[64] Schülerreisen. Kleinere Schul- oder Klassenausflüge sind an deutschen Schulen längst eingebürgerte Sitte. Sie dienen teils dem Unterricht (besonders in Heimat- und Naturkunde) als Ergänzung, teils dem gemütlichen Verkehr der Schüler untereinander und mit den Lehrern. Bis zu einem gewissen Grade lassen wohl auch beide Zwecke sich vereinigen, wenn der Ausflug einen landschaftlich, geschichtlich oder naturkundlich merkwürdigen Ort zum Ziele nimmt. Die bessern Verkehrsmittel der Gegenwart luden jedoch längst dazu ein, mit den obern Klassen höherer Schulen, Seminare etc. mehrtägige Reisen zu unternehmen, sei es um diesen die weitere Umgegend des Heimats- oder Schulortes besser bekannt zu machen, um den Kindern der Ebene einen anschaulichen Begriff vom Gebirge zu geben oder den jungen Bergbewohnern Tiefland und Meer zu zeigen. So hat besonders neuerdings der 1898 begründete Deutsche Flottenverein unter freundlichem Entgegenkommen der Marinebehörden und größern Reedereien anregende Schülerfahrten aus dem Inlande nach Hamburg, Bremen, Kiel, Wilhelmshaven etc. veranstaltet, während gleichzeitig wohlwollende Gönner auch den Oberklassen besonders großstädtischer Volksschulen den Besuch nachbarlicher Gebirgslandschaften während der Sommerferien unter Führung von Lehrern und Lehrerinnen ermöglichten. Schließlich ist man auch zu S. ins Ausland fortgeschritten und versucht, solchen Auslandsreisen einen besondern Platz unter den internationalen Erziehungsmitteln anzuweisen. Es ist anzuerkennen, daß derartige Unternehmen bei richtiger Leitung höchst anregend wirken können. Aber trotz aller Vorteile der Gesellschaftsreisen und trotz des anerkennenswerten Instituts der Schülerherbergen (s. Schüler- und Studentenherbergen) werden sich doch leicht ärmere Schüler von weitern Reisen ausschließen müssen, was deren Wert sehr herabsetzt; und dann darf über dem Ferneren nicht das Nähere und Nächste leiden. Hauptaufgabe aller Schulen ist es, in der Jugend gesunden, lebendigen Heimatsinn zu wecken und zu pflegen und nicht abenteuerndes Schweifen ins Weite, dem sie sich nur zu leicht hingibt, zu nähren. Vgl. Conwentz, Die Heimatkunde in der Schule (2. Aufl., Berl. 1906); Fried, Internationale Erziehungsmittel (»Illustrierte Zeitung« vom 6. Aug. 1904, Nr. 3136).