Pfalz [2]

[471] Pfalz (die Ober- und Unter-) hießen zwei Landestheile des ehemaligen deutschen Reiches, von denen die Unterpfalz oder Pfalz am Rhein, auch vorzugsweise die Pfalz genannt, ein Gebiet von 75 ! M. mit 300,000 Einw. zu beiden Seiten des Oberrheins umfaßte und von Mainz, Katzenelnbogen, Würtemberg, Baden, Elsaß, Lothringen und Trier begrenzt wurde. Die Oberpfalz oder bair. Pfalz begriff 130 ! M. mit 280,000 Einw. und war von Böhmen, Baireuth, Neuburg, Bamberg, Baiern und Nürnberg umgeben. Die Pfalz am Rheine entstand aus der schon im 11. Jahrh. mit den Besitzungen der Pfalzgrafen erblich verbundenen Pfalzgrafschaft und kam im Anfange des 13. Jahrh. dadurch an das Haus Baiern, daß Kaiser Friedrich II. den durch Heirath zum Besitz der Pfalz gekommenen Herzog Heinrich, ältesten Sohn Heinrich's des Löwen, in die Acht erklärte, weil er es mit seinem Bruder, dem Gegenkönige Otto IV., hielt und den bair. Herzog Ludwig I. mit der Pfalz belehnte. Zu deren Besitz gelangte aber erst dessen Sohn und Nachfolger Otto II. durch seine Verheirathung mit des Geächteten Tochter Agnes. Von seinen zwei Söhnen bekam bei der von ihnen 1256 vorgenommenen Theilung Ludwig II. die Rheinpfalz mit der Kurwürde und Oberbaiern. Bei einer neuen Theilung zwischen Ludwig II. Söhnen erhielt Rudolf die Pfalz und die Kurwürde und Ludwig Oberbaiern. Letzterer wurde 1314 Kaiser, erbte Niederbaiern und vertrieb seinen ihm feindlichen Bruder, der 1319 in Östreich starb, überließ aber dessen Söhnen durch den Vertrag von Pavia (1329) die Rheinpfalz und einen damals zuerst als Oberpfalz bezeichneten Theil von Baiern. Die Rheinpfalz erhielt um diese Zeit durch den Erwerb von Sulzbach und Neuburg einen Zuwachs, dagegen ward ein Theil der Oberpfalz an Kaiser Karl IV. verkauft, welcher dafür den Vertrag von Pavia aufhob, zufolge dessen Baiern und Pfalz in der Kurwürde abwechseln wollten, und diese der Pfalz allein zusprach, die später noch Zweibrücken, Hornbach, Bergzabern, Simmern und die Grafschaft Kirchberg an sich brachte. Durch die Theilung der vier Söhne Rupert III., der auch Kaiser war, entstanden 1410 die vier Linien: Kurpfalz oder die heidelberger Linie, Neuburg-Sulzbach (Oberpfalz), Mosbach und Zweibrücken-Simmern, an welche letztere nach dem Erlöschen der andern 1559 die Kur kam und die in der Nebenlinie Zweibrücken-Birkenfeld seit 1799 in Baiern (s.d.) regiert. Daß Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz zu Anfange des dreißigjährigen Krieges die böhm. Krone annahm, zog ihm die Acht und den Verlust der Kurwürde in seinen Ländern zu, welche schrecklich verwüstet wurden. Der westfäl Friede gab seinem Sohne Karl Ludwig nur die Rheinpfalz zurück, mit einer neugeschaffenen Kurwürde und dem Erzschatzmeisteramte, die Oberpfalz aber und die ehemalige pfälzische Kurstimme blieben seitdem bei Baiern. Da sein Sohn Karl 1685 ohne Erben starb, kam die Kurwürde an Philipp Wilhelm von der Nebenlinie Pfalz-Neuburg, unter dessen Regierung Ludwig XIV. die Pfalz durch Melac, Monteclas und Crequi aufs schrecklichste verwüsten ließ. Als auch diese Linie 1742 ausstarb, fiel die Kurwürde an Karl Theodor von Pfalz-Sulzbach, welcher 1777 auch Baiern erbte und nun den Bestimmungen des westfäl. Friedens gemäß die alte pfälzische Kurwürde und das Erztruchseßamt wieder annahm, das Erzschatzmeisteramt aber an Kurbraunschweig abtrat. Sein kinderloser Tod berief den Herzog Maximilian Joseph (s.d.) von Pfalz-Zweibrücken zur Regierung, der in Folge der franz. Revolutionskriege die pfälzischen Länder größtentheils an Frankreich abtrat und vertauschte, nach dem pariser Friedensschlusse von 1814 und 1815 aber mit Ausnahme der an Baden, Darmstadt, Nassau, Preußen, Oldenburg (Birkenfeld) und Hessen-Homburg gekommenen Theile, meist zurück erhielt. Sie bildeten bis 1837 den Rheinkreis des Königreichs Baiern, der aber bei der seitdem erfolgten neuen Eintheilung des Landes den erloschenen alten Namen »die Pfalz«, sowie der frühere Regenkreis den der »Oberpfalz mit Regensburg« wieder erhalten hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 471.
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