Waldeck-Rousseau

[327] Waldeck-Rousseau, Pierre Marie, franz. Minister, geb. 2. Dez. 1846 in Rennes, gest. 10. Aug. 1904 in Paris, ward Advokat. 1879 in die Deputiertenkammer gewählt, schloß er sich der Union républicaine an und machte sich als Berichterstatter über das Gesetz über die Reform der Magistratur, das er selbst beantragt hatte, bemerklich. Er trat entschieden für die Absetzbarkeit der Richter ein. In den Ministerien Gambetta (1881–82) und Ferry (1883 bis 1885) übernahm er das Portefeuille des Innern. Nachdem er sich längere Zeit von der Politik zurückgezogen, wurde er 7. Okt. 1894 vom Departement Loire mit großer Mehrheit zum Senator gewählt. Bei der Präsidentenwahl im Januar 1895 (nach dem Rücktritt Casimir-Périers) fielen im ersten Wahlgang 184 Stimmen auf ihn, worauf er zugunsten Faures zurücktrat. Im Juni 1899 trat er an die Spitze eines Ministeriums, das nicht allein die Dreyfus-Angelegenheit zu einem befriedigenden Abschluß zu bringen suchte, sondern auch den Kampf gegen deren Urheberin, die klerikal-rückschrittliche Partei, entschlossen, wennschon mit Mäßigung, aufnahm. Nachdem er mit Hilfe der Einigung aller Parteien der Linken die Gegner besiegt und auch die Neuwahlen im Mai 1902 erfolgreich geleitet hatte, zog er sich infolge zunehmender Kränklichkeit zurück. Seine »Discours politiques« erschienen 1889 (neue Ausg. 1894); außerdem veröffentlichte er: »Politique française et étrangère« (1903). Nach seinem Tod erschienen: »Pour la République, 1883–1905« (1905) sowie »L'Etat et la liberté«, anderweite gesammelte Reden 1879–85 (1906, 2 Bde.) und »Plaidoyers« (1906, 2 Bde.). Vgl. G. Deschamps, W., orateur et homme d'Etat (Par. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 327.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: