Der siebenjährige Krieg

[267] Der siebenjährige Krieg. Da Oestreich den Verlust von Schlesien nicht vergessen konnte, so war es vorauszusehen, daß die Ruhe, welche der Aachner Friede in Europa wieder hergestellt hatte, von keiner langen Dauer sein würde. Und wirklich konnte man auch bald nach diesem Frieden die Absicht des Wiener Hofes nur zu deutlich erkennen, unter den großen Mächten Europens einen Bund zur Unterjochung des Königs von Preußen zu Stande zu bringen. Er vergas seine seit mehrern Jahrhunderten bestandene Feindschaft mit Frankreich, und arbeitete an einer nähern Verbindung mit diesem Reiche; er suchte in Petersburg den Vorstellungen seiner Minister durch Bestechungen Gehör zu verschaffen, und wußte Sachsen durch den Grafen Brühl in sein Interesse zu ziehen. Während das Haus Oestreich diese für Preußen verderblichen Pläne entwarf, waren in Amerika zwischen Frankreich und England neue Gränzstreitigkeiten entstanden, die schon im J. 1755 in öffentliche Feindseligkeiten ausbrachen, und die Flammen des Krieges bis nach Europa herübertrugen. Denn als zu Folge derselben Frankreich die Deutschen Staaten des Königs von England anzugreifen drohte, verband sich dieser im Anfange des J. 1756 mit dem Könige von Preußen, und nur einige Monathe darauf kam auch zwischen Frankreich und Oestreich ein förmliches Bündniß zu Stande, wodurch die bisherige politische Lage von Europa eine ganz neue Gestalt erhielt. Friedrich II. war indeß bei dem Ungewitter, das sich über ihm zusammenzog, kein müßiger Zuschauer geblieben. Durch die geheime Correspondenz eines Sächsischen Canzellisten von den Verhandlungen des Oestreichischen, Russischen und Sächsischen Hofes unterrichtet, rüstete er sich mit aller Macht zum Kampf mit dem gegen ihn verschwornen Europa. Unter diesen Umständen verlangte er von dem Wiener Hofe eine Erklärung über seine Gesinnungen; und da er eine sehr zweideutige Antwort darauf erhielt, so beschloß er, seinen Feinden, die ihre Zurüstungen noch nicht vollendet hatten, zuvorzukommen. Er rückte daher noch im August 1756 mit drei [267] Colonnen in Sachsen ein, wo er sogleich Dresden besetzte, und sich der zu seiner Rechtfertigung dienenden Schriften bemächtigte. Die Sächsische Armee, welche sich, 1 8000 Mann stark, bei dem Einmarsch des Königs in das feste Lager bei Pirna gezogen hatte, wurde eingeschlossen. Da sich aber unterdessen ein Oestreichisches Heer unter dem Feldmarschall Brown in Böhmen versammelt hatte, welches die Befreiung der Sachsen zu beabsichtigen schien, so ging der König, mit Zurücklassung eines zur Einschließung des Sächsischen Lagers hinreichenden Corps, nach Böhmen, wo er den 1. Oct. den Oestreichern bei Lowositz eine Schlacht lieferte, die, ohne ganz entscheidend zu sein, den Feldmarschall Brown doch verhinderte, zur Rettung der Sachsen mitzuwirken, welche sich nunmehr, nach einem vergeblichen Versuch, sich durchzuschlagen, zu Kriegsgefangenen ergeben mußten. Der König bezog darauf in Sachsen die Winterquartiere. Auch der Feldmarschall Schwerin, der von Schlesien aus in Böhmen eingerückt war, ging ebenfalls in dieser Absicht dahin zurück. Der Einmarsch in Sachsen wurde nun von dem Wiener Hofe für einen Bruch des Westphalischen Friedens erklärt, und der Reichstag zu Regensburg dergestalt in Bewegung gesetzt, daß er unverzüglich die Stellung einer Reichsexecutionsarmee gegen den König von Preußen beschließen mußte. Rußland und Frankreich nahmen nunmehr auch, unter dem Vorwand der Gewährleistung jenes Friedens, einen formlichen Antheil an diesem Kriege, und nöthigten noch Schweden zum Beitritt zu demselben. Auf diese Weise standen im Jahr 1757 die größten Mächte Europens, Oestreich, Frankreich, Rußland, Schweden, Sachsen