Manier

[46] Manier, Man versteht darunter im gemeinen Leben überhaupt das Benehmen eines Menschen, spricht auch von guten und von schlechten Manieren und nennt Diejenigen manierlich, welche sich der ersten im Umgange befleißigen. Ferner wird Manier die persönlich eigenthümliche oder auch nur Andern nachgeahmte, in irgend einer Hinsicht stets beschränkte oder einseitige Weise genannt, in der Jemand etwas leistet oder hervorbringt, z.B. ein Maler seine Gemälde behandelt, ein Schauspieler seine Rollen gibt, ein Dichter seine Ideen verarbeitet und in Gedichten darstellt. Nun vermag aber keine beschränkte oder einseitige künstlerische Thätigkeit Dem zu entsprechen, was die allgemeinen Gesetze des Schönen und Vollkommenen von künstlerischen Leistungen fodern, nämlich die durchaus wohlgefällig übereinstimmende Anwendung der vorhandenen Kunstmittel zur Erreichung des vorgesetzten Zwecks. Man betrachtet daher die Manier gewöhnlich als etwas Fehlerhaftes und nennt in der Malerei diejenigen tadelnd Manieristen und ihre Werke manierirt, welche große Meister geistlos nachahmen, was oft mit geziert und gekünstelt gleichbedeutend ist. Im gewissen Sinne könnte man auch den größten Künstlern Manier zuschreiben, da sie nicht minder auf eigenthümliche Weise die Mittel der Kunst anwendeten, allein indem sie damit den höchsten Foderungen an ein Kunstwerk entsprachen, hörte diese Eigenthümlichkeit auf, Manier in voriger Bedeutung zu sein und wird vorzugsweise Styl (s.d.) genannt, wofür jedoch mitunter auch Manier gesagt wird. – In der Musik werden Manieren diejenigen Verzierungen eines Musikstücks (Triller, Doppelschlag, Vorschlag, Schleifer u.s.w.) genannt, welche von dem Verfasser entweder durch Zeichen oder kleine Noten angegeben sind, oder von denen es dem vortragenden Sänger und Musiker überlassen bleibt, geeigneten Gebrauch zu machen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 46.
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