Brüderschaften

[331] Brüderschaften (religiöse) sind Verbindungen von Laien zu frommen und wohlthätigen Zwecken, wie sie vorzüglich zahlreich vom 12.–15. Jahrh. entstanden, wo man nichts Verdienstlicheres kannte, als den geistlichen Orden wenigstens nachzuahmen, wenn man ihnen nicht angehören mochte. Solche Brüderschaften wurden theils mit Bewilligung der Kirche gestiftet und genossen dann auch deren Schutz, theils ward ihnen derselbe verweigert, was sie der Ketzerei verdächtig und zum Gegenstand kirchlicher Verfolgungen machte, wie die Beguinen (s.d.) und die Flagellanten oder Geißler (s.d.), die ihnen auch bald erlagen. Andere bestanden viel [331] länger und blühen zum Theil noch, indem ihnen die Verfolgung anerkannt löblicher Zwecke, wie z.B. die Verpflegung und Unterstützung Kranker und Bedrängter überall Schutz und Unterstützung verschaffte. Zu letztern gehören namentlich die Brüderschaften der Büßenden, deren es in Italien und überhaupt im südl. Europa noch sehr viele gibt, welche nach der Farbe ihrer schwarzen, weißen, grauen, grünen, rothen, blauen, violetten und andern Kutten unterschieden werden, deren Schnitt einander gleich ist und welche die ganze Person völlig unkenntlich vermummen. Zu den Zwecken dieser Vereine gehört auch, Verbrechern Religionsunterricht zu ertheilen, sie zum Tode zu begleiten, Verunglückte zu retten und Allen ein christliches Begräbniß zu gewähren, die öffentlich todt gefunden werden. Auch statten mehre derselben Mädchen aus und kaufen Gefangene aus der Sklaverei der Barbaresken los. Gleichen Ursprungs sind auch die barmherzigen Brüder und Schwestern (s.d.), die aber völlig zu Klosterleuten geworden sind. Andere wohlthätige Brüderschaften waren: die Kalandsbrüder (s.d.) in Deutschland; die Brückenbrüder im südl. Frankreich, welche vom 13.–15. Jahrh. bestanden und für Anlegung von Brücken, Fähren, Hospizen und für Verbesserung und Sicherheit der Wege sorgten; die Alexianer, nach dem h. Alexius so genannt, auch Zellbrüder nach ihren Wohnungen in Ordenshäusern, und Lollharden oder Nollharden von ihren leisen Klaggesängen bei Leichenbestattungen geheißen; sie entstanden im 14. Jahrh. in den Niederlanden und von ihnen haben sich noch in einigen niederländ. Orten Brüderschaften zu Begräbnissen erhalten. Mehre Vereine dieser Art zeichneten sich auch blos in Beten und Fasten aus, so die Brüderschaften des Rosenkranzes, Skapuliers, der Gürtel des h. Augustinus und Franziskus u.s.w. Von größerm Nutzen waren die Brüderschaften der Schuhmacher und Schneider, gestiftet zu Paris 1645, um den nichtunterrichteten Lehrlingen beider Gewerbe die nöthige religiöse Belehrung zu verschaffen und überhaupt unter deren Gliedern größere sittliche Bildung zu verbreiten, und die 1678 ebendaselbst gestifteten Brüder und Schwestern der christlichen Schulen des Jesuskindes, die sich durch Anlegung von Freischulen um den in Frankreich vernachlässigten Jugendunterricht viel Verdienste erworben haben.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 331-332.
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