Faure

[355] Faure (spr. sōr'), 1) Jean Baptiste, franz. Sänger (Bariton), geb. 15. Jan. 1830 in Moulins (Allier), kam frühzeitig als Chorknabe nach Paris, wo er am Konservatorium ausgebildet wurde und 1852 bis 1861 an der Komischen Oper, 1861–75 aber an der Großen Oper engagiert war und außerordentlich gefeiert wurde. Seine Hauptrollen waren Hoël (»Dinorah«), Mephisto, Don Juan, Hamlet und Tell. Auch als Komponist ist er aufgetreten mit einem »Pie Jesu« und mehreren Heften Lieder; 1886 veröffentlichte er ein Studienwerk: »La voix et le chant, traité pratique«, 1890 einen Auszug daraus: »Aux jeunes chanteurs, notes et conseils«. – Seine Gattin Constance [355] Caroline, geborne Lefebvre, geb. 21. Dez. 1828 in Paris, war eine beliebte Sängerin erst der Komischen Oper, später des Théâtre-Lyrique, zog sich aber 1864 von der Bühne zurück.

2) François Félix, Präsident der französischen Republik, geb. 30. Jan. 1841 in Paris, gest. daselbst 16. Febr. 1899, Sohn eines Tapezierers, trat als Lehrling in eine Lohgerberei in Amboise ein, ward später Kommis in Le Havre und errichtete dort ein Ledergeschäft. 1870 war er Kommandant eines Mobilgardenbataillons und wurde von Gambetta zum Ankauf von Waffen und Munition nach England geschickt. Nach dem Kriege wurde er Präsident der Handelskammer und Adjunkt des Bürgermeisters von Le Havre. 1881 wurde er in die Deputiertenkammer gewählt, wo er sich den Opportunisten anschloß, war wiederholt Unterstaatssekretär im Ministerium für Handel und Kolonien und galt in See- und Kolonialangelegenheiten als besonders sachverständig. 1894 übernahm F. das Marineministerium. Nach dem Rücktritt Casimir-Périers wurde er 17. Jan. 1895 in Versailles vom Kongreß zum Präsidenten der Republik gewählt, da die Radikalen nicht den Kandidaten der Gemäßigten (Waldeck-Rousseau), diese nicht den der Radikalen (Brisson) zulassen wollten. Als Präsident neigte er den Klerikal-Nationalisten zu, umgab sich mit fast monarchischem Prunk und ließ die Dreyfus-Angelegenheit sich zu gefährlicher Bedeutung entwickeln. Er schrieb: »Le Havre en 1878« (Havre 1878) und »Les budgets contemporains: Budgets de la France depuis vingt aus et des principaux États d'Europe depuis 1870« (Par. 1887), welches Werk von der Akademie mit einem Preis gekrönt wurde. Vgl. Maillard, Le président F., sa vie commerciale, administrative et politique (Par. 1897); Bluysen, Félix F. intime (das. 1898); Saint-Simonin, Mémoires anecdotiques. Propos de Félix F. (das. 1901; deutsch, Wiesb. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 355-356.
Lizenz:
Faksimiles:
355 | 356
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika