Apotheke

[99] Apothēke, ein Wort griech. Ursprungs, welches ein Behältniß zur Aufbewahrung von Geräthschaften oder auch eine Vorrathskammer bezeichnet, wird gegenwärtig eine Niederlage von Arzneimitteln genannt, der ein wissenschaftlich gebildeter, vom Staate geprüfter Mann, der Apotheker, vorsteht und in welcher alle nöthigen Arzneistoffe vorräthig gehalten oder nach Vorschrift zubereitet und verkauft werden. Eine wohleingerichtete Apotheke besteht aus verschiedenen Abtheilungen, deren jede ihren besondern Zweck hat, und zwar: 1) aus der Officin oder der eigentlich sogenannten Apotheke, wo die gangbarsten Arzeneien nach einer gewissen Ordnung aufgestellt sind, die Recepte gemacht werden und der Handverkauf stattfindet; 2) dem Laboratorium, in welchem die verschiedenen arzneilichen Zubereitungen oder Präparate verfertigt werden; 3) dem Kräuterboden, der theils zum Trocknen der frischen Pflanzen, theils zur Aufbewahrung der getrockneten dient; 4) einer Vorraths- oder Materialkammer, wo sich sämmtliche Arzneivorräthe befinden und die giftig wirkenden Arzneien in einem besondern Behältnisse verschlossen sind, und 5) einem Keller zur Aufnahme der destillirten Wasser und anderer, an einem kühlen Orte zu verwahrender Arzneien. Ihren Ruf begründet eine Apotheke besonders dadurch, daß kein Mittel, welches nöthig werden könnte, fehlt, daß die vorhandenen Droguen und Präparate rein, echt und vorschriftsmäßig und die erfoderlichen Geräthschaften aller Art in gehöriger Menge und im besten Stande stets vorhanden sind. Der Apotheker muß nicht nur vielseitige und gediegene Kenntnisse in den sogenannten Naturwissenschaften, der Botanik, Physik, Chemie, Mineralogie u.s.w. besitzen, sondern sich auch durch vieljährige Übung die Fertigkeit erworben haben, jedes Heilmittel aus den dazu gehörigen Stoffen herstellen zu können, dabei gewissenhaft, unermüdlich thätig und billigdenkend gegen Arme sein. – Unter Apothekerbuch oder Dispensatorium versteht man die vom Staate ertheilte Vorschrift zur Anschaffung, Verfertigung und Aufbewahrung der Arzneivorräthe in den Apotheken. – Das Apothekergewicht, dessen man sich bei Bestimmung des Gewichts der Arzneien und zwar sowol bei ihrer Verordnung als Zubereitung bedient, unterscheidet sich von dem bürgerlichen Gewichte dadurch, daß ein Pfund des letztern aus 32 Loth oder 16 Unzen besteht, während das Apothekerpfund, welches auch genannt wird, nur 24 [99] Loth oder 12 Unzen hat. Eine Unze Apothekergewichts beträgt ungefähr 2 Loth bürgerlichen Gewichts und besteht wieder aus 8 Drachmen oder Quentchen, eine Drachme aber aus 3 Scrupeln, ein Scrupel aus 20 Gran, sodaß die Unze 480 Gran hat, deren einer so schwer als ein Pfefferkorn ist. – Apothekerzeichen sind für das Pfund das gewöhnliche ℔, für die Unze ℥, für die halbe Unze ℥ß, für die Drachme ʒ, für den Scrupel ℈ und für den Gran gr.

Apotheken, wie wir sie jetzt haben, kannten weder Griechen noch Römer. Zu den Zeiten des Hippokrates, im 5. Jahrh. v. Chr., bereiteten die Ärzte ihre Arzneien selbst und später verkauften sie dieselben in Buden. Als durch die Ärzte in Alexandria eine Theilung der Heilkunde in drei Zweige herbeigeführt worden war, von denen einer allein die Kenntniß der Arzneimittel zum Zweck hatte, beschäftigten sich zwar mehre Ärzte ausschließlich damit, überließen aber nachher die Bereitung der Arzneien und den Handel mit denselben den sogenannten Rhizotomen oder Wurzelgräbern, welche die Arzneipflanzen aufsuchten, unter abergläubischen Gebräuchen zurichteten und unter marktschreierischen Anpreisungen verkauften. Unter den röm. Kaisern jedoch waren es wieder die Ärzte, die das Geschäft der Arzneibereitung besorgten und zum Theil allerhand Unfug damit trieben, indem sie sehr zusammengesetzte Mischungen unter schönklingenden Namen verkauften und sich selbst zu Giftmischereien hergaben. Endlich führte die Anlegung von Krankenhäusern im Morgenlande, um die Mitte des 5. Jahrh. n. Chr., auch zur Einrichtung besonderer medicinischer Waarenlager. Die erste Vorschrift zur Bereitung der Arzneien, Dispensatorium genannt, ward im 9. Jahrh. verfaßt, eine andere zu Bagdad im 12. Jahrh. gegebene diente später den arab. Apotheken zur Richtschnur. Die erste uns bekannte Apotheke legte Harun al Raschid, Khalif zu Bagdad, daselbst an, wie denn überhaupt die Araber sich eifrig mit der Apothekerkunst beschäftigten und auch das Abendland mit dieser Einrichtung bekannt machten. Hier trug zur Föderung derselben vorzüglich die zu Salerno gestiftete medicinische Schule bei. Apotheken oder Stationes, wie man sie nannte, wurden im 12. Jahrh. zu Neapel angelegt, ihre Einrichtung durch besondere Gesetze bestimmt, die Kaiser Friedrich II. noch vermehrte und schärfte, der auch die erste Arzneitaxe gab. Nur in einzelnen Städten aber durften Apotheken errichtet werden und diese standen unter Aufsicht zweier Männer von Ansehn. Wichtige Mittel mußten in Gegenwart geschworener Meister der Kunst bereitet werden, und Betrügereien wurden hart bestraft. In Deutschland und Frankreich wurden erst im 15. Jahrh. eigentliche Apotheken eingerichtet; denn gab es auch früher hier schon Apothecae, so waren dies Laden, wo außer Arzneien auch andere Waaren, besonders - und Specereiwaaren, Eingemachtes, Obst, Farben u.s.w. verkauft wurden. Deshalb hießen selbst Bartschererstuben, Schenken und Conditoreien Apotheken und nicht allein Derjenige, der sich mit der Zubereitung und dem Verkaufe von Arzneien abgab, sondern jeder Krämer, Zuckerbäcker u.s.w. wurde Apotheker genannt. Eine der ältesten Apotheken in Deutschland ist die Löwenapotheke zu Leipzig, welche 1409 gegründet wurde.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 99-100.
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