Pyramide

[599] Pyramīde. Man versteht unter diesem Namen einen geometrischen Körper, welcher von einer ebenen und vieleckigen Grundfläche und so vielen mit ihren Scheitelpunkten sich vereinigenden Dreiecken als Seitenflächen begrenzt wird, wie die Grundfläche Seiten besitzt. Ist diese ein regelmäßiges Vieleck und sind alle Seitendreiecke einander gleich, so heißt die Pyramide eine regulaire oder gleichförmige; die dreiseitigen Pyramiden, welche also ein Dreieck zur Grundfläche haben, werden gewöhnlich Tetraeder genannt. Endigt eine Pyramide nicht mit einer Spitze, sondern mit einer [599] ebenen Fläche, so heißt sie eine abgestumpfte, auch verkürzte. Was mit der Form einer Pyramide Ähnlichkeit hat, wird pyramidenförmig genannt. Als ungeheure Bauwerke des Alterthums berühmt sind die ägyptischen Pyramiden, deren in verschiedenen Gegenden von Mittelägypten sich etwa 40 erhalten haben. Sie sind vierseitig, zum Theil aus gewaltigen Quadern von Kalkstein, seltener von Backsteinen aufgeführt und stehen mit den Seiten genau nach den vier Himmelsgegenden. Unter den mancherlei Meinungen über die Bedeutung dieser merkwürdigen Denkmale scheint die am wahrscheinlichsten, welche sie für Grabmäler ägypt. Könige erklärt, womit nicht nur die erhaltenen Nachrichten alter Schriftsteller, sondern auch die Untersuchung des Innern übereinstimmt, indem man dabei gewöhnlich nur zwei bis drei Kammern und in der geräumigsten derselben einen großen steinernen Sarg mit Gebeinen von Menschen oder heiligen Thieren vorfand. Alle in Ägypten vorhandene Pyramiden werden in fünf Gruppen abgetheilt, von denen die berühmteste Kairo gegenüber am linken Ufer des Nils bei dem von vielen Töpfern bewohnten Städtchen Dschiseh oder Gize sich befindet und die drei größten und ältesten enthält, von denen umstehend eine Ansicht gegeben ist. Die höchste davon ist jetzt ohne Spitze noch 456 F. hoch und nach dem griech. Geschichtschreiber Herodot vom König Cheops aus Steinen aufgeführt, welche vom Gestade des rothen Meeres an den Nil und auf diesem und den zur Zeit der Nilüberschwemmung schiffbaren Kanälen hergeführt wurden, womit 100,000 Menschen innerhalb zehn Jahren 30 Monate lang beschäftigt waren. Mehr als dreimal so viele vollendeten dann in 20 Jahren den Bau selbst und Cheops soll sich durch den dabei geübten Zwang den Haß der Ägypter zugezogen haben. Die zweite soll von des Cheops Bruder Chephren erbaut worden und mit weißem Marmor bekleidet gewesen sein; als Erbauer der viel kleinern dritten wird Mykerinos, der Sohn von Chephren, genannt. Südl. von diesen Pyramiden ragt die große Sphinx (s.d.) aus dem rundum angehäuften Sande hervor. Andere Gruppen von Pyramiden sind die von Mandschelmusa, Sakkarah oder Akanthos, Dagschur und Fejum; außerhalb Ägypten gibt es ähnliche Gebäude in Indien und in Mexico (s.d.). In Rom befindet sich eine 160 F. hohe Pyramide, welche das Grabmal des Cn. Cestius ist und davon die des Cestius heißt und neben welcher der Begräbnißplatz für Protestanten liegt. – Von den Pyramiden von Dschiseh hat auch die Schlacht bei den Pyramiden ihren Namen, welche im Angesicht derselben die Franzosen unter Bonaparte am 21. Jul. 1798 gegen Murad Bei mit 6000 Mamluken und eine noch größere Anzahl von Arabern und Fellahs gewannen. Die nächste Folge dieses Sieges war der Übergang über den Nil und die Besitznahme von Kairo.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 599-600.
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