Minnehöfe

[299] Minnehöfe (Gerichtshöfe der Liebe, franz. Cours d'amours, ital. Corti od. Parlamenti d'amore, Minnegerichte), scherzhafte Gerichte, welche in Südfrankreich aufkamen, sich aber bald auch über Nordfrankreich verbreiteten u. über die Proben der Liebe sprachen, welche sich liebende Personen einander aufgelegt hatten. Der Vorsitzende hieß Bergfürst (Fürst der Liebe, Prince de Puy). Es wurden Fragen (Tensons od. Tenzons) aufgeworfen u. darüber Processe (Jeux-mi-partis) geführt, z.B. der Streit darüber, ob ein eifersüchtiger Liebhaber, welcher durch den geringsten Anlaß beunruhigt wird, od. ein zuversichtlicher, der gar kein Mißtrauen in die Geliebte setzt, wärmer liebe. Selbst Fürsten, unter welchen sich gewöhnlich der Dauphin u. Graf von Provence befanden, führten bei diesen M-n den Vorsitz; auch findet man bei ihnen die meisten damals bei den Parlamenten gewöhnlichen Ämter. Ihre Aussprüche (Arrêts d'amour, Aresta amorum) sind von den berühmtesten Rechtsgelehrten damaliger Zeit commentirt worden. Bekannt sind folgende M.: der der Ermangarde, Vicomtesse von Narbonne (st. 1193), der der Eleonore von Aquitanien, Gemahlin Ludwigs VII., der der Gräfin von Champagne (st. ums Ende des 12. Jahrh.), der der Gräfin von Flandern (in der Mitte des 12. Jahrh.), der in Pierrefeu u. in Signe, der in Romanin, der in [299] Avignon, der in Lille, der in Tournay u. der in Paris. Gegen das Ende des 14. Jahrh. hörten sie mit Erlöschen des Ritterwesens auf. Noch unter Ludwig XIV. errichtete Richelieu eine Akademie der Liebe (Assemblée galante) in Ruel, wohl Nachahmung jener M., bei welcher Maria, Prinzessin von Gonzaga, präsidirte u. die Scudery die Geschäfte eines Generaladvocaten führte. Mit den M-n sind nicht zu verwechseln die Cours amoureuses unter Karl V. von Frankreich, die blos zur Absicht gehabt zu haben scheinen, die ehrwürdigsten Dinge lächerlich zu machen. Vgl. Rolland, Recherches sur les Cours d'amour, Par. 1768; (E. P. I. Spangenberg), Die M. des Mittelalters, Lpz. 1821; Ebert, Neue Beiträge zu den Untersuchungen über die M., ebd. 1822; Diez, Beiträge zur Kenntniß der romantischen Poesie, Berl. 1825.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 299-300.
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