Brüderschaften

[363] Brüderschaften (Confraternitates), Vereine zu religiösen u. wohlthätigen Zwecken unter sich u. für Andere, entweder in Verbindung mit od. neben den Klostervereinen, deren Mitglieder entweder in dem Weltleben blieben (weltliche B.), od. zu gemeinschaftlichem Leben, Annahme einer beständigen Tracht u. Ablegung von Gelübden (geistliche B.). Die weltlichen B. waren A) aus Laien unter sich zusammengesetzt; umfaßten ursprünglich alle Stände u. Gewerbe, sonderten sich später gewöhnlich nach Ständen u. Zünften, verwandelten sich bisweilen in förmliche Mönchsvereine, Ritterorden, geheime Bünde, Secten etc.; wurden zur Reformationszeit von den Jesuiten überall neu belebt u. als ein Hauptdamm gegen weitere Verbreitung des Protestantismus benutzt u. bestehen in katholischen Landen noch jetzt. Die B. bestehen gewöhnlich aus beiden Geschlechtern, haben eine Regel über Zahl u. Form der täglichen Gebete, über bestimmtes Fasten u. Kasteien u. über die zu übende Wohlthätigkeit, mitunter die Verpflichtung zur Pflege der Kranken in Spitälern u. Häusern u. der Leichenbestattung; sind dem Ortspfarrer od. irgend einem Mönchsorden in geistlichen Dingen untergeordnet; haben zu ihrer bürgerlichen Tracht irgend ein Bundeszeichen; erscheinen bei feierlichen Gelegenheiten als Corporation mit eigenen Kreuzen u. Fahnen, nach der Farbe u. dem Schnitt ihrer Kleider, als Weiße, Schwarze Rothe, Blaue, Sackträger-B. etc., im Rang nach den Weltgeistlichen u. Regulirten, unter sich selbst nach päpstlicher od. bischöflicher Bestimmung. Von den fast zahllosen B. sind die vier Haupt-B.: a) B. des Gürtels des St. Franz v. Assisi, gestiftet 1221 von St. Franciscus, über alle Welt verbreitet, trägt bei feierlichen Gelegenheiten eine aschfarbige Kutte mit dickem Strick gegürtet, mit einem höl. ernen Rosenkranz, auf der Brust das Wappen des Franciscanerordens, geht barfuß u. hat ein hölzernes Kreuz in der Hand; im gewöhnlichen Leben bürgerliche Kleidung, jedoch weder schwarz noch weiß u. von grobem Zeug; b) B. des heiligen Rosenkranzes, gestiftet 1221 von St. Dominicus; in viele Branchen getheilt, wovon die eine dafür sorgt, daß durch ihre Mitglieder der Rosenkranz ununterbrochen Jahr aus Jahr ein gebetet werde; ohne äußere Abzeichen im gewöhnlichen Leben; c) B. des ledernen Gürtels des St. Augustin, gestiftet am Ende des 13. Jahrh., weil die heilige Jungfrau, Elias u. wahrscheinlich auch die ersten Menschen einen ledernen Gürtel getragen, Johannes ihn anbefohlen, das geschriebene Gesetz, wie das Gesetz der Gnade, ihn gefordert habe; d) B. des heiligen Scapuliers, gestiftet vom zweiten General der Carmeliter, Simon Stock (Stoch), weil die Heilige Jungfrau den grauen Gürtel als ein im Himmel bes. gern gesehenes u. Befreiung aus der Hölle beförderndes Mittel pries etc. B) Die Verbindung einzelner Laien od. Weltgeistlichen mit einem Kloster, welches sie gegen gewisse Geldspenden u. Grundstücke als Mitbrüder (Fratres conscripti) in das Buch des Lebens (Liber vitae) einschreibt, jährlich Gebete u. Messen für sie verrichtet u. ihnen Theilnahme an allen Verdiensten u. Segnungen verheißt, die es sich durch Gebet, Almosen u.a. gute Werke vor Gott erwerben würde. Seit dem 9. Jahrh. vermehrten Klöster, welche im Geruch besonderer Heiligkeit standen, z.B. St. Gallen, dadurch ihre Besitzungen u. Einkünfte; ja ganze Orden, z.B. die Prämonstratenser, ertheilten solchen freigebigen Gläubigen den geistlichen Mitgenuß ihrer Verdienste vor Gott u. das Recht des freien Eintritts in ihre Klöster. Die Bettelorden stellten förmliche Filiationsbriefe zu verschiedenen Preisen aus, wodurch man einer Provinz od. dem ganzen Orden zur Gemeinschaft dieser Vortheile eingekindet od. verbrüdert wurde.[363]

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 363-364.
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