Asbest

[127] Asbest (der) ist eine erst in der neuern Zeit besonders wichtig gewordene Steinart. Die vollkommenste Art desselben, der Amianth oder biegsame Asbest, auch Bergflachs genannt und fälschlich oft als Federalaun verkauft, besteht aus meist gräulichweißen, wie Seide glänzenden, oft einen Fuß langen Fasern, die sehr biegsam sind und sich leicht in einzelne, dünnere Fasern theilen lassen. Von dem ihm ähnlichen Fasergyps und dem faserigen Kalk unterscheidet er sich dadurch, daß er im gewöhnlichen Feuer nicht mürbe brennt und den Glanz verliert, vom Federalaun aber dadurch, daß er sich im Wasser nicht auflöst. Der gemeine Asbest ist grobfaserig und nicht biegsam. Schon die alten Römer kannten aus Asbest gewebte Zeuge, die aber bei ihnen in sehr hohem Preise standen und bedienten sich derselben,[127] theils um die Leichen darin zu verbrennen und so deren Asche recht rein zu erhalten, theils zu Tischgedecken, die man, sobald sie beschmuzt waren, oft selbst noch in Gegenwart der Gäste ins Feuer warf, um sie sofort zu reinigen. Noch gegenwärtig gibt es in mehren Gegenden Sibiriens und in den Pyrenäen Asbestwebereien, ja zu Como in Italien werden selbst Spitzen daraus verfertigt. Doch ist es nicht rathsam, dergleichen Gewebe auf der bloßen Haut zu tragen, weil die seinen Fasern bei zu starker Biegung brechen und die Spitzen dann in die Haut sich einstechen. Um aber den Asbest spinnen und weben zu können, wird er erst in Wasser gelegt, dann leicht, damit er nicht zerbricht, geklopft, hernach mit siedendem, hierauf mit kaltem Wasser so lange gewaschen, bis das Wasser klar abfließt; während dessen aber werden die Fasern möglichst auseinander gezogen. Die schnell getrockneten Fäden werden sodann, wie die Wolle, gekämmt und, weil die Asbestfäden für sich allein keinen Halt haben würden, mittels der Spindel über einen seinen Flachsfaden zusammengedreht, wobei die Spinnerin die Finger mit Baumöl netzt. Nachdem man nun dieses Garn, um das Öl wegzubringen, mit heißem Seifenwasser ausgewaschen und, um auch den Flachsfaden zu entfernen, es im Feuer ausgebrannt hat, wird daraus das Zeug möglichst dicht gewebt. Die nutzbarste Anwendung der Asbestgewebe machte in der neuesten Zeit der ital. Physiker, Giorgio Aldini, gest. 1833, indem er sie als feuerfeste Gewänder empfahl. (S. Feuerfest.) Mehre sehr glückliche und den Werth seiner Erfindung außer Zweifel setzende Proben der Zweckdienlichkeit der von ihm angegebenen Kleidung, von welcher sich allgemein geachtete Personen in mehren Hauptstädten Deutschlands überzeugten, machen es wünschenswerth, daß man nicht länger Anstand nehme, bei allen Feuerrettungsanstalten mehre dergleichen Anzüge bereit zu halten, um solche bei vorkommenden Fällen anwenden zu können. Unter Andern verarbeitet man den Asbest auch zu unverbrennlichem Papier, nimmt ihn ferner zu den chemischen Feuerzeugen, um das Vitriolöl gleichmäßig zu vertheilen und setzt ihn in Corsica dem irdenen Geschirr zu, um dies dauerhafter und zugleich leichter zu machen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 127-128.
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