Java

[488] Java, eines der vier großen Sunda-Eilande, liegt südl. vom Äquator, wird auf seiner Südseite vom ind. Oceane bespült, durch die Sundastraße von Sumatra getrennt, und gehört zu den schönsten Inseln der Erde. Es hat einen Flächeninhalt von 2400 ! M. Die Gebirgsgruppen, welche das Land bedecken, sind nach der Südküste zu am höchsten; zwischen ihnen liegen mehre Hochebenen; manche Berge ragen bis zu 12,000 F. empor. Metallreich sind die Gebirge nicht, doch findet man Blei, Kupfer, Zinn und etwas Silber; desto häufiger ist Schwefel, denn die Insel hat eine große Menge (38–46) Vulkane, die zum Theil in ununterbrochener Thätigkeit sind. Der Ardschuna raucht fortwährend und der Idschen warf einst eine so ungeheure Wassermenge aus, daß das ganze zwischen ihm und dem Meere liegende Land auf einer Strecke von 20 Stunden unter Wasser gesetzt wurde. Erdbeben kommen häufig vor und an Mineralquellen ist kein Mangel. Die ganze Insel ist durch zahlreiche Flüsse, unter denen der Solo und der Kediri die größten sind, vortrefflich bewässert. I. hat, weil es so gebirgig ist, eine große Mannichfaltigkeit des Klimas und im Hochlande schneiet und friert es auch. Mit Ausnahme einzelner Strecken, z.B. Batavias und überhaupt der flachen, morastigen Nordküste, gehört die Insel zu den allergesundesten Ländern; jene aber sind dem Europäer höchst verderblich. Auf I. gedeihen die Gewächse aller Zonen, nur die der Polarregion nicht. Im Flachlande wird vorzüglich Reis gebaut, der nebst dem Mais das Hauptnahrungsmittel der Bewohner bildet. Ferner gedeihen herrlich Gerste, alle europ. Küchengewächse und Hülsenfrüchte, Bataten, Zucker, Kaffee, Taback, Pfeffer, Indigo, Baumwolle, Färbe-und Ölpflanzen, viele Palmenarten, alle Südfrüchte ohne Ausnahme, Ingwer, Kardamomen, Ananas, und auch mit dem Anbaue des Thees werden Versuche gemacht. Unter den Bäumen in den Wäldern, welche besonders den Saum der Gebirge und diese selbst bis zu einer bedeutenden Höhe bedecken, nennen wir das zum Schiffbau sich vortrefflich eignende Tikholz und den Upas oder Giftbaum, von welchem [488] früher so Manches gefabelt wurde. Es ist aber jetzt ausgemacht, daß seine Ausdünstung weder tödtet noch den in der Nähe wachsenden Pflanzen schädlich ist; aber aus dem Safte wird ein sehr gefährliches Gift bereitet. Elefanten im wilden Zustande trifft man auf I. nicht; wol aber Tiger, Leoparden, Rhinoceros, Schakals, Damhirsche, Antilopen, viele Affenarten, den Hirscheber oder Babirussa; unter den Vögeln ist der molukkische Kasuar merkwürdig; die Krokodile sind sehr gefährlich und haben mehr Ähnlichkeit mit denen im Nil, als mit denen des Ganges; einige Schlangen sind ungemein giftig; Bienen und eßbare Vogelnester sind in Menge vorhanden. Die Bewohnerzahl von I. beläuft sich gewiß auf fünf Millionen Seelen, ist aber ungleich vertheilt und die Insel könnte wol noch dreimal so viel Menschen ernähren. Die Mehrzahl der Insulaner besteht aus Javanesen, die sich zwar von den eigentlichen Malaien wesentlich unterscheiden, mit Hindus und den zum mongol. Stamme gehörenden Völkern Hinterindiens vermischt sind, aber doch zur malaiischen Race gehören. Sie sind von mittler Größe, meist von hellbrauner Farbe, höflich, verständig, haben ein würdevolles Benehmen, leben vorzüglich von Pflanzenkost, kauen Betel und Areka und rauchen viel Taback. Sie wohnen der Mehrzahl nach in Dörfern, sind alle Mohammedaner, halten den Ackerbau für die edelste Beschäftigung und sind deshalb nie als Seefahrer oder Kaufleute von Bedeutung gewesen. Die Grundlage ihrer wohlklingenden Sprache ist das Sanskrit, und ohne Zweifel hat I. seine alte Gesittung von Indien aus erhalten. Die älteste Religion war der Brahmanismus, auf diesen folgte der Buddhismus, und von der Herrschaft beider zeugen noch eine Menge herrlicher Tempelruinen und Bildsäulen. Im 15. Jahrh. wurde der Islam nach der Insel gebracht und war im 16. bereits herrschend; seitdem hat auch das geringste Dorf seinen eignen mohammedanischen Priester. Außer den Javanesen finden wir etwa 300,000 Chinesen, welche Kaufleute, Handwerker, Künstler und Steuerpächter sind, sodann einige tausend Araber, viele Malaien von allen Inseln des Archipelagus, Sklaven und Europäer, meist Holländer. Diese besuchen I. seit 1594 und gründeten 1618 Batavia. Seitdem erweiterten sie in den steten Fehden und Kriegen ihr Gebiet so, daß jetzt drei Viertheile der Insel ihnen unmittelbar unterworfen und auch die beiden noch übrigen eingeborenen Fürsten, der Susuhunan oder Kaiser von I., der zu Surakerta und der Sultan, der zu Djocjocarta residirt, von ihnen abhängig sind. Die Besitzungen Beider liegen in der Mitte und im Süden des östl. Theils der Insel. Sie regieren despotisch, doch hat der Adel eine Art von Lehnsverfassung; die Justiz wird im Allgemeinen nach dem Koran verwaltet. Das Kriegswesen ist nach Möglichkeit europ. organisirt. Die Holländer haben ihre Besitzungen auf I. mit der Insel Madura in 19 Provinzen getheilt, die unter einem Generalgouverneur stehen, der ein Heer von etwa 10,000 M. zur Verfügung und den Rath von Indien zur Seite hat.

