[64] Amazōnen (die), d.h. Brustlose, waren nach uralter griech. Sage, der wol etwas Geschichtlich-Wahres zum Grunde liegen mag, ein Weibervolk, das keine Männer unter sich duldete, einen eignen Staat bildete und unter der Anführung seiner Königin bewaffnet und beritten in den Krieg zog. Mit den Männern der benachbarten Völkerschaften pflogen sie nur Umgang wegen der Fortpflanzung. Diesen sandten sie auch die Knaben zu, welche sie gebaren; die Mädchen aber erzogen sie zum Kriege und brannten ihnen die rechte Brust aus, damit ihnen diese beim Bogenschießen nicht hinderlich sein möchte. Sie sollen ursprünglich in Afrika gewohnt haben, wo sie unter ihrer Königin Myrina große Eroberungen machten, bis sie von Herkules besiegt wurden, dann nach Asien gezogen sein und lange Zeit an den nordöstl. Küsten des schwarzen Meeres und am Kaukasus einen furchtbaren Staat gebildet, Ephesus gegründet und einst ganz Asien mit Krieg überzogen haben. Hier läßt die Sage schon den Jason mit ihnen und später den Herkules mit ihrer Königin Hippolyte kämpfen und sie tödten. Zur Zeit des Theseus sollen sie unter der Königin Antiope Attika überfallen und unter der Königin Penthesilea Troja zu Hülfe gezogen sein. Auch läßt die Sage ihre Königin Thalestris Alexander dem Großen auf seinem Zuge nach Persien im I. 330 v. Chr. einen Besuch abstatten. Seitdem verlieren sie sich aus der Geschichte; denn was einige Reisende des 16. Jahrh. und selbst in neuerer Zeit von einem Weiberstaate in den kaukasischen Gebirgen, sowie in Südamerika am Flusse Maragnon, der deshalb auch früher Amazonenfluß genannt wurde, erzählten, haben genauere Untersuchungen nicht bestätigt, und es ist das fabelhafte Land der Amazonen, welches auf ältern Landkarten einen Theil Brasiliens und Perus bildet, von denselben verschwunden. – Böhmische Amazonen nennt man die Böhminnen, welche nach dem Tode ihrer Königin Libussa unter Anführung der Wlasta 735 den freilich jetzt ziemlich fabelhaft ausgeschmückten böhm. Krieg anfingen und nach mehren Siegen der List unterlagen.