Marienburg

[60] Marienburg, befestigte Kreisstadt mit 5600 Einw. im Regierungsbezirk Danzig der preuß. Provinz Preußen, liegt auf einem Hügel am östl. Ufer der Nogat, über welche eine 539 F. lange Schiffbrücke führt, ist der Sitz der Kreisbehörden, hat einige Fabriken wollener Waaren und treibt Handel mit Landesproducten. Geschichtlich merkwürdig ist der Ort als Residenz der Hochmeister des deutschen Ordens, welcher hier zuerst um 1276 eine Burg gründete und nach seiner Schutzheiligen, der Jungfrau Maria, benannte. Von 1306–9 wurde die eigentliche Hochburg aufgeführt und sogleich vom damaligen Hoch- und Deutschmeister, Siegfried von Feuchtwangen, bezogen, später aber und besonders von dem Hochmeister Dietrich von Altenburg, 1335–41, erweitert und verstärkt, die Hauptkirche vergrößert und die Begräbnißkapelle der Hochmeister zu St.-Anna angelegt, sodaß M. nun die prächtigste und festeste von den 100 Landesburgen war und blieb, bis der Verfall des Ordens 1457 M. den Polen überlieferte und der Hochmeister Ulrich von Ellrichshausen schmachvoll daraus vertrieben wurde. Von nun an war M. theils von Jesuiten bewohnt, theils hielten sich poln. Woiwoden und einigemal der poln. Hof dort auf, bevor es 1772 dem preuß. Staat einverleibt ward. Was von dem Schlosse noch bewohnbar war, wurde nun als Caserne, zu Getreidespeichern und zum Theil zu einer Spinnerei benutzt und dadurch immer mehr verunstaltet und dem gänzlichen Verfalle nahe gebracht, dem zuerst Friedrich II. wieder Einhalt that. Seit 1824 ist das Erhaltene, vorzüglich auf Betrieb des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, in seiner alterthümlichen Herrlichkeit wiederhergestellt worden und in der ein offenes Viereck von vier Stockwerk hohen Gebäuden bildenden Hochburg wird besonders der Remter des Meisters, ein 45 F. langer und breiter Saal, dessen Gewölbe auf einem achteckigen, höchst schlanken Granitpfeiler von 26 Zoll im Durchmesser ruht, und der Conventsremter, 96 F. lang und 48 F. breit, bewundert. Völlig erhalten hat sich die Hauptkirche und die St.-Annakapelle; auch sind der sogenannte Buttermilchthurm, welchen die Sage von den Bauern des Dorfs Großlichtenau zur Strafe ihres Hochmuths mit Mörtel erbauen läßt, den sie mit Buttermilch anmachen mußten, und der durch die Vorstädte geführte Mühlgraben merkwürdig, welcher Ähnlichkeit mit den röm. Wasserleitungen hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 60.
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