[64] Ambrosĭus, der Heilige, einer der berühmtesten röm. Kirchenväter, geb. zu Trier um 340, erhielt eine sehr sorgfältige und wissenschaftliche Erziehung, da sein Vater, welcher Statthalter in Gallien war, durch mehre merkwürdige Begebenheiten, welche sich mit dem Sohne in frühester Kindheit zugetragen haben sollten, zu der Überzeugung gekommen war, daß derselbe zu etwas Großem bestimmt sei. A. verfolgte die Laufbahn des Vaters mit solchem Erfolge, daß er bereits 370 zum Statthalter von Ligurien ernannt wurde, der in Mailand seinen Sitz hatte. Bald erwarb er sich die Achtung und Liebe aller seiner Unterthanen und so geschah es, daß er 374 einstimmig zum Bischofe von Mailand erwählt wurde. Hierzu wurden die Parteien, welche sich anfangs durchaus über die Wahl nicht einigen konnten, durch ein Kind veranlaßt, welches zur Versammlung mitgebracht worden war und auf einmal die Worte lallte: »Ambrosius Bischof«. A., der nicht einmal Christ war, suchte die Würde von sich abzulehnen; bezeigte sich hart und grausam, beging sogar öffentlich anstößige Handlungen; doch das Volk ließ [64] sich dadurch nicht irren und rief: »Deine Sünde komme über uns!« Endlich floh er während der Nacht aus Mailand, als er aber am Morgen, wo er sich auf dem Wege nach Pavia glaubte, wieder am Thore von Mailand war, so hielt er dies für ein Zeichen des Himmels, schenkte sein ganzes Vermögen den Armen, ließ sich taufen und ward acht Tage darauf zum Bischof geweiht. Durch sein tadelloses Leben, seine rastlose Thätigkeit, seine Beredtsamkeit und seine zum Theil praktischen Schriften, durch seinen Eifer gegen das Sittenverderbniß, insbesondere der Vornehmen und durch seine Strenge gegen alle Die, welche in ihren Ansichten und Lehren von der einmal angenommenen Lehre der christlichen Kirche abwichen, gewann er sehr bald ein hohes Ansehn und bedeutenden Einfluß auf die Kirche wie auf den Staat, den er auch bis an seinen Tod, im I. 394, bei mehren Gelegenheiten geltend zu machen wußte. Die spätere Legende weiß eine Menge wundervoller Thaten, die er im Leben und nach seinem Tode verrichtet haben soll, weshalb er auch unter die Heiligen aufgenommen und zum Schutzpatron Mailands erhoben wurde. Großes Verdienst erwarb er sich insbesondere durch Abfassung mehrer lat. Kirchenlieder, deren einige, z.B. »Nun kommt der Heiden Heiland« und »Der du bist drei in Einigkeit«, in Umarbeitungen auch in die protestantische Kirche übergegangen sind. Der sogenannte Ambrosianische Lobgesang: »Te Deum laudamus«, d.h. Herr Gott dich loben wir, ist jedoch nicht von ihm, sondern erst aus späterer Zeit. Ihm zu Ehren führt auch die zu Mailand 1609 dem allgemeinen Gebrauche eröffnete Bibliothek den Namen Ambrosianische Bibliothek.