Caligula

[365] Caligula (Cajus Cäsar Augustus Germanicus), ein durch unerhörte Tyrannei berüchtigter röm. Kaiser, war der Sohn des beim röm. Volke allgemein beliebten Feldherrn Germanicus und erhielt den Namen C. von den Soldaten, weil er, im Lager geboren und aufgewachsen, von dem in Rom üblichen Schuhwerk abweichende Soldatenstiefeln, lat. caligae, trug. C. allein wußte sich bei dem argwöhnischen Kaiser Tiberius, von dem seine Familie größtentheils vertilgt worden war, so einzuschmeicheln, daß er ihn nicht nur mit Ehrenstellen überhäufte, sondern auch nebst dem Tiberius Nero zu seinem Nachfolger bestimmte. Der um seines Vaters willen bei den Römern beliebte C. bestieg jedoch im Jahre 37 allein den Thron, zeigte sich im Anfange als ein gerechter, kluger Herrscher, war mild und edelmüthig gegen seine Feinde, erlaubte den zahlreichen Verbannten zu den Ihrigen zurückzukehren, gab die Staatsgefangenen frei und schlug ihre Prozesse nieder. Das röm. Reich sah schon die Hoffnungen in Erfüllung gehen, die es sich von seinem neuen Gebieter, dem Sohne eines edlen Vaters, machte, als C. acht Monate nach seiner Thronbesteigung in Folge einer Krankheit, welche wahrscheinlich seinen Verstand zerrüttete, plötzlich zum grausamen, blutdürstigen Wütherich ward. Zur Ergötzlichkeit ließ er jetzt während seiner Mahlzeiten bald Schuldige, bald Unschuldige, Vornehme und Geringe unter entsetzlichen Martern hinrichten und wünschte eines Tages dem ganzen röm. Volke nur einen Hals, um es mit einem Streiche abschlachten lassen zu können. In seinem Wahnsinn hielt er sich selbst für einen Gott, ließ sich einen Tempel erbauen, öffentlich Opfer darbringen und wie Jupiter verehren, gleichzeitig aber auch sein Leibpferd, das aus goldenen und elfenbeinernen Gefäßen in einem Marmorstalle gefüttert ward, in das Collegium der Priester aufnehmen, ja wollte es noch zum Consul machen. Über den 31/2 M. breiten Meerbusen zwischen Bajä und Puzzuoli ließ er eine Brücke bauen, die er selbst einweihte, wobei zur Erhöhung der Festlichkeit eine Menge Menschen ins Meer gestürzt wurden, und hielt dann als Überwinder der Natur einen triumphirenden Einzug in Rom. Hierauf zog er mit 200,000 M. gegen die Deutschen zu Felde, war aber kaum über den Rhein, als er, ohne Feinde zu sehen, zurückfloh und da er die Brücke gedrängt voll Soldaten fand, sich über ihre Köpfe wegheben ließ, um nur geschwind das andere Ufer wieder zu erreichen. Gallien wurde jetzt mit beispielloser Habsucht von ihm ausgeplündert und dann ein Feldzug gegen Britannien unternommen, das er aber nie betrat. Nachdem er nämlich am Meeresgestade sein Heer in Schlachtordnung gestellt hatte, bestieg er ein prächtiges Fahrzeug, stieß damit vom Lande, kehrte aber so gleich zurück und befahl den Soldaten, Taschen und Helme mit Muscheln zu füllen, um mit dieser dem Ocean entrissenen Beute das Capitol und seinen Palast zu zieren. Kaum war C. nach Rom zurückgekehrt, als die Hinrichtungen wieder begannen und alle Mittel angewendet wurden, seine Habgier zu befriedigen, ja C. unterhielt sogar öffentliche gemeine Häuser und zog davon die Einkünfte. Es gab überhaupt kein Laster, dem er nicht gefröhnt hätte, bis im I. 41 mehre Verschworene seinem schändlichen Leben ein Ende machten.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 365.
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