Die unmittelbaren Besitzungen der Holländer, welche jährlich mehr als 12 Millionen Thaler Einkünfte abwerfen und nicht unter Controle der Generalstaaten, sondern unter der Leitung des Königs stehen, haben einen Flächeninhalt von mehr. als 1500 ! M. mit mehr als 3 Millionen Einw. Die Hauptstadt des gesammten niederländ. Indiens und Sitz des Generalgouverneurs ist Batavia am Flusse Dschakatra mit einer sichern und schönen Rhede, vortrefflich zum Handel gelegen, aber immer noch ungesund, obgleich viele Kanäle ausgetrocknet und die Straßen lustiger gemacht sind. Es befinden sich hier ausgedehnte Marinemagazine, wehre hübsche Kirchen, die Gebäude der Harmonie und der Gesellschaft der Wissenschaften und Künste, und ein Theater. Die Europäer, deren nicht mehr als 3–4000 sind, wohnen außerhalb der sehr weitläufigen Stadt, in den lustigen Ortschaften Ryswick und Weltevreden, in welchem letztern Flecker das Militair seine Station hat und wo sich ein herrliches Hospital für Soldaten befindet. Die zahlreichen Kaufleute fahren früh Morgens in die Stadt, wo sie ihre Comtoirs haben, machen ihre Geschäfte möglichst schnell ab und begeben sich dann wieder aufs Land. Es liegt stets eine große Menge von Schiffen im Hafen, welche einheimische Producte abholen und fremde zuführen; doch ist der Handel Batavias, seitdem der engl. Freihafen Sincapore auf der gleichnamigen Insel aufgeblüht ist, nicht mehr so bedeutend als früher. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf höchstens 50–55,000 Seelen, wovon fast die Hälfte Javanesen, 14,000 Chinesen, 19,000 Sklaven sind. Sehr bedeutende Magazine und Werkstätten befinden sich auf der mitten im Hafen liegenden Insel Onrust. Wie furchtbar ungesund früher Batavia war, zeigt die statistisch beglaubigte Thatsache, daß in 22 Jahren (1730–52) auf den verschiedenen Kirchhöfen mehr als 1 Mill. Menschen begraben wurden. In dem einzigen Jahre 1751 starben von der 70,000 Menschen starken Bevölkerung 58,609. Die übrigen wichtigsten Städte der Insel sind folgende: Buitenzorg, ein angenehmer Platz im Binnenlande, der zu den gesundesten in der heißen Zone gehört, mit einem botanischen Garten. Scheribon, eine kleine Handelsstadt, die aber jetzt nicht mehr ihre frühere Bedeutung hat. An der Grenze der Provinz Scheribon liegt der große Wald Dagon oder Dayu-Luhur; die Zweige der hohen Bäume in demselben bilden ein so dichtes Laubdach, daß kein Sonnenstrahl hindurchdringen kann und die Reisenden sich selbst bei Tage der Fackeln bedienen müssen. Samarang, eine blühende Handelsstadt mit 36–40,000 Einw. an der Mündung des gleichnamigen Stromes, hat ein Obergericht und eine Primairschule. Der vormals vortreffliche Hafen ist jetzt wegen der Menge von Sandbänken fast unzugänglich. Surabaya an der Mündung des Kediri, ist nächst Batavia die wichtigste Stadt der Insel, hat etwa 50,000 Einw., eine vortreffliche Rhede, ein Seearsenal, Schiffswerften, eine Münze und eine Primairschule. Das holländ. Quartier ist sehr hübsch gebaut. In der Residentschaft Surabaya liegen die ausgedehnten Trümmer der altjavanischen Hauptstadt Madjapahit. Surakerta, Residenz des Kaisers von I. oder Susuhunan, dessen Besitzungen etwa eine Million Einwohner haben, ist eine große, in javanischem Style erbaute Stadt, d.h. sie besteht aus einer großen Menge zusammenhängender Dörfer und hat etwa 10,000 Einw. Der Theil, welcher von Europäern bewohnt wird, ist durch ein Fort geschützt, in welchem eine holländ. Besatzung liegt. Djocjocarta, die Residenz des Sultans, der über ungefähr 700,000 Menschen gebietet, ist gleichfalls sehr groß und hat wohl an 100,000 Einw. In beiden Ländern findet man eine Menge alter Denkmäler und Ruinen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 488-490.
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