und das Deutsche Reich, im Kampf gegen Friedrich II., der nur an England einen einzigen Alliirten hatte, von welchem er aber in Hinsicht des Landkrieges keine große Unterstützung erwarten durfte. Niemand glaubte, daß er, sich allein überlassen, diesen ungeheuren Kampf bestehen würde; allein sein Genie eröffnete ihm Hülfsquellen, auf welche seine Feinde nicht gerechnet hatten. Schon im April rückte der König in Böhmen ein, und nachdem er sich mit dem Heere des Feldmarschalls Schwerin vereinigt hatte, kam es den 6. Mai bei Prag zu jener mörderischen Schlacht, in welcher die Preußen zwar einen [268] vollständigen, aber freilich mit dem Leben des großen Schwerin ziemlich theuer erkauften Sieg erfochten. Prag wurde sogleich nach dieser Schlacht belagert. Indeß hatte der Feldmarschall Dann eine beträchtliche Armee an der Mährischen Gränze zusammengezogen, mit welcher er diese Festung zu entsetzen drohte. Um dieses zu verhindern, ging der König der Daunschen Armee entgegen, und griff sie den 18. Junius in ihren Verschanzungen auf den Anhöhen bei Kollin an. Allein hier kehrte ihm das Kriegsglück zum ersten Mahl den Rücken zu. Trotz aller Anstrengungen wurde er mit einem Verlust von 10,000 Mann zurückgeschlagen, da mancherlei Fehler vorfielen, von welchen er vielleicht selbst nicht ganz freizusprechen ist. Eine Folge von dieser Schlacht war die Aufhebung der Belagerung von Prag und der Rückzug der Preußen nach Sachsen und der Lausitz, auf welchem sie von den leichten Oestreichischen Truppen sehr beunruhigt wurden. Während dieser Vorfälle in Böhmen waren auch die Franzosen in Deutschland eingefallen, und hatten die Westphälischen, Hessischen und Hannöverischen Staaten überschwemmt; und da die Alliirten, die aus Hannoveranern, Hessen, Preußen und Braunschweigern bestanden, und von dem Herzog von Cumberland befehligt wurden, nach dem unglücklichen Treffen bei Hastenbek bis Stade zurückgedrängt, und durch die schimpfliche Convention zu Kloster Zeeren in Unthätigkeit versetzt worden waren; so bedrohte ein Französisches Heer unter dem Prinzen Soubise, der sich mit der Reichsarmee verband, Sachsen und die Erbstaaten des Königs. Dieser wurde dadurch bewogen, nach Zurücklassung des Herzogs von Bevern in Schlesien, nach Thüringen aufzubrechen. Mit leichter Mühe vertrieb er die Franzosen aus Erfurt. Indeß eilte er auf die Nachricht, daß ein Oestreichisches Corps unter Haddik in die Mark vorgedrungen sei, bis Torgau zurück; allein der schnelle Rückzug dieser Truppen und das neue Vordringen der Franzosen veranlaßten ihn, letztern wieder entgegen zu gehen, bei welcher Gelegenheit die berüchtigte Schlacht bei Roßbach (am 5. Nov.) vorfiel, in welcher die Franzosen und Reichsarmee so geschlagen wurden, daß sie nur in der schnellsten Flucht ihre Rettung zu finden glaubten. Nach diesem Siege eilte der König mit unglaublicher [269] Geschwindigkeit nach Schlesien, wo seine Gegenwart sehr nöthig war, da die Oestreicher, nach der Eroberung von Schweidnitz und Breslau, und nach dem Siege über den Herzog von Bevern, dieses Land schon für völlig erobert ansahen. Allein Friedrich wußte den Sachen bald eine andere Gestalt zu gehen. Mit einer kleinen, durch einen so weiten und schnellen Marsch abgematteten Armee schlug er am 5. Decbr. bei Leuthen das noch einmahl so starke feindliche Heer unter Daun auf das Haupt. Kurz darauf fiel auch Breslau wieder in seine Hände. Durch diese Siege, die den Oestreichern an 50,000 Mann kosteten und ihnen Schlesien wieder entrissen, wurde er seinen Feinden furchtbarer als je. Die Russen hatten diesen Feldzug mit einer Armee von 100,000 Mann eröffnet, die im Monath Junius in Preußen einrückte, aber sich, ungeachtet des Sieges