Beleidigung

[214] Beleidigung oder Injurie ist eine jede unbefugte Handlung, wodurch Jemand die Rechte eines Andern hinsichtlich des guten Namens, der Ehre oder Achtung vorsätzlich verletzt. Man unterscheidet gewöhnlich zwischen Realinjurien oder thätlichen, und Verbalinjurien oder wörtlichen Beleidigungen, zu welchen auch alle schriftlichen und durch entehrende bildliche Darstellungen beabsichtigte Beleidigungen gehören; eigentliche Schmähschriften werden jedoch als eine besondere Art betrachtet. Ferner theilt man die Injurien ein in leichte und grobe, zu welchen namentlich Beleidigungen der Kinder gegen ihre Ältern und der Unterthanen gegen den Landesherrn oder die Obrigkeit gerechnet werden. Die Absicht zu beleidigen (animus injuriandi) ist ein wesentliches Erfoderniß zum Begriff der Injurie und sie ist, wenn sie nicht schon offenkundig in den Worten und Handlungen des Beleidigers selbst liegt, von dem vermeintlich Beleidigten zu beweisen. Durch die Erklärung, nicht beleidigen zu wollen, kann eine wirkliche Injurie nicht aufgehoben werden, auch nicht durch die Nennung des Urhebers beim Nacherzählen entehrender Thatsachen. Ob die Wahrheit der ehrenrührigen Behauptung von der Injurienklage befreit, ist unter den Rechtsgelehrten streitig; doch dürfte die bejahende Meinung den Vorzug verdienen, vorausgesetzt, daß keine Ungebührlichkeit in der Art und Weise des Vorbringens der Behauptung vorfällt. – Die gegen Injurien bestehenden Strafen sind theils Privat-, theils öffentliche Strafen. Auf Privatgenugthuung kann geklagt werden entweder durch die sogenannte ästimatorische Klage, in welcher die Injurie zu einer gewissen Geldsumme angeschlagen und geboten wird, den Beklagten zur Zahlung derselben als Entschädigung an den Kläger zu verurtheilen, oder man trägt auf Widerruf, Abbitte, Ehrenerklärung oder auf alles dieses zugleich an. Widerruf findet statt, wenn die Ehrenverletzung durch Andichten unwahrer Thatsachen zugefügt wurde, Abbitte bei andern ganz unzweifelhaften Injurien, und Ehrenerklärung bei erwiesenen beleidigenden Handlungen, bei denen aber die Absicht, zu beleidigen, noch zweifelhaft bleibt. Die öffentlichen Strafen sind der richterlichen Beurtheilung überlassen, wenn nicht besondere rechtliche Bestimmungen darüber vorhanden sind.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 214.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: