[652] Mesopotamĭen, in weiterer Bedeutung die ganze Ebene zwischen Euphrat und Tigris (s. Karte »Kleinasien«), in engerer der größere nördliche, von den Arabern El Dschesire (»Insel«) genannte Teil dieser Landschaft, während der südliche unter dem Namen Babylonien (jetzt Irak Arabi) bekannt ist. Schon im Alten Testament führt der von Aramäern (Syriern) bewohnte Nordwesten von M. wegen seiner Lage zwischen Euphrat und Chaboras den rein geographischen Namen Aram Naharaim (»Syrien der beiden Flüsse«); davon scheint der Name M. (»Zwischenstromland«) nur die griechische Übersetzung zu sein, die erst seit Alexander d. Gr. auftritt. Das Land bildet größtenteils eine nach S. sich abdachende Ebene, die besonders am Fuße der Berge einst viel mehr besiedelt und bewaldet war als heute. Von Flüssen sind außer Euphrat und Tigris noch als Nebenflüsse des Euphrat zu nennen: Chaboras (jetzt Chabur), Mygdonios (Dschaghdschagha) und Belichas (Belik). Die merkwürdigsten Produkte Mesopotamiens waren: Amomum und Naphtha. Aus dem Tierreich werden besonders wilde Esel, Gazellen, Strauße und Löwen genannt. Der Norden zerfiel in der Römerzeit in zwei Hauptteile: Osroene im W., mit der Hauptstadt Edessa, von 136 v. Chr. bis 215 n. Chr., wo es römisch wurde, Sitz einer syrischen Dynastie, und Mygdonia im O., mit der Hauptstadt Nisibis, die L. Verus 165 endgültig eroberte. Gegenwärtig steht M. unter türkischer Herrschaft und ist unter die Wilajets Diarbekr, Mosul, Bagdad und Aleppo (Haleb) und das Liwa Zor geteilt. Die Einwohner sind der Hauptmasse nach Araber; nur am Fuß der Gebirge und am Sindschargebirge finden sich Kurden (Jeziden), außerdem wenige Türken, christliche Syrer und Armenier. Am blühendsten war das Land unter der assyrischen und babylonischen Herrschaft. Unter den Arabern ward es Sitz der Kalifen und gelangte nochmals zu hoher Blüte. Erst mit den Einfällen der Seldschuken und Türken begann es zu sinken, und gegenwärtig ist es zum größten Teil eine entvölkerte Wüste. Wissenschaftliche Forschungen in M. unternahm zuerst Karsten Niebuhr (s. d.) 1765. Ihm folgten 1808 Edw. Frederick, 1811 Rich, 1818 Ker Porter, 1824 Keppel, 1827 Buckingham und Mignan, 1834 Fraser, 1840 Wellsted. Über neuere Forschungsreisen vgl. Asien, S. 873. Vgl. aus der neuern Literatur. Harris, From Batum to Baghdad (Lond. 1896); Sachau, Am Euphrat und Tigris (Leipz. 1900); M. v. Oppenheim, Vom Mittelmeer zum Persischen Golf (Berl. 18991900, 2 Bde.); Le Strange, The lands of the Eastern Caliphate, Mesopotamia, etc., from the Moslem conquest to the time of Timur (Lond. 1905).[652]