über den Feldmarschall Lehwald bei Jägerndorf, nach Ablauf des Sommers gegen die Pohlnische Gränze zurückzog. Eben so hatten auch die Schweden einiges Glück in Pommern gehabt, da ihnen nur wenige Truppen entgegen gestellt werden konnten. Jedoch wurden ihnen bei Annäherung der Lehwaldschen Armee die erlangten Vortheile sehr bald wieder entrissen; und dieß ist im Kurzen die ganze Geschichte der Schwedischen Thaten im siebenjährigen Kriege. Auf diese Weise war die Lage des Königs am Ende des Jahres günstiger, als die mancherlei erlittenen Unfälle erwarten ließen. – Im folgenden Jahre trat der Prinz Ferdinand von Braunschweig auf; unter ihm befehligte der Erbprinz, nachher regierender Herzog von Braunschweig, welcher in diesem und den folgenden Feldzügen sein militatrisches Genie mit so vielem Ruhm entwickelte. Kaum hatte Ferdinand den durch die Unglücksfälle des vorigen Jahres gesunkenen Muth der Allitrten aufs neue belebt, als er noch im Februar die Franzosen aus Niedersachsen und Westphalen bis über den Rhein zurücktrieb. Nach einer kurzen Erhohlung, die er seinen Truppen von diesem Winter-Feldzug gestatten mußte, ging er im Juni selbst über jenen Fluß, und schlug die Franzosen unter Clermont bei Crefeld. Da sich aber indeß eine andere Französische Armee unter Sonbise in Hessen versammelt hatte, so sah er sich genöthigt, über den Rhein [270] zurückzugehen, wohin ihm auch die Franzosen folgten. Durch 12,000 Engländer verstärkt, wurde er jedoch in den Stand gesetzt, beide feindliche Armeen so weit zurückzudrängen, daß sie jenseits des Rheins und Mains ihre Winterquartiere nehmen mußten. Auch der König war seiner Seits im Winter 1758 nicht müßig geblieben. Nachdem er die Oestreicher aus Schlesien vertrieben und Schweidnitz wieder erobert hatte, rückte er in Mähren ein, und fing (im Mai) die Belagerung von Olmütz an, die er aber (im Julius) bei der Annäherung des Feldmarschalls Daun, und nach dem Verlust eines beträchtlichen Transports von Kriegs- und Mundbedürfnissen, aufbeben mußte. Unterdessen waren die Russen, nach Zurückdrängung der wenigen Preußischen Truppen, die ihnen entgegen gestellt werden konnten, bis in die Neumark vorgedrungen. Dadurch wurde der König bewogen, mit einem Theile der Hauptarmee, die er noch durch das Corps des Generals Dohna verstärkte, zur Rettung seiner Erbstaaten herbeizueilen. In der Gegend von Küstrin traf er das Russische Heer, und da es ihm glückte, dasselbe zu trennen, griff er es den 26. Aug. bei Zorndorf an. Diese blutige Schlacht nöthigte die Russen zum Rückzug nach Pohlen, und gab dem König die Freiheit, sich nach Sachsen zu wenden, wo sein Bruder, der Prinz Heinrich, den Oestreichern nicht mehr gewachsen war. Nachdem er hier den Feldmarschall Keith aus Schlesien an sich gezogen und bereits einige Vortheile über die Oestreicher erhalten hatte, lagerte er sich bei Hochkirch, einem Dorfe in der Oberlausitz, wo er in der Nacht auf den 14. Oct. von Daun überfallen wurde. In dieser unglücklichen Nacht verlor er über 3000 Mann, einen großen Theil seiner Artillerie und, außer mehrern Generalen, den berühmten Keith. Ungeachtet dieser Niederlage wußte Friedrich doch bald wieder seinen Feinden neue Furcht einzujagen. In Schlesien zwang er die Oestreicher, die Belagerung von Neisse aufzuheben, und da er darauf nach Sachsen eilte, trieb er noch den Feldmarschall Daun, welcher Dresden belagerte, nach Böhmen zurück. So sah Friedrich am Ende dieses Feldzuges fast alle seine Staaten, Preußen ausgenommen, von den Feinden gereinigt; denn auch die Schweden, welche anfänglich einige Fortschritte gemacht hatten, waren [271] wieder vertrieben worden. – Zu Anfang des Feldzuges von 1759 konnten die Verbündeten wenig gegen