[63] Markomannen (die), d.h. Grenzbewohner, waren ein angesehenes altdeutsches Volk, das vor Christi Geburt wechselnde Wohnsitze am linken Ufer der Donau und von diesem Strom bis zum Rhein inne hatte, nach Christi Geburt aber vor den andringenden Römern ins innere Deutschland sich zog und unter seinem König Marbod die Bojer im heutigen Böhmen unterwarf oder verdrängte. Marbod war längere Zeit in Rom gewesen, hatte dort röm. Herrschsucht und List eingesogen und beabsichtigte nun die Vereinigung aller Sueven zu einem Reiche, was er durch Stiftung eines Völkerbundes zu erlangen gedachte. Als Haupt desselben übte er eine in Deutschland noch nicht erhörte Gewalt, unterwarf sich die benachbarten Semnonen und Longobarden und gebot über ein krieggeübtes Heer von 70,000 Streitern, das selbst die Römer fürchteten, daher sie zwei Heere unter Tiberius und Sentius von S. und W. her gegen Böhmen sandten. Ein Aufstand der Bewohner von Pannonien und Dalmatien machte aber ihre Gegenwart an den bedrohten Grenzen Italiens nöthiger und Tiberius schloß deshalb im I. 6 n. Chr. mit Marbod Frieden, der nun ruhig dem Kampfe zusah, welchen Hermann und die Cherusker (s.d.) einige Jahre später unter Varus bestanden, und als die Sieger ihm den Kopf des Letztern zusandten, diesen an die Römer auslieferte. Darüber unzufrieden, traten mehre Völker vom markomannischen zu dem von Hermann gestifteten cheruskischen Bunde über, von dem aber auch Inguiomar, der auf Hermann's Ansehen eifersüchtige Oheim desselben, mit einer Schar zu Marbod überging. Endlich kam es zwischen beiden Völkerbünden zum Kriege und eine im I. 19 n. Chr. an den nördl. Abhängen des Erzgebirges gelieferte Hauptschlacht blieb am. ersten Tage unentschieden; am folgenden aber zog Marbod sich auf die Berge zurück, was als Eingeständniß galt, besiegt zu sein, daher seine Anhänger ihn verließen und er in Böhmen Sicherheit suchen mußte. Hier bemächtigte sich bald darauf der Gothe Catualda der obersten Gewalt und Marbod suchte auf röm. Gebiet eine Freistätte, wozu aber Catualda später ebenfalls durch die Hermunduren genöthigt wurde. Verwandte des Marbod geboten nun über die Markomannen, welche erst seit der Regierung des Kaisers Domitian (81–96) wieder Einfälle ins röm. Gebiet unternahmen, unter Marcus Aurelius Antoninus (161–180) aber begann nach 166 der sogenannte Markomannenkrieg, welchen erst sein schwacher Sohn und Nachfolger Commodus durch eiligen Friedensschluß 180 beendigte. Die Einfälle der Markomannen ins röm. Gebiet wurden aber nun immer häufiger; um 259 drangen sie bis in die Nähe von Rom vor und des Kaisers Valerianus Sohn, Gallienus, war froh, sie durch seine Vermählung mit Pipara, der Tochter ihres Führers Attaliskus, zu versöhnen. Doch schon zu Anfang der Regierung des Kaisers Aurelian machten sie um 270 mit andern deutschen Horden wieder ganz Italien zittern; zu Ende des 4. Jahrh. verschwindet aber mit der beginnenden Völkerwanderung ihr Name gänzlich aus der Geschichte.