[43] Madonnenbilder (Marienbilder), gemalte und plastische Darstellungen der Jungfrau Maria mit dem Jesuskinde, die in der Geschichte der christlichen Kunst eine sehr bedeutsame Stelle einnehmen. Die Legende erzählt, daß der Evangelist Lukas das erste Bild der Madonna mit dem Kinde nach dem Leben (s. Lukasbild) gemalt haben soll, weshalb er in mittelalterlichen und modernen Bildern in dieser Tätigkeit dargestellt wird (Gemälde von R. van der Weyden in der Münchener Pinakothek). Die ersten Bilder der Mutter Jesu finden sich, doch nur vereinzelt, in Katakombenmalereien des 2. und 3. Jahrh. Erst seit dem 5. Jahrh. wurden die M. häufiger, und von da ab machte sie die byzantinische Malerei allgemein. Doch ist die Mehrzahl dieser M. durch den Bildersturm vernichtet worden. Aus den Fesseln byzantinischer Starrheit befreite Cimabue zu Ende des 13. Jahrh. die M., und von da ab hat die italienische Malerei und Plastik ihre höchste Aufgabe in Madonnenbildern gesehen, bis Raffael den Typus der Madonna mit dem Kind in zahlreichen Gemälden (Madonna della Sedia, Sixtinische Madonna) zur Vollendung brachte (vgl. auch Heilige Familie). Dem italienischen Schönheitskultus trat bald das schlicht-bürgerliche Empfinden der deutschen Kunst (Dürer und Holbein) gegenüber, in welcher der Marienkultus seinen tiefsten und[43] reinsten Ausdruck gefunden hat. Hier sind besonders der unter dem Namen »das Marienleben« bekannte Zyklus von Holzschnitten von Dürer und die Madonna des Bürgermeisters Meyer von H. Holbein dem Jüngern zu nennen. Eine in der mittelalterlichen Kunst beliebte zyklische Darstellung waren auch die sieben Freuden und die sieben Schmerzen der Maria. Besondere Gruppen bilden die Darstellungen der Madonna mit dem Kind, als Himmelskönigin auf dem Halbmond schwebend (nach Offenbar. Joh., Kap. 12), und die Madonna mit dem Leichnam Christi (s. Pieta). Die Madonna allein kommt häufig auf Darstellungen des Englischen Grußes, der unbefleckten Empfängnis (Murillo), der Mater dolorosa, des Todes Mariä und der Himmelfahrt Mariä vor. Beispiele von Madonnendarstellungen zeigen unsre Tafeln »Bildhauerkunst VII«, Fig. 3, Tafel VIII, Fig. 2, 6, 7 u. 9; Tafel IX, Fig. 1, 5 u. 13; Tafel X, Fig. 6, und Tafel XVII, Fig. 13. Vgl. Gruyer, Les Vierges de Raphael et l'iconographie de la Vierge (Par. 1869, 3 Bde.); Rohault de Fleury, La sainte Vierge (das. 187879, 2 Bde.); A. Schultz, Die Legende vom Leben der Jungfrau Maria und ihre Darstellung in der bildenden Kunst des Mittelalters (Leipz. 1878); Eckl, Die Madonna als Gegenstand christlicher Kunstmalerei und Skulptur (Brixen 1883); Fäh, Das Madonnenideal in den ältern deutschen Schulen (Leipz. 1884); v. Schreibershofen, Die Wandlungen der Mariendarstellung in der bildenden Kunst (Heidelb. 1886); E. Baumbach, Die Madonnendarstellung in der Malerei (2. Aufl., Dresd. 1893); Venturi, La Madonna. Svolgimento artistico delle rappresentazioni della Vergine (Mail. 1899; deutsch von Th. Schreiber, Leipz. 1900); Muñoz, Iconografia della Madonna (Flor. 1905); Rothes, Die Madonna in ihrer Verherrlichung durch die bildende Kunst (Köln 1905).