die Franzosen ausrichten, bis endlich Prinz Ferdinand im Monath August den wichtigen Sieg bei Minden über Contades und Broglio erfocht, und der Erbprinz an demselben Tage auch bei Koofeld siegte. Dadurch wurde das Kriegsglück den Alliirten wieder zugewendet, und die Franzosen auf der einen Seite über die Lahn, auf der andern bis an den Rhein zurückgedrängt. Nicht so glücklich war der König; denn obgleich Prinz Heinrich einen glücklichen Zug nach Böhmen ausgeführt und die Reichsarmee aus Sachsen vertrieben hatte, so konnte doch das Vordringen der Russen nicht verhindert werden, da General Wedel, der sich diesem Vordringen widersetzen sollte, bei Züllichau von Soltikow geschlagen worden war. Bei dieser drohenden Gefahr sammelte der König so viele Truppen, als möglich, und rückte in den schnellsten Märschen zur Vertheidigung der Churlande heran. Am 12. Aug. griff er bei Kunnersdorf, unweit Frankfurt, die Russen an: schon hatte er sie geschlagen, und auch sogar Curiers mit den Sieges-Nachrichten nach Berlin und Schlesien abgeschickt, als sich plötzlich das Kriegsglück änderte, und Laudon, der mit 12,000 Oestreichern zu jenen gestoßen war, ihm den Sieg aus den Händen wand, wobei der berühmte Kleist den Heldentod starb. Diese unglückliche Schlacht, die jedoch die Russen sehr theuer erkaufen mußten, würde den König ins Verderben gestürzt haben, wenn die Feinde ihren Sieg zu verfolgen gewußt hätten. Seine Lage war damahls äußerst gefährlich, und brachte ihn fast der Verzweiflung nahe. Die Russen standen als Sieger in seinen Erbstaaten; Daun befand sich mit einem zahlreichen Heere in der Lausitz; Sachsen war von der Reichsarmee überschwemmt. Indessen wurde doch die beabsichtigte Vereinigung der Russen und Oestreicher verhindert, indem Prinz Heinrich die letztern durch Wegnahme ihrer Magazine zum Rückzuge nöthigte, und der König den Russen auf ihrem Marsche nach Schlesien zuvorkam, wodurch sie gezwungen wurden, nach Pohlen zurückzugehen. Nach diesen Ereignissen suchte der König den Krieg wieder nach Sachsen zu spielen, wo ihm durch den General Fink ein neues Unglück widerfuhr, [272] der sich im November mit einem ansehnlichen Corps gefangen nehmen ließ. Allein ungeachtet aller dieser Unglücksfälle waren die Feinde am Ende des Feldzuges fast überall zurückgedrängt. Nur Daun blieb mit seiner Armee in Sachsen stehen, da er Dresden im Besitz hatte. Die Schweden waren auch in diesem Jahre nur alsdann erst mit einigem Glück vorgerückt, als nach der Schlacht bei Cunnersdorf fast alle Truppen aus Pommern zurückgezogen werden mußten, aber noch am Ende des Jahres wieder zurückgetrieben wurden. – Das Jahr 1760 schien den König seinem Untergange näher zu bringen. Seine Feinde hatten eine weit überlegenere Macht auf den Beinen, und wollten damit vereinigt zu Werke gehen; da hingegen seine Truppen durch die vorjährigen Niederlagen und durch einen der schrecklichsten Winter sehr geschmolzen waren. Wirklich wurde er auch Anfangs durch verschiedene Unglücksfälle beunruhigt. General Fouquet mußte sich mit 6000 Mann bei Landshut ergeben; die Festung Glatz ging an die Kaiserlichen über; der König selbst wurde genöthigt, die Belagerung von Dresden aufzuheben, und nach Schlesien zu gehen, wo die Sachen sehr schlecht standen. Unter diesen Umständen suchte er sich bei Liegnitz mit seinen 30,000 Mann zu verschanzen; denn mehr konnte er den 90,000 Oestreichern, die unter Laudon und Dann in seiner Nähe standen und ihn von zwei Seiten anzugreifen drohten, nicht entgegen stellen. Aber trotz der Ueberlegenheit seiner Feinde wußte er Landon den 15. Aug. zu schlagen, ohne daß es Daun verhindern konnte. Während dieses in Schlesien vorfiel, war ein Corps Russen und Oestreicher