) wegen seines gediegenen sittlichen Gehalts, der Feinheit der Satire und der Schönheit der Schreibart noch heute allgemein beliebt. Ähnlichen Charakters ist: »Il mondo morale« (Vened. 1760. 3 Bde.). Weiter sind zu erwähnen die »Lettere famigliari« (Vened. 1755; das. 1808, 2 Bde.) und seine Übersetzung des Longos. Unter seinen Gedichten sind die »Sermoni« in Horazischer Manier sowie »11 trionfo dell' umiltà« am bemerkenswertesten. Vgl. die Ausgabe von Giannini, »I sermoni di G. G.« (Palermo 1893). Eine Gesamtausgabe von Gozzis »Opere« veranstaltete A. Dalmistro (Vened. 1794–98, 12 Bde.; vollständiger, das. 1812, 22 Bde.; Padua 1818–26, 16 Bde.; Bergamo 1825–29, 20 Bde.). Zur Ergänzung dienen: »Alcuni scritti di G. G.« und »Racconti di G. G.« (Vened. 1830). Eine Sammlung seiner Gedichte besorgte Gargiolli (Flor. 1863). Gozzis Gemahlin erwarb sich einen geachteten Namen durch ihre musikalischen Dramen: »Agide«, »Redi«, »Sparta«, »La Bradamante« sowie durch Übersetzungen des Terenz, Raeine u.a. Vgl. Zanella, Paralleli letterari (Verona 1885); Malmignati, Gasparo G (Padua 1889); Vimerenti, Biografia di G. G. (das. 1887).

2) Carlo, Graf, ital. Lustspieldichter, Bruder des vorigen, geb. 13. Dez. 1720 in Venedig, gest. 4. April 1806, verfaßte schon in seiner Jugend burleske Gedichte. Die zerrütteten Vermögensumstände seiner Familie bewogen ihn, Kriegsdienste zu nehmen. Er kehrte aber nach drei Jahren nach Venedig zurück. um die unterbrochenen Studien wieder aufzunehmen. Hier schrieb er mehrere satirische Stücke und wurde eins der tätigsten Mitglieder der Società de' Granelleschi, die alle Geschmacklosigkeit mit den Waffen des Spottes verfolgte. Gozzis Satire wendete sich namentlich gegen die elenden Stücke des Abbé Chiari, aber auch gegen Goldoni, indem er beiden gegenüber die alte Commedia dell' arte in Schutz nahm und sie im Sinne der Romantik zu veredeln suchte. Großes[192] Aufsehen erregte seine »Tartana degli influssi per i'anno bisestile« (1757). Um Sacchi und seiner ausgezeichneten Gesellschaft wieder aufzuhelfen und wirksam den französischen Geschmack zu bekämpfen, dramatisierte G. 1761 das Märchen von den drei Pomeranzen. »Fiaba dell' amore delle tre melarance«, und schuf damit die neue Gattung der »Fiabe drammatiche«. In Deutschland ist besonders »Turandot, Prinzessin von China« durch Schiller bekannt geworden. (Vgl. Köster, Schiller als Dramaturg, Berl. 1890.) Aber die Fiabe vermochten doch nicht das Publikum auf die Dauer zu befriedigen. G. gab daher diese Richtung auf, schrieb regelmäßige Stücke, in denen er Calderon zum Muster nahm, und übersetzte Erzeugnisse der französischen Bühne. Unter den erstern ist sein »Metafisico«, unter seinen übrigen Gedichten die romantische Epopöe »Marfisa« bemerkenswert. Von sonstigen Werken sind die Übersetzung der Satiren Boileaus und seine SelbstbiographieMemorie«, Vened. 1797, 3 Bde.) zu nennen. Er selbst veranstaltete eine Gesamtausgabe seiner Werke (Vened. 1772–74, 10 Bde.; neue vervollständigte Ausg., das. 1802, 14 Bde.); eine neue Ausgabe der »Fiabe« erschien in Bologna 1885, 2 Bde. Seine dramatischen Schriften wurden von Werthes ins Deutsche übertragen (Bern 1795, 5 Bde.), seine Märchen von K. Streckfuß nachgebildet (Berl. 1805) und neuerdings von Volkm. Müller (Dresd. 1889). Vgl. F. Horn, Über Gozzis dramatische Poesie (Penig 1803); Magrini, Carlo G. e le fiabe (2. Aufl., Vened. 1882) und I tempi, la vita e gli scritti di Carlo G. (Benevent 1883); Masi, Sulla storia del teatro italiano nel secolo XVIII (Flor. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 192-193.
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