Heidelberg

Heidelberg

[356] Heidelberg, eine im Unterrheinkreise des Großherzogthums Baden am linken Ufer des Neckars liegende Stadt mit etwa 12,000 Einw.

Die Umgegend von H. ist überaus reizend. Die Stadt zieht sich zwischen dem Fluß und den hinter ihr liegenden Bergen hin und bildet eine fast eine halbe Stunde lange Straße mit wenigen Nebengassen. Die Berge in Mitternacht und Morgen schützen die Stadt vor den rauhen Nord- und Ostwinden, und daher tritt die schöne Jahrszeit in H. zeitiger ein, als in andern Orten von gleicher geographischer Lage. Die Berge sind oberwärts mit herrlichen Laubwaldungen bedeckt und unterwärts mit Wein bepflanzt. Auf einem dicht hinter der Stadt sich erhebenden Berge liegt das prachtvolle heidelberger Schloß, welches die nachstehende Abbildung darstellt. Dasselbe wurde 1689 von den Franzosen verwüstet und ist unbewohnbar geworden, als es 1764 vom Blitz getroffen wurde. Die ausgebreiteten Ruinen, welche noch übrig geblieben, zeugen von der ehemaligen Ausdehnung und Pracht dieses herrlichen Fürstensitzes. Besonders zeichnet sich der dicke Thurm aus, welcher von 16 F. dickem Mauerwerk umschlossen ist und einen großen Rittersaal mit den Bildnissen der alten Kurfürsten und Pfalzgrafen am Rhein enthält. Man hat in neuerer Zeit diese schönen Ruinen vom Schutt gereinigt und in Anlagen umgewandelt. Im Keller des Schlosses liegt das bekannte große heidelberger Faß (s.d.). Südlich von der Stadt liegt der Königs- oder (seit ihn 1815 Kaiser Franz bestiegen hat) Kaiserstuhl, welcher eine herrliche Aussicht darbietet und jetzt mit einem hohen Thurme ausgestattet ist. Der auf dem rechten Ufer des Neckar liegende Heiligenberg trägt die Ruinen eines Klosters. Über den Neckar führt eine 702 F. lange Brücke. Am bedeutendsten ist H. durch seine Universität, nach Prag die älteste in Deutschland. Sie wurde vom Kurfürsten Ruprecht II. 1386 gestiftet und zeichnete sich durch berühmte Lehrer, sowie durch eine seltene Bibliothek auf das vortheilhafteste aus. Im dreißigjährigen Kriege (1622) plünderte Tilly die Stadt und die berühmte Bibliothek wurde vom Herzog Maximilian von Baiern dem Papste geschenkt und bildete nun in Rom eine Abtheilung der vaticanischen Bibliothek unter dem Namen der Bibliotheca palatina (pfälzische Bibliothek). Eine neue Bibliothek wurde 1703 zu H. gegründet und 1815 gab der Papst aus der Bibliotheca palatina alle für deutsche Literatur und Geschichte wichtigen sehr zahlreichen Handschriften zurück. Gegenwärtig zählt die heidelberger Bibliothek wieder 120,000 Bände und ist in einem eignen Gebäude zweckmäßig aufgestellt. Die Anzahl der Studirenden zu H. beträgt gegenwärtig 5–600. Andere Lehranstalten sind ein Gymnasium und verschiedene Privatunterrichtsanstalten. Eine ausgezeichnete Einrichtung ist ein zur geselligen Unterhaltung 1827 errichtetes Gebäude, welches mit einem Lesecabinet verbunden ist, in dem über 200 Zeitschriften gehaltenwerden. Alle gebildeten Einwohner können an diesem Institut gegen einen [356] mäßigen Beitrag Theil nehmen. Der Handel, namentlich mit Öl, Ölsamen und Taback ist nicht unbedeutend und wird durch die Lage der Stadt begünstigt. Die Gewerbthätigkeit der Stadt ist nicht eben ausgezeichnet. H. soll seinen Ursprung von einem röm. Castell ableiten. Im Mittelalter wurde es die Residenz der Kurfürsten und Pfalz, grasen am Rhein, bis 1720 die Residenz nach Manheim verlegt wurde. H. wurde 1802 von Pfalzbaiern an Baden abgetreten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 356-357.
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