Einspritzung

[638] Einspritzung heißt im ärztlichen Sinne, Flüssigkeiten in die natürlichen oder zufälligen Höhlen des Körpers bringen, um örtliche oder allgemeine Wirkungen auf denselben hervorzubringen. Alle flüssigen Substanzen wirken dabei erst durch ihre gemeinschaftlichen natürlichen Eigenschaften; sie dehnen die Kanäle vermöge ihrer Masse und der Kraft, mit welcher sie fortgetrieben werden, aus, erweichen die festen, verdünnen die flüssigen Theile und bewirken, daß diese leichter ausfließen. Andere Wirkungen hängen von der Ausdehnung der Oberflächen, mit denen sie in Berührung gebracht werden, und den besondern Heilkräften der Flüssigkeiten ab, die man dazu verwendet. In ersterer Beziehung unterscheiden sich z.B. Einspritzungen in den Gehörgang, in die Harnröhre u.s.w., von denen in den Darmkanal, in die Blutadern. Mit letztern sind eigenthümliche Übelstände, ja Gefahren verbunden, und sie dürfen daher nur in solchen verzweifelten Fällen gebraucht werden, wo andere Behandlungsarten unzulänglich oder unanwendbar sind, und erfodern daher auch besondere Vorsichtsmaßregeln. Die Instrumente, deren man sich zu Einspritzungen bedient, sind silberne, zinnerne oder hölzerne Spritzen, Injectionsspritzen genannt, und sogenannte Katheter (s.d.) von Silber oder elastischem Gummi. Sie müssen sowol den einzuspritzenden Flüssigkeiten, als auch den Theilen, welche die Einspritzung aufnehmen sollen, entsprechend eingerichtet sein. Noch verdient [638] bei den Einspritzungen in die Blutadern die sogenannte Transfusion des Blutes eine besondere Erwähnung. Darunter versteht man ein Verfahren, vermöge dessen Blut aus den Adern eines lebenden Wesens in die eines andern geleitet werden kann. Man schreibt diesem Verfahren das höchste Alterthum zu, viele datiren es aber von der Mitte des 17. Jahrh., wo es zuerst in England an Thieren versucht, darauf auch in Deutschland bekannt und gerühmt, im Jahre 1666 aber in Frankreich zuerst an Menschen verrichtet wurde. Zu seiner Bewerkstelligung verband man ehemals eine Pulsader eines lebenden Thieres durch eine Röhre mit der Blutader des Thieres oder Menschen, in die man Blut überführen wollte, sodaß durch die Röhre die Operation von selbst vor sich ging. Gegenwärtig entzieht man das Blut mit Hülfe einer Spritze und spritzt es gleich jeder andern Flüssigkeit in eine beliebige Blutader ein. Anfänglich machte diese Transfusion des Blutes großes Aufsehen; man glaubte in ihr ein Schutz- und Heilmittel für alle Krankheiten entdeckt zu haben, Greise verjüngen, ja die Menschen unsterblich machen zu können. Einige mit ihr behandelte und tödtlich abgelaufene Krankheitsfälle bewirkten aber bereits im Jahre 1668 in Frankreich das Verbot, sie nicht ohne Bewilligung der medicinischen Facultät zu Paris zu vollziehen und sie unterblieb daher; neuerdings ist sie namentlich in Berlin, in der asiat. Cholera, jedoch ohne den gehofften Erfolg, angewendet worden. – Anatomische Einspritzungen bestehen darin, daß man in die Gefäße eines Leichnams Substanzen treibt, welche sie, wie z.B. buntes Wachs, ausdehnen und sichtbarer machen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 638-639.
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