Amădis

[382] Amădis, altspanischer Ritterroman, nach dem Helden so genannt, welcher jedoch ein bloses Gebild der Phantasie ist. Es gibt mehrere Amadisse, welche aber nach der Dichtung alle von einem abstammen; die Bücher, welche deren Thaten u. Abenteuer erzählen, sind aus verschiedener Zeit u. von verschiedenen Verfassern. Der älteste u. ursprüngliche A. ist a) A. v. Gallien, nach seinem Schildeszeichen auch der Löwenritter, u. nach seinem Leben in der Einöde Dunkelschön (Beltenebros, le Beau tenebreux) genannt. Er ist ein Kind der Liebe des sagenhaften Königs Perion von Frankreich u. der Elisena, Tochter Königs Gavinter von Bretagne. Schöpfungen der die Amadisromane auf französischen Boden fortsetzende Romatiker sind: b) A. v. Griechenland, Urenkel des gallischen, Sohn Lisuarts u. der Onoteria; c) A. vom Gestirn, dessen Urgroßvater der Vorigen, dessen Vater Agesilaus, König von Kolchis, dessen Mutter Diana, eine Tochter Florisels u. der Sidonia, Königin von Guindaga, war, u. d) A. v. Trapezunt, Urenkel Florisels, Sohn des Prinzen von Katai, u. der Polyxena. Der eigentliche altspanische Roman besteht aus 14 Büchern. Die 4 ersten handeln von den Thaten A. von Gallien u. sind wahrscheinlich portugiesischen Ursprungs (ihr erster Verfasser soll Vasco de Lobeira, um die Mitte des 14. Jahrh. sein), die spanische Bearbeitung ist von Garcia Ordoñez Montalvo; das 5. von denen Esplandians,[382] ältesten Sohns von A. v. Gallien, auch von Montalvo; das 6. von denen des Ritters Florisando, von Paez de Ribera; das 7. u. 8. von denen Lisuarts u. Perions, von Juan Diaz; das 9. u. 10. von denen Florisels, des A. von Griechenland, u. Anaxartes, von Feliciano de Silva; das 11. u. 12. von denen Rogers von Griechenland u. Silvas de la Silva, von demselben; das 13. von denen Lepolemos u. Leandros, von Pedro de Lujan: das 11. von denen Penalvas, von einem Portugiesen. Der A. wurde sehr bald von Spanien nach Frankreich übergetragen, u. hier nicht blos übersetzt, sondern auch bis auf 24 Bücher fortgesetzt, so enthalten das 15.–21. Buch die Thaten Sphärmonds u. A. vom Gestirn, das 22.–24. die der übrigen Nachkommen des A. von Gallien; Gilbert Saunier fügte noch 7 Bde. hinzu, in welchen die in den früheren Büchern unvollendeten Abenteuer ausgeführt werden. Die ersten 4 Bücher waren ein für damalige Zeit werthvolles Gedicht; sie waren für Spanien das, was die Romane von der Tafelrunde für Frankreich u. England. Alle späteren Ritterromane sind aus demselben hervorgegangen u. Nachbildungen desselben. Sie erhielten sich auch später in Achtung, als die anderen Bücher einer besseren Geschmacksrichtung, bes. durch Cervantes, folgten. Literatur: Los quatrolivros del cavaliero A. de Gaula, Sevilla 1496, u. Ausg. 1526,1532,1556, revidirt von G. M. de Montalbo, Salamanca 1547–75 (mit Hinzufügung des 5.–13. Buchs); Quinto libro del A. de Gaula, Sevilla 1526; A. de Grecia (mit dem 9. Buch des A.), Burgos 1535, Liss. 1596 u. andere spanische Ausgaben. Erste französische Übersetzung von Nicol de Herbarey, Par. 1540–48 (die ersten 8 Bücher) u. Aufl. ebd. 1550,1575, Antw. 1561, 1574 (15 Bücher), im Ausz., Lyon 1582; von Dem. de Lubert 1750, 4 Bde.; vom Grafen Tressan, Par. 1779f., 2 Bde; Creuze de Lesser gab eine metrische Bearbeitung des 1. u. 2. Buchs, Paris 1812, 2 Bde.; eben so William Stewart Rose (Amadis de Gaul, Lond. 1803), wie schon früher Bern. Tasso im Amadigi; deutsch 1.–13. Buch, Frkf. a. M. 1523, u. Ausg. 1587 Fol. (24 Bücher) Mümpelgard u. Frkf. 1590–95; neueste Ausg. v. Mylius, Lpz. 1782, 2 Bde. Wielands Neuer A. hat nur den Titel mit dem alten gemein.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 382-383.
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