Guise

[298] Guise, eine berühmte herzogl. Familie in Frankreich deren Stifter Claude von G., der zweite Sohn des Herzogs [298] Renatus von Lothringen, geb. 1496, war. Derselbe war mit Antoinette von Bourbon, einer franz. Prinzessin, vermählt, wurde 1527 Herzog von G. und starb 1550 allgemein hochgeachtet wegen seiner Tapferkeit und seines ritterlichen Sinnes. Noch höhern Ruhm errang aber sein Sohn Franz G., geb. 1519, le Balafré (d.h. der Benarbte) zubenannt, von einer Wunde im Gesicht, die er 1545 bei der Belagerung von Boulogne erhalten und die ihm eine Narbe zurückgelassen. Er war ein tapferer und immer siegreicher Feldherr im Kampf gegen den deutschen Kaiser Karl V.; auch gegen die Engländer und gegen die franz. Protestanten zeichnete er sich glorreich aus. Die letztern hatten eine Verschwörung gegen ihn gemacht, die er zerstörte, worauf ihn das Parlament mit dem Titel eines Retters des Vaterlandes ehrte. Durch seine Siege und als Gemahl der Schwester des franz. Königs Heinrich II. war G. unter diesem und dem folgenden Könige Franz II. von dem größten Einfluß auf die Regierung Frankreichs. Er war ein eifriger Feind der Protestanten und verfolgte sie mit dem Schwert, wodurch Frankreich in einen blutigen Bürgerkrieg verwickelt wurde. Auf der Seite der Gegner stand namentlich der Prinz Condé, den G. jedoch in der für ihn siegreichen Schlacht bei Dreux 1562 gefangen nahm. Bei der Belagerung von Orleans, welches die Protestanten inne hatten, wurde aber der tapfere Herzog 1563 erschossen. – Der Haß gegen die Protestanten erbte auf seinen Sohn Heinrich, Herzog von G., geb. 1550, fort. Derselbe veranlaßte und leitete die Schrecken der berüchtigten pariser Bluthochzeit (s.d.). Doch stand derselbe auch in dem Rufe großer Tapferkeit und wurde mit seinem Oheim, dem Cardinal von Lothringen, 1576 Stifter der heiligen Ligue, einer Verbindung, welche als ihren Zweck Vertheidigung der Religion, der Freiheit des Staats und des Königs angab, aber von dem Herzog benutzt wurde, um seine eignen ehrgeizigen Pläne zu verfolgen. Er trat endlich in offenem Widerstand gegen die Befehle des Königs Heinrich III. auf und schrieb ihm Gesetze vor. Dieser entledigte sich des gefährlichen Mannes, indem er ihn bei Gelegenheit des Reichstags zu Blois 1588, als er eben das kön. Cabinet betreten wollte, ermorden ließ. Am folgenden Tage wurde auch sein Bruder, der Cardinal Ludwig II. von Lothringen, ermordet. Das berühmte Geschlecht der G. ist 1696 mit Joseph Ludwig von Lothringen, Herzog von G., erloschen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 298-299.
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