in die Mark vorgedrungen, und hatte Berlin gebrandschatzt. Um diese abzuschneiden, brach der König eben dahin auf. Da sie sich aber vor seiner Ankunft bereits entfernt hatten, so wendete er sich nach Sachsen, wo die Oestreicher und Reichsarmee den Meister spielten, und da sich auch Daun und Laszy hier vereinigt hatten, so griff er, von der Unvermeidlichkeit einer Schlacht überzeugt, die Feinde den 3. Novbr. bei Torgan an. Durch diese mörderische Schlacht, die nur durch die Unterstützung des tapfern Zieten gewonnen wurde, sah er sich nun in den Stand gesetzt, seine Winterquartiere in Sachsen zu nehmen. Ueberhaupt hatte sich die Lage des Königs von Preußen [273] gegen das Ende des Feldzugs merklich gebessert, indem Laudon auch in Schlesien bis in die Grafschaft Glatz zurückgedrängt worden war, und die Russen, welche nach Pohlen zurückgingen, noch die Belagerung von Colberg aufheben mußten. Der Feldzug gegen die Schweden war auch in diesem Jahre ganz unbedeutend. Die Alliirten hingegen siegten zwar unter dem Erbprinz von Braunschweig bei Kirchheim und Warburg an der Diemel über die Franzosen, konnten aber doch nicht verhindern, daß die letztern mehrere Vortheile erfochten und sich im Hessischen festsetzten. Nach diesem Feldzuge fing man von mehrern Seiten an, ernstlich an den Frieden zu denken; allein Oestreichs Haß gegen Preußen war zu groß, als daß es die Friedensvorschläge, welche die Könige von England und Preußen thaten, hätte annehmen sollen. Der König übernahm daher im J. 1761 die Vertheidigung von Schlesien, wo er jedoch die Vereinigung der Oestreicher und Russen, die endlich im August bei Striegau erfolgte, nicht verhindern konnte. Nichts desto weniger wußte er sich gegen diese ungleich stärkere Macht in seinem Lager bei Schweidnitz so lange zu halten, bis Mangel an Lebensmitteln den größten Theil der Russen nach Pohlen zu gehen nöthigte. Gleichwohl aber konnte er Laudon nicht verhindern, Schweidnitz durch Ueberrumpelung wegzunehmen. In Sachsen war Prinz Heinrich geblieben, um der Daunschen Armee die Spitze zu bieten, und ungeachtet er von derselben sehr in die Enge getrieben wurde, so gelang es ihm doch durch seine Klugheit, sich in diesem Lande zu behaupten. In Pommern waren die Preußen gegen die Russen unglücklich; sie wurden in einzelnen Corps geschlagen, und verloren noch im December die Festung Colberg. Die Schweden hingegen wurden, durch die List des Herrn von Belling öfters besiegt, am Ende bis nach Stralsund zurückgetrieben. Glücklicher als im vorigen Jahre war Prinz Ferdinand mit den Alliirten. Denn obgleich die Franzosen durch ihre größere Anzahl Anfangs mehrere Vortheile erfochten, so wurden ihnen doch durch die klugen Anstalten Ferdinands und durch den Sieg bei Villingshausen die erlangten Vortheile wieder aus den Händen gewunden. So war die Lage der Sachen, als gleich im Anfange des Jahres 1762 ein Curier die Nachricht von [274] dem Tode der Russischen Kaiserin Elisabeth brachte. Ein großes Glück für den Konig von Preußen, der bei der Ueberlegenheit der Feinde, mit welchen er nun schon so viele Jahre gekämpft hatte, am Ende doch wurde haben unterliegen müssen! Der neue Russische Kaiser Peter III., ein persönlicher Freund und Bewunderer Friedrichs II., schloß schon den 16. März einen Waffenstillstand mit demselben, worauf den 5. Mai der Friede zu Petersburg zu Stande kam. Schweden folgte bald nachher dem Beispiel Rußlands. Da das Bemühen Peters III., auch Oestreich zum Frieden zu vermogen, vergeblich war, so verband er sich mit dem Könige, und ließ ein Corps Russen zu den Preußen stoßen. Allein der frühe Tod dieses Kaisers trennte das Bündniß mit Preußen; doch nahm Carharina II., seine Nachfolgerin, keinen