Amor

Amor

[71] Amor, bei den Griechen Eros, der Gott der Liebe, ein Sohn des Mars und der Venus, wird geflügelt dargestellt, mit Bogen, Köcher und Pfeilen und ist den Göttern und Menschen gleich furchtbar, da er deren Herzen, selbst die eigne Mutter nicht schonend, mit seinen Pfeilen durchbohrt und die schmerzenden Wunden der Liebe verursacht.

Häufig verwechselt man ihn mit Cupido, dem als Gott dargestellten Liebesverlangen. Während die frühere Zeit ihn als einen Knaben von vollendeter Schönheit und sanfter Anmuth der Geberde darstellte, bildete man ihn später als einen schlanken, schalkhaften, muntern und beweglichen Knaben, oft auch mit verbundenen Augen. Er weiß die reißendsten und wildesten Thiere, wie Löwen, Seepferde und Leoparden, zu bändigen. Indem er scherzend die Handlungen der Menschen nachahmt, erscheint er bald als Lampen-und Fackelträger, bald als Jäger und Hirt. Dies sowol, wie die Sagen von der Gefangennehmung, Fesselung und Entwaffnung des A. durch Liebende u.s.w. gaben den Dichtern und Künstlern reichlichen Stoff zu lieblichen Darstellungen, welche ihn oft mit dem Anteros, einem Dämon, der Gegenliebe gebietet und verschmähte Liebe rächt, und mit seiner Mutter Venus in Verbindig bringen. Eine der sinnvollsten Dichtungen aber ist die von der Liebe A.'s zur Psyche, einer Königstochter, die wegen ihrer Schönheit und ihres Liebreizes von der Venus als gefährliche Nebenbuhlerin betrachtet ward. Um sich an ihr zu rächen, wußte die Mutter ihren Sohn A. zu bewegen, daß er deren Herz für ein grausiges Ungeheuer entzünde und jeden Freier fern von ihr halte. Psyche wird hierauf zu Folge des Ausspruchs des Orakels, wo sich deren Vater hinsichtlich des Schicksals seiner Tochter Aufschluß erholt hatte, in eine gräßliche Einöde gebracht. Hier findet sie A., und von der feurigsten Liebe gegen sie entbrannt, läßt er durch den Zephyr sie nach seinem Lustschlosse bringen, wo er nur im Dunkel der Nacht zu ihr eilt. Psyche verlebt die glücklichsten Tage, ohne zu wissen, wer ihr Gemahl sei, bis sie ihre Schwestern zu sich kommen läßt, die ihre Neugierde zu erregen wissen. Mit Lampe und Dolch naht sie sich dem schlafenden Gemahl, in der Absicht, wenn er ein Ungeheuer sei, ihn zu ermorden. Da sieht sie den Gott in seiner blühenden Schönheit und von Entzücken berauscht, läßt sie einen Tropfen heißes Öl auf seine Schulter fallen. A. erwacht und flieht, entrüstet über Psyche's Mistrauen; in ihrem Herzen aber bleibt eine unvertilgbare Sehnsucht zurück. Trostlos über den Verlust des Geliebten, beschließt sie ihn aufzusuchen und zu versöhnen, da geräth sie in die Gewalt der Venus, die sie als Sklavin behält und zu den härtesten Arbeiten verurtheilt, welche manches Ähnliche mit denen haben, die im deutschen Volksmärchen der Aschenbrödel auserlegt werden. Doch unterstützt von A., der sie insgeheim noch ebenso feurig als früher liebt, vollbringt sie Alles, ja selbst den schweren Gang nach der Unterwelt, wo sie von der Proserpina eine Büchse mit Schönheitssalbe zu holen hat. Endlich söhnt sich Venus mit ihr aus; auf A.'s Fürbitte wird sie vom Jupiter unter die Zahl der Götter aufgenommen und unter großen Feierlichkeiten mit A. vermählt; ihre neidischen Schwestern aber stürzen sich von einem Felsen herab. Eine ausgezeichnete Darstellung A.'s und der Psyche lieferte Canova im J. 1789.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 71.
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