[762] Rückfall nennt man die Wiederkehr einer Krankheit während der Wiedergenesung von ihr, dagegen Recidiv, ein Wort, welches Viele als gleichbedeutend gebrauchen, die erst nach vollständiger Genesung erfolgende Rückkehr derselben Krankheit bezeichnet. Ein Rückfall tritt ein, sobald Ursachen, welche die kaum gehobene Krankheit hervorzurufen vermögen, von Neuem oder fortwährend einwirken. Dergleichen sind Erkältungen, Misgriffe in der Wahl oder Unmäßigkeit im Genusse selbst erlaubter Speisen und Getränke, körperliche Bewegung oder geistige Beschäftigung bis zur Anstrengung, erschütternde Gemüthsbewegungen, Verordnung unpassender Arzneimittel. Können nun derartige Einwirkungen unter andern Umständen auch anders geartete Krankheiten herbeiführen, so rufen sie doch gern die eben im Verschwinden begriffene zurück, weil durch diese selbst eine besondere Anlage zu ihr begründet worden ist, und ihr Einfluß ist um so mächtiger, je weniger die Genesung bereits vorgeschritten ist. Rückfälle ziehen sich gern in die Länge und sind immer bedenklicher und schwerer zu heilen als die ersten Krankheitsanfälle, weil der schon angegriffene Körper natürlich dem neuen Anfalle weniger Widerstand leisten kann. Nicht alle Krankheiten sind in gleichem Maße befähigt, Rückfälle zu machen, und es gibt deren, wo sie nur in außerordentlich seltenen Fällen vorkommen, wie z.B. die fieberhaften ansteckenden Hautausschläge, Scharlach, Masern u.s.w.; andere dagegen besitzen eine auffallende Geneigtheit dazu, wie z.B. die Wechselfieber. Wegen der doppelt so großen Gefahr, welche ein oder mehre Male erfolgende Rückfälle für die Gesundheit und selbst das Leben mit sich bringen, muß es natürlich eine der wichtigsten Aufgaben für den Arzt sein, dieselben möglichst zu verhüten, was freilich nur gelingen kann, wenn er mit folgsamen Kranken zu thun hat und den Wiedergenesenden nur allmälig zu seiner frühern Lebensweise zurückkehren läßt.