Testament [2]

[394] Testament oder letzter Wille (lat. ultima voluntas, testamentum) heißt eine förmliche Verfügung, welche eine Person über ihr Vermögen im Fall ihres Todes trifft, namentlich die Einsetzung eines Erben. In der Regel kann Jeder ein Testament machen, welcher mündig, das heißt wenigstens 14 Jahre alt ist, der nicht gerichtlich als Verschwender erklärt ist und der seines Verstandes mächtig, namentlich bei Aufstellung des Testaments seinen Willen zu erklären im Stande ist. Katholiken, welche das Gelübde der Armuth gethan, Personen (z.B. Eheleute), die in Gütergemeinschaft leben, können kein Testament errichten. In früherer Zeit gab es eine Menge gesetzlicher Beschränkungen des Rechts der letztwilligen Verfügung; gegenwärtig besteht im Allgemeinen nur noch die Beschränkung, daß die natürlichen Erben, als Kinder und Nachkommen, Ältern, Großältern u.s.w. nicht ganz ausgeschlossen werden dürfen. Die gegenwärtig geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Testamente, namentlich über die Bedingungen, unter denen sie gültig sind, beruhen auf dem römischen Rechte, das jedoch durch neuere Bestimmungen modificirt worden ist. So galt im röm. Rechte der Grundsatz, daß ein Testament stets den ganzen Nachlaß umfassen müsse, welcher z.B. in Östreich, Preußen und Sachsen aufgehoben worden ist. In Rom waren die Fremden unfähig, zu testiren (ein gültiges Testament zu hinterlassen), während in Deutschland durch die Constitution Kaiser Friedrich II. alle Fremde testaments-und successionsfähig sind. Nach dem röm. Rechte beruht jedes Testament auf einer förmlichen Übertragung des gesammten Vermögens, durch welche ein Anderer als Erbe in alle übertragbaren Rechte und Pflichten des Testamenterrichters oder Testators tritt. Eine solche Übertragung mußte von sieben ausdrücklich dazu erbetenen gültigen Zeugen ohne Unterbrechung der Handlung geschehen. Vor diesen Zeugen erklärt der Testator seinen Willen entweder mündlich oder so, daß er ihnen eine von ihm unterschriebene Schrift mit der Erklärung vorlegt, daß dieses sein letzter Wille sei. Diese Schrift wird sodann von den Zeugen unterzeichnet und untersiegelt. Kann der Testator nicht schreiben, so muß zur Errichtung eines schriftlichen Testaments noch ein achter Zeuge herzugezogen werden. Ebenso bedarf ein Blinder noch eines achten Zeugen. Ein Testament, welches nicht unter Beobachtung dieser Förmlichkeiten errichtet ist, hat als ungesetzlich (lat. injustum) keine Gültigkeit. Im Testamente muß der Erbe (oder die Erben) bestimmt genannt sein, und wenn der Testator Nachkommen oder Ascendenten hat, so müssen diese Notherben entweder ausdrücklich auf rechtmäßige Weise enterbt oder als Erben eingesetzt werden. Eine gesetzwidrige Enterbung dieser Notherben oder gänzliche Übergehung derselben macht das Testament zu einem nichtigen (lat. testamentum nullum). Daher wird ein Testament auch ungültig, wenn dem Testator später noch ein Kind geboren wird, welches im Testamente nicht erwähnt ist (lat. testamentum ruptum). Ist im Testament sonst ein Pflichttheilsberechtigter (z.B. Bruder oder Schwester) übergangen, so gilt es für unbillig (lat. inofficiosum) und der Pflichttheil kann gegen dasselbe gefodert werden. Verliert der Testator das Recht, zu testiren, so wird sein Testament kraftlos (lat. irritum), und dasselbe ist der Fall, wenn der eingesetzte Erbe in Wegfall kommt und Niemand an seine Stelle tritt (lat. testamentum destitutum). Die äußere Form zur Gültigkeit eines Testaments war auch dann erreicht, wenn es persönlich dem Kaiser überreicht wurde oder wenn es persönlich dem Gerichtsbeamten übergeben und in die öffentlichen Bücher eingetragen wurde. Gegenwärtig können öffentliche Testamente errichtet werden 1) vor dem Regenten oder dessen Stellvertreter sowol mündlich als durch Überreichung einer Schrift, ein nur noch sehr selten vorkommendes Verfahren; 2) vor jedem Gericht oder dessen Deputation, sowol durch Einreichung einer Schrift oder durch mündliche Erklärung zu Protokoll. Sonst war auch ein vor dem Pfarrer und zwei Zeugen errichtetes Testament gültig, die neuern Gesetzgebungen haben dasselbe aber fast überall abgeschafft. Weder bei dem öffentlichen gerichtlichen Testament noch bei dem vorerwähnten, vor Zeugen privatim errichteten braucht der Inhalt des Testaments mitgetheilt zu werden; es genügt die ausdrückliche Erklärung, daß diese Schrift das Testament des Erblassers sei. Für gewisse Fälle sind minder förmliche, sogenannte privilegirte Testamente zugelassen. Das militairische Testament gehört hierher, welches von einem Soldaten während eines Feldzugs errichtet werden kann und das noch ein Jahr nach seiner ehrenvollen Entlassung Gültigkeit behält. Zur Gültigkeit desselben genügen zwei Zeugen oder die