Antheil weiter an dem Kriege. Friedrich II., der, auf diese Weise von einem so furchtbaren Feinde befreit, ein großes Uebergewicht über die andern erlangt hatte, eroberte nun Schweidnitz wieder. Prinz Ferdinand schlug die Franzosen bei Wilhelmsthal, und Prinz Heinrich erfocht bei Freiberg über die Oestreicher und Reichsarmee die letzten Lorbeern in diesem Kriege. Denn obgleich der König von Preußen nunmehr im Stande war, sich für die gemachten Aufopferungen durch neue Eroberungen zu entschädigen, so bot er doch die Hand zum Frieden, der den 15. Februar 1763 zwischen Oestreich, Frankreich, Sachsen und Preußen zu Hubertsburg in Sachsen unterzeichnet wurde. Alle Theile erhielten ihre Besizzungen wieder, wie sie vor dem Kriege gewesen waren, aber zum Theil freilich in einem sehr zerrütteten Zustande. Friedrich allein kehrte, mit Ruhm bedeckt, aus diesem Kampfe zurück, da seine Feinde die Absicht, aus welcher sie den Krieg veranlaßt hatten, unerreicht sehen mußten. Aber wie war es möglich, daß dieser König so vielen und so mächtigen Feinden eine so lange Zeit widerstehen konnte? Zur Auflosung dieser Aufgabe können einiger Maaßen folgende Umstände dienen: Da Friedrich II. im Grunde keine Bundesgenossen hatte, so war in allen seinen Unternehmungen mehr Einheit und Plan, als bei seinen Feinden, die ein zu vielseitiges Interesse hatten, und oft durch Uneinigkeit verhindert wurden, von ihren Siegen den gehörigen Nutzen [275] zu ziehen. Nächstdem eröffnete ihm die Eroberung von Sachsen nicht nur große Hülfsquellen an Geld und Mannschaft, sondern entfernte auch den Krieg von seinen Erbstaaten; und endlich verschaffte ihm sein Genie, das ihn so oft aus den mißlichsten Lagen riß, und die Menge trefflicher Feldherren, die den Preußischen Namen verherrlichten, ein großes Uebergewicht über seine Feinde. – Der Seekrieg, welcher schon 1755 zwischen Frankreich und England seinen Anfang genommen hatte, wurde zuerst mit einigem Glück für Frankreich geführt, indem der Herzog von Richelieu im Jahr 1756 den Engländern die Insel Minorca entriß, weshalb der Englische Admiral Bing öffentlich erschossen wurde. Als aber Frankreich seine Kräfte größten Theils auf den Landkrieg verwendete, erhielten die Engländer die Oberhand zur See. Sie waren in Amerika und Ostindien glücklich. Im Jahr 1759 eroberten sie Quebek in Canada, bei welcher Gelegenheit der berühmte General Wolf blieb, der für den größten Englischen General auf dem festen Lande ausgegeben wird. Im folgenden Jahre wurden die Franzosen auch in Ostindien zu Grunde gerichtet, wo der unglückliche Graf Lally befehligte, der wegen dieser Niederlage 5 Jahr nachher hingerichtet wurde. Bei so vielen Unfällen suchte Frankreich seine Zuflucht in einem engern Bündniß mit Spanien, welches, dadurch veranlaßt, 1761 an dem Kriege Theil nahm, und bald darauf auch mit Portugall brach. Da aber die nun vereinigten Mächte Frankreich und Spanien nichts gegen die Engländer ausrichten konnten, diese vielmehr 1762 mehrere Französische Inseln in Amerika eroberten, so wurde endlich Frankreich zum Frieden geneigt gemacht, den auch England wünschte. Nachdem schon am 5 Nov. die Präliminarien zu Fontainebleau unterzeichnet worden waren, wurde den 10. Febr. 1763 der völlige Friede zu Paris abgeschlossen. Frankreich mußte ganz Canada, die Inseln Granada, St. Vincent, Dominique, Tabago, nebst Senegal in Afrika, und Spanien Florida den Engländern abtreten. Der deutschen Angelegenheiten wurde übrigens in diesem Frieden nicht gedacht. Eine lesenswürdige Geschichte des siebenjährigen Krieges haben wir vom Herrn von Archenholz.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 267-277.
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