Kreosōt

[636] Kreosōt (v. griech. kreas, Fleisch, und sozein, erhalten), Bestandteil des Holzteers, wird aus Buchenholzteer dargestellt, indem man das daraus abgeschiedene Teeröl mit Sodalösung wäscht, rektifiziert, die zwischen 150 und 250° siedenden Anteile in Emulsionsapparaten mit Kalilauge behandelt, die alkalische Lösung zur Verflüchtigung noch vorhandener Kohlenwasserstoffe kocht und mit Schwefelsäure zersetzt. Diese Operation wird wiederholt, bis sich das Produkt vollkommen klar in Natronlauge löst. Das dann durch Schwefelsäure abgeschiedene Öl wird mit verdünnter Natronlauge oder Ammoniak von den letzten Resten Karbolsäure befreit, destilliert, mit Chromsäuregemisch behandelt und aus Glasgefäßen rektifiziert. Das zwischen 200 und 220° übergehende Destillat vom spezifischen Gewicht nicht unter 1,08 bildet das K. des deutschen Arzneibuches. K. ist eine farblose, stark lichtbrechende Flüssigkeit, riecht durchdringend rauchartig, schmeckt brennend ätzend, erstarrt unter -20°, löst sich leicht in Alkohol und Äther, in 120 Teilen heißem, viel schwerer in kaltem Wasser, reagiert neutral und färbt sich am Licht gelb. Es brennt mit leuchtender, rußender Flamme, bringt Eiweiß zum Gerinnen und wirkt stark fäulniswidrig. Das K. besteht aus Guajakol (Brenzkatechinmethyläther) C6H4.OH.OCH3. Kreosol (Homobrenzkatechinmethyläther) CH3.C6H3.OCH3.OH mit kleinern Mengen Kresol, Methylkresol, Xylenol etc. Nach dem Verhältnis dieser Bestandteile richten sich spezifisches Gewicht und Siedepunkt, beide steigen mit dem Gehalt an Kreosol. K. wirkt stark ätzend auf die Haut, erzeugt auf der Zunge einen weißen Fleck und dann tiefere Zerstörung der Gewebe; innerlich verursacht es heftige Entzündung und in größern Dosen den Tod. Man benutzt es bei Lungenkrankheiten, habituellem Erbrechen, Durchfällen, Magenleiden mit abnormen Gärungen, Brechdurchfall, Darmkatarrh, Diabetes, Eingeweidewürmern etc., äußerlich als ätzendes, fäulniswidriges, desinfizierendes Mittel, bei Geschwüren, Krebs, brandiger Mundentzündung, kariösen Zähnen etc. Kreosotwasser enthält 1 Proz. K. Der Geschmack und noch mehr der Geruch des Kreosots ist vielen Patienten sehr unangenehm, und man hat daher nach Kreosotpräparaten gesucht, die frei von diesem Übelstand sind. Dahin gehören unter andern das Kreosolid, die Magnesiaverbindung der Phenole des Kreosots, ein weißes Pulver von wenig Geruch und Geschmack, das Kreosotal (Kreosotkarbonat), durch Behandeln von K. mit Chlorkohlenoxyd erhalten, ist dickflüssig, bernsteinfarbig, wenig riechend, löslich in Alkohol und fetten Ölen, leicht in Wasser, wird bei Lungenschwindsucht, Skrofulose, Stinknase, Keuchhusten, Lungenentzündung, Bronchitis und Influenza angewendet. Einem Gehalt an K. verdankt der Holzrauch seine konservierenden Eigenschaften. K. wurde 1832 von Reichenbach im Buchenholzteer entdeckt. In der Paraffinindustrie versteht man unter K. (Braunkohlenkreosot) ein Gemisch von Phenolen, die dem Teeröl durch Ätznatronlauge entzogen werden. Aus der so erhaltenen Lösung von Kreosotnatron scheidet Schwefelsäure das K. ab, das zum Imprägnieren von Holz (Kreosotieren) und als Desinfektionsmittel benutzt wird. Man bringt die Lösung aber auch[636] zur Trockne und verarbeitet das Kreosotnatron durch trockne Destillation auf Leuchtgas (Kreosotgas). Als Rückstand bleiben dann natronreiche Koks (Nakronkoks) übrig, denen man das Natron durch Wasser entziehen kann. Steinkohlenkreosot ist gereinigte wasserhaltige Karbolsäure.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 636-637.
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