[108] Memnon nennt eine der dunkelsten Sagen des Alterthums einen Sohn der Aurora (s.d.) und des Tithon, welcher den trojan. König Laomedon zum Vater hatte.
M. wird theils für einen König von Äthiopien, theils der Assyrer gehalten. Durch einen goldenen Weinstock bewog ihn während des trojan. Kriegs der König Priamus, den Trojanern gegen die Griechen beizustehen, wobei aber M. nach manchen Heldenthaten und nachdem er selbst den Achilles verwundet hatte, von diesem getödtet wurde. Auch als Tempel-und Städteerbauer war M. berühmt und die Stadt Susa in Persien ward nach ihm Memnonia genannt, doch gab es an mehren andern Orten in Asien und Ägypten noch Memnonien oder prachtvolle Städte und Bauwerke von außerordentlichem Umfange, den die vorhandenen Ruinen bezeugen. Unsern von solchen und in der Gegend von Kurnah in Oberägypten befinden sich auch die sogenannten Memnonssäulen, zwei sitzende Steinbilder von 60 F. Höhe, deren eines nachstehend abgebildet ist, das Gesicht gegen O. gerichtet, von denen die Landesbewohner die südl. Schama, die nördl. Tama nennen und letztere bei den Alten wegen der wunderbaren Töne berühmt war, mit denen sie freudig die aufgehende, schmerzlich die sinkende Sonne, als M.'s Mutter, täglich begrüßen sollte, und die man bis ins [108] 4. Jahrh. n. Chr. gehört haben will. Man erzählt ferner, daß sie Thränen vergossen und Orakelsprüche ertheilt hätten und wallfahrtete. zu ihnen als zu einem den Göttern besonders heiligen Orte. Die schon im Alterthume theilweise zerstörten und wiederhergestellten Steinbilder, sowie die an den Sitzen derselben angebrachte Bildhauerarbeit und Bilderschrift haben seitdem durch Zeit und Witterung viel gelitten; sie sind etwas gegeneinander geneigt und von den Fußgestellen ist erst in neuerer Zeit der Flugsand wieder weggeräumt worden, welcher sich um dieselben im Laufe vieler Jahrhunderte angehäuft hatte.