Mercur

Mercur

[116] Mercur hieß bei den alten Römern, Hermes bei den Griechen der Gott des Handels und Gedeihens und der Beredtsamkeit, [116] der zugleich Jupiter's Herold, von dem ihn Maja, eine Tochter des Atlas (s.d.) in Arkadien geboren haben sollte, und der Bote der Götter war.

Gewandtheit und Verschlagenheit gehören zu den ihm vorzugsweise zugeschriebenen Eigenschaften und er bewährte dieselben von frühester Jugend an durch so viel Ränke und Entwendungen, daß er auch für den Gott der Diebe ausgegeben worden ist. Freilich galt der listige Diebstahl in den frühesten Zeiten für kein Vergehen, sondern vielmehr als ein Beweis von überlegener Klugheit. So soll M. unter andern dem Apollo die von ihm gehüteten Rinder seines Freundes Admet, der Venus, als sie ihn auf den Schoos genommen, den Gürtel, dem Jupiter den Scepter, dem Neptun den Dreizack entwendet und durch seine Flöte den hundertäugigen Argus, Wächter der in eine weiße Kuh verwandelten Jo, einer Geliebten Jupiter's, eingeschläfert, ihm dann den Kopf abgeschlagen und der schönen Gefangenen die Freiheit verschafft haben. Auch erfand er die Lyra, indem er die hohle Decke einer Schildkröte, weshalb er auch zuweilen mit einer Schildkröte zu den Füßen abgebildet wird, mit den Nerven eines geschlachteten Rindes bespannte, nachher aber dem Apoll schenkte, von dem er dafür die Gabe der Weissagung und den Caduceus, Hermesstab oder Heroldsstab erhielt, einen Stab von Lorber- oder Olivenholz, den M. einst unter zwei miteinander kämpfende Schlangen warf, die ihn sofort friedlich umschlangen. Über oder unter den oben gegeneinander geneigten Schlangenköpfen wurden noch zwei Flügel angebracht und so galt der Stab als Sinnbild des Friedens, welches die Herolde bei den Alten trugen, ist aber jetzt das Wahrzeichen des Handels. Mit dem Caduceus glaubten die Alten ferner, führe M. die Schatten der Verstorbenen in die Unterwelt und nannten ihn davon auch Caducifer. Endlich galt er noch für einen Beschützer der Landstraßen, an denen Standbilder von ihm aufgestellt wurden, die meist nur den Kopf oder zugleich die Brust und einen Theil des Oberleibes vorstellten, nach unten aber in eine viereckig sich zuspitzende Säule endigten und von diesem Fußgestell oder von Hermes Hermen genannt wurden. Gewöhnlich wird er als schlanker Jüngling mit dem Hermesstab dargestellt, mit Flügeln an den Füßen und am Haupte oder an dem Hute, mit dem es bedeckt ist; als Sinnbild der Wachsamkeit wird ihm auch ein Hahn beigesellt oder er hat, auf den Handel deutend, einen Beutel in der Hand. Dem M. wurden von den Alten viele Tempel geweiht und bei den Griechen Hermäa genannte Feste gefeiert; in Rom opferten ihm vorzüglich im Mai die Kaufleute, damit er ihre Geschäfte begünstigen möge. – Der Name Mercur ist auch einem der Planeten, sowie unter den Metallen dem Quecksilber (s.d.) beigelegt worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 116-117.
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