Probe

[606] Probe, 1) Versuch, welchen man anstellt, um die Beschaffenheit eines Dinges kennen zu lernen; 2) Versuch, welchen man im Kleinen mit Erzen macht, um ihre Beschaffenheit u. vorzüglich ihren Metallgehalt kennen zu lernen; s. Erzprobe; 3) die Untersuchung mit Hülfe der Probirnadel (s.d.), wie viel Gold u. Silber eine Legirung dieser Metalle enthält; daher 4) bei Gold- u. Silberwaaren das mit einem Stempel eingeschlagene Zeichen ihrer Löthigkeit; 5) der Theil von einem Ganzen, woran man die Beschaffenheit des Ganzen erkennt od. untersucht, z.B. Tuch-, Weinproben; 6) das den Tüchern angehängte mit einem Stempel versehene Stück Blei, in so fern es ein Zeichen der Güte derselben ist; 7) grobe Proben Drahtsorten sind die Nr. 4, 5 u. 6; 8) die Handlungen, durch welche Prediger u. Schullehrer vor der Gemeinde, bei welcher sie angestellt werden sollen, ihre Fähigkeit darlegen. Bei den Predigern besteht diese P. in einer Probepredigt in der Localkirche in Gegenwart des Superintendenten od. seines Stellvertreters, bei den Schullehrern in einer Katechisation, Orgelspiel u. Gesang in Gegenwart des Localinspectors. Über das Resultat wird Bericht an die obere Kirchen- od. Schulbehörde erstattet. In manchen Ländern ist P. u. Einführung verbunden; 9) die der wirklichen öffentlichen Aufführung vorhergehende Privataufführung eines Tonstücks; 10) die zu einer theatralischen Darstellung nöthigen Vorübungen des gesammten dabei activen Personals, um Rundung u. Zusammenspiel zu befördern, das Einzelne in ein richtiges Verhältniß zum Ganzen zu stellen u. die Wirkung des Dargestellten zu prüfen. Um sich von dem richtigen Abschreiben der Rollen, der genauen Angabe der Stichwörter u. der nöthigen Scenerie zu unterrichten, auch um declamatorische Fehler u. falsche Ansichten vom Stück u. der vorwaltenden Idee des Dichters sogleich zu berichtigen u. in dieselbe einzudringen, wird zuerst in Deutschland eine Leseprobe gehalten (in Frankreich ersetzt sie das Vorlesen des Stücks vor den versammelten Schauspielern durch den Autor, Lecture de la pièce), bei[606] welcher der Director, Inspicient, Souffleur, auch wohl der Maschinenmeister u. Musikdirector gegenwärtig sein müssen. Auf sie folgt wohl auch eine Arrangirprobe, bei welcher festgesetzt wird, wie das Stück den besten Effect macht, von welcher Seite die Schauspieler in jeder Scene eintreten sollen, welche Decorationen u. Maschinerien angewendet werden, welche Ballets, wenn solche im Stück vorkommen, eingelegt werden sollen. Hierauf werden nach Bedürfniß der Sache mehre Stückproben (Theaterproben), wo das Stück selbst eingeübt wird, angeordnet, bis eine Generalprobe (Hauptprobe), wo die Partien ohne Nachhülfe der Rollen, mit Beachtung der richtigen Declamation u. Mimik vorgetragen werden müssen, diese Proben beschließt. Bei großen Stücken, wo auf die richtige Einwirkung u. Gruppirung der Comparsen, Statisten, auf die Maschinerie u. Trachten viel ankommt, wird zuletzt noch eine Costümeprobe, oft mit voller Beleuchtung des Theaters, gehalten; eigentlich ist dies die Generalprobe. Kommen in ausgezeichneten, klassischen, recitirenden Schauspielen schwierige mimische u. rednerische Scenen vor, so ordnen die dabei betheiligten Künstler oft noch nach der Leseprobe besondere Einstudir- od. Zimmerproben zur größeren Vervollkommnung an. Bei der Oper unterscheidet man nächst den bereits angeführten Proben auch noch Clavierproben, wo die einzelnen Partien beim Clavier daheim geübt werden. Correcturproben sind solche, wo die ausgeschriebenen Stimmen od. Rollen von dem Personal durchgespielt werden, um Fehler des Copisten zu verbessern; sie fallen meist mit der Theaterprobe zusammen; Scenenproben sind Proben, welche wegen neuer Besetzung einer Rolle in einem schon einstudirten Stück gehalten werden; Statistenproben, wo die Comparsen in Scenen, welche sie betreffen, eingeübt werden; Gesangproben, wo nur, mit Begleitung des Orchesters, die Gesangpartien durchgegangen werden, zum Unterschied von Prosaproben, wo die ganze Oper mit allen Zwischenreden durchgenommen wird; ferner: Chor- u. Tanzproben, wo unter Anordnung des Chordirectors u. Balletmeisters das Chor u. das figurirende Personal sich einüben. Bei kleineren Tonstücken übt man diese sogleich gemeinschaftlich mit allen dazu gehörigen Stimmen ein. 11) Werkzeug od. ein Mittel, womit die Beschaffenheit eines Dinges untersucht wird; 12) (Math.), das Verfahren, durch welches man untersucht, ob ein Exempel richtig gerechnet ist; 13) Arten des Gottesurtheils, z.B. P. des heiligen Abendmahls, P. des heißen u. des kalten Wassers, P. des wächsernen Hemdes, s. u. Gottesurtheile E) B) C).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 606-607.
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