Micklewicz

[135] Micklewicz (Adam), einer der ausgezeichnetsten neuern Dichter Polens, wurde 1798 in Lithauen von armen adeligen Ältern geboren und besuchte seit 1815 die Universität Wilna, wo er sich tüchtige Kenntnisse erwarb und die Liebe zu der Schwester eines Freundes sein dichterisches Talent anregte. Die Verhältnisse aber machten jene zur Gattin eines Andern und M. legte nun in dem Gedicht: »Die Todtenfeier« eine feurige Schilderung seiner unglücklichen Liebe nieder, gab später eine erste Sammlung seiner Gedichte heraus und hatte schon eine Lehrerstelle an der Schule zu Kowno bekleidet, als auch er 1823 mit in die auf Unterdrückung des poln. Volksthums berechneten strengen Maßregeln gegen die Universität Wilna verwickelt, und obgleich durchaus keiner Theilnahme an einer Verschwörung gegen Rußland schuldig befunden, dennoch mit vielen Andern ins Innere von Rußland verwiesen wurde. Während einer Reise ans schwarze Meer dichtete er nun die im Musenalmanach für 1833 durch Gustav Schwab auch ins Deutsche übersetzten trefflichen Sonette, welche ihm mit der Gunst des Fürsten Gallizin, Militairgouverneurs von Moskau, die Gelegenheit verschafften, in dessen Gefolge nach Petersburg zu kommen, wo er als Improvisator oder Stegreifdichter viel Aufsehen machte und 1828 sein patriotisches Epos »Konrad Wallenrod« (deutsch von Kannegießer, Lpz. 1834) herausgab, dessen der russ. Censur entgangene Beziehungen die Polen begeisterten. Während er nach endlich empfangener Erlaubniß, ins Ausland zu reisen, in Italien verweilte, brach 1830 die poln. Revolution aus und die letzten Worte seiner Ode an die Jugend, welche am 30. Nov. am Rathhause zu Warschau zu lesen waren, wurden das Feldgeschrei des begeisterten Volks. M. begab sich nun nach Dresden und folgte 1832 den auswandernden Freiheitskämpfern seines Volks nach Paris, wo er einen vierten Band seiner dort schon früher herausgegebenen gesammelten Dichtungen (der erste Bd., deutsch von C. v. Blankensee, Berl. 1836) erscheinen ließ, der sich meist mit dem Geschicke Polens beschäftigt, was auch von einem gleichzeitigen in biblischem Tone gehaltenen Werke in Prosa gilt, das 1833 auch unter dem Titel »Die Bücher des poln. Volks und der poln. Pilgerschaft«, sowie sein neuestes Epos »Herr Thaddeus« (Lpz., 2 Bde., 1836) ins Deutsche übersetzt worden ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 135.
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