Archangel

[110] Archangel, eine Statthalterschaft des russ. Reichs von 11,680 ! M. mit etwa 280,000 Einw., liegt im N. Großrußlands und hat das Eismeer und weiße Meer zur nördl. Grenze. Der Boden gestattet nur sehr wenig Anbau, und Waldungen und Viehzucht nebst der Jagd auf Eisbäre, Eisfüchse, Hermeline, Eidervögel u.s.w. und dem Fischfange, welcher sich auf Wallrosse, Seehunde, Lachse, Weise und Heringe erstreckt, bilden die Nahrungsquellen und den Reichthum des Landes, das von Russen, Finnen, Lappen und Samojeden bewohnt wird, von welchen die beiden letztern noch als Nomaden leben und sich vorzüglich von der Rennthierzucht erhalten. Um die heidnischen Samojeden zum christlichen Glauben zu bekehren, wurden zu Folge eines kais. Ukas 1825 Missionaire dahin gesendet, die auch zum Theil ihren Zweck erreicht haben. Die Hauptstadt der Statthalterschaft ist Archangel mit 17,000 Einw., am rechten Ufer der Dwina, zehn Meilen von ihrer Mündung in das weiße Meer. Sie wurde 1584 angelegt und Neu-Kolmogori genannt, brannte aber im folgenden Jahrh. ganz ab, wurde sodann von ausländischen Baumeistern größer und besser wieder aufgeführt und nach dem Erzengel (Archangelos) Michael benannt. Vor der Gründung Petersburgs und der Ausdehnung der russ. Herrschaft an der Ostsee war sie Rußlands wichtigste Handelsstadt, indem sie den Stapelplatz des auswärtigen Verkehrs mit den Russen bildete. Zu Anfange des 17. Jahrh. hatten hier nicht nur die Engländer, sondern auch Holländer und Hansestädte ihre Niederlagen und Factoreien, und noch gegenwärtig bildet sie den Mittelpunkt der Handelsgeschäfte für einen großen Theil des nördl. Rußlands. Ihr schöner, weiter Hafen ist aber bei der Strenge des Klimas nur vom Jul. bis Sept. vom Eise frei; dennoch wird er jährlich von mehr denn 500 Schiffen besucht und der Betrag der Ausfuhr nordischer Producte übertrifft den der Einfuhr in der Regel um mehre Mill. Rubel. Die Häuser der Stadt sind meist von Holz gebaut und selbst die Straßen anstatt des Pflasters mit Bohlen belegt. Sie ist der Sitz eines Erzbischofs und hat 10 griech. und eine evangelische Kirche, ein Mönchskloster mit einem geistlichen Seminar, mehre Fabriken in Leder und Tauwerk, sowie Talg- und Zuckersiedereien. Unter ihren öffentlichen Gebäuden sind das steinerne Kaufhaus und die Schiffswerfte der Marine die merkwürdigsten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 110.
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