[677] Republik. Dieses aus dem Lateinischen res publica gebildete Wort bezeichnet eigentlich weiter nichts als öffentliches Gemeinwesen, und man kann in diesem Sinne jeden Staat eine Republik nennen. Da indeß die röm. res publica ein Gemeinwesen war, in welchem die oberste Gewalt vom Volke ausging und unter Mehre vertheilt war, so trug man diesen Namen auf alle Staatsformen über, die auf ähnlichen Grundsätzen beruhten. und setzte die Republik derjenigen Staatsform entgegen, nach welcher nur Einer als Herrscher an der Spitze des Staates steht und selbst wenn er durch Wahl zum Throne gelangt ist, doch seiner Würde nicht wieder entsetzt werden kann, sondern unverletzlich und unverantwortlich ist. In einer Republik sind die Inhaber der höchsten Gewalt, es mögen ihrer nun so wenig oder so viel sein als da wollen, stets vom Volke abhängig und ebensowol als Diener des Volkes, wie als Lenker des Staates zu betrachten. Sie müssen daher auch von der Verwaltung ihres Amtes Rechenschaft ablegen Da in der Regel und der Natur der Sache nach die Rechte und die Freiheiten des Volks in einer Republik größer sind, als in einer Monarchie, so hat man sie auch Freistaaten genannt; obwol, wenn man die Geschichte befragt, es nicht an Beispielen fehlt, daß die Despotie auch in Republiken ihren Sitz aufschlagen kann. Historisch betrachtet sind überhaupt die Formen sehr verschieden, unter denen Republiken vorgekommen sind. Bald haben sie sich mehr dem aristokratischen (wie die ehemalige Republik Polen und Venedig, welche reine Aristokratien waren), bald mehr dem demokratischen Principe genähert; in den meisten Fällen sind sie aber ein Gemisch aus beiden. Der Streit über die Vorzüge der republikanischen oder monarchischen Regierungsform, welcher schon durch die erste franz. Revolution mächtig angefacht wurde, ist in neuern Zeiten aufs Neue lebhaft erwacht. Es gibt namentlich in Frankreich, wo die Discussionen über politische Gegenstände ein freies Feld haben, zahlreiche Anhänger der Republik. Sie behaupten, daß die Rechte des Volks, seine bürgerliche und politische Freiheit in einer Monarchie nie die gebührende Anerkennung finden können, und daß eine mit republikanischen Institutionen umgebene Monarchie, als welche Ludwig Philipp die franz. in den Tagen der Julirevolution charakterisirte, nur ein Trugbild sei. Es scheint indeß ausgemacht, daß auch in einem monarchischen Staate, und zwar weit eher als in einer Aristokratie, die menschlichen und bürgerlichen Rechte der Volksgesammtheit geehrt, den politisch Mündigen eine entsprechende Theilnahme an den öffentlichen Angelegenheiten eingeräumt und die Gleichheit aller Staatsangehörigen vor dem Gesetz anerkannt werden kann.
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