Huhn

Huhn

[419] Huhn (das) ist eine Gattung des sehr ausgebreiteten Geschlechts der hühnerartigen Vögel, welche selbst wieder eine große Anzahl von Arten enthält, die dadurch entstanden sind, daß die Hühner, ähnlich wie der Hund, schon im höchsten Alterthume zu Hausthieren und durch die Zucht auf eine vielfache Weise umgebildet wurden.

In Ostindien gibt es sowol zahme als auch wilde Hühner, welche beide mit unsern Haushühnern viele Ähnlichkeit haben. Es liegt daher die Vermuthung nahe, daß von jenen wilden Hühnern die zahmen ursprünglich abstammen. Bei allen Hühnerarten heißt der männliche Vogel der Hahn, der weibliche vorzugsweise das Huhn oder die Henne. Die Jungen pflegt man Küchen oder Küchlein zu nennen. Namentlich hat man die verschiedenen Hühnerarten von dem Bankivahuhn, welches auch vorzugsweise das wilde [419] Huhn genannt wird, und von dem Riesenhuhn oder Jagohuhn abgeleitet. Das erstgenannte ist in nachstehender Abbildung dargestellt. Es ist, namentlich die Henne, etwas kleiner als das Haushuhn. Der Hahn ist schön gezeichnet. Er hat einen Fleischkamm und Kehllappen lange Hals- und Bürzelfedern von hochgelber Farbe, mit dunkelorangengelben Schattirungen, dunkeln, goldlackbraunen Rücken und dunkele, braungrün schillernde Schwanzfedern; doch ist der Schwanz weniger in die Höhe gerichtet und weniger voll als beim Haushahn. Die Hennen haben auch Fleischkämme und sind grauschwarzbraun und gelbbraun gefärbt mit einer Zeichnung von vielen hellern Zickzacks. Von diesem Huhne sollen abstammen: das allgemein bekannte gemeine Haushuhn; das Haubenhuhn, welches sich durch Größe, durch einen Federbusch, welcher den Kamm fast ganz verbirgt und durch einen dicken Federbart statt der Kehllappen auszeichnet; das engl. Huhn mit langen Füßen und einem Federstraus auf dem Kopfe; das türk. Huhn von weißer Grundfarbe, schwarzem Bauch und Flügeln, schwarzgrünlich am Schwanze und einem farbig gezeichneten Leibe; das Kluthuhn, auch pers., virgin. Huhn, Kaularsch genannt, ohne Schwanzfedern; das Zwerghuhn, auch Kriechhuhn, Cenishühnchen, franz. Rauchfuß u.s.w. genannt, welches nur halb so groß wie das gewöhnliche Huhn wird und kurze, befiederte Füße hat; das Strupphuhn, auch ostfriesländ. Huhn, Straub-, Krullhuhn u.s.w. genannt, welches kleiner als das gemeine Haushuhn ist, lange Sporen, einen hohen Kamm, weiche, halbbogenförmige, nach vorn gekrümmte, gleichsam frisirte Federn hat und zuweilen des Schwanzes entbehrt, und verschiedene vielzehige Racen. Alle diese Arten enthalten wieder, je nach gewissen Eigenthümlichkeiten, eine große Anzahl von Spielarten. – Die zweite der oben erwähnten wahrscheinlich ursprünglichen Hühnerarten, das Jagohuhn, ist weniger bekannt, soll aber von der Größe eines Truthahns sein und lebt in Java und Sumatra. Von ihm werden abgeleitet: das paduanische Huhn (der große welsche Hahn, der Hahn von Caux), welches die Größe eines Auerhahns erreicht und bisweilen 8–10 Pfd. schwer ist, einen kronen- oder wulstartigen doppelten Kamm und eine tiefe rauhe Stimme hat; das tranquebarische Huhn von nicht viel geringerer Größe als das vorige, mit hohen und starken Beinen, und das astrachanische Huhn mit kurzem Schnabel und langen Füßen, welches zuweilen zwei F. hoch wird und große Eier legt. – Die Hühner gehören zu den nutzbarsten Hausthieren. Ihre Eier werden zu unzähligen Speisen benutzt, ihr Fleisch gibt eine wohlschmeckende Speise und die Federn des Hahnes werden von den Federschmückern verbraucht. In dieser Nutzbarkeit und in der Leichtigkeit, mit der sich die Hühner aufziehen lassen, liegt der Grund, daß dieselben in so großer Anzahl in allen, selbst noch in den kleinsten Landwirthschaften, gehalten werden. Wegen der großen Verbreitung der Hühner auf dem Lande war es namentlich in frühern Zeiten Sitte, die Abgabe oder den Zins, welchen die Landleute an die Grundherrschaft zu entrichten hatten, nach Hühnern zu bestimmen, und man nannte solche Hühner Zinshühner. Nach der Gerechtsame, für welche das Huhn entrichtet wurde, hieß es eine Waldhenne, Heerdhenne, Heuhenne, Rauchhenne u.s.w. und [420] nach der Zeit, in welcher es abgeliefert wurde, eine Walpurgishenne, Pfingsthenne, Weihnachtshenne u.s.w. In manchen Gegenden mußten die unverheiratheten Burschen eine Bubenhenne geben, auch mußten sich wol die Mädchen die Erlaubniß zur Heirath mit einer Henne erstehen. Bekannt ist es, daß die Henne vor dem Eierlegen gackert und daß der Hahn besonders am frühen Morgen krähet. Der Hahn ist daher wegen seiner Wachsamkeit bekannt und ebenso wegen seines Stolzes und wegen seiner Tapferkeit. Die Hahnengefechte (s.d.) beruhen auf diesen Eigenschaften. Gute Hennen legen jährlich gegen 100 Eier und darüber, von denen man nur eine kleine Anzahl ausbrüten läßt. (Vergl. Brüten.) Der gemeine Haushahn wird gegen 20 Jahre alt, ist aber zur Zucht nur bis zum achten Jahre brauchbar, während die Hennen nur etwa zehn Jahre alt werden und nur bis zum fünften Jahre brauchbar sind. Sehr alte Hennen werden zuweilen Hähnen ähnlich und bekommen eine Stimme, welche der des Hahnes ähnelt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 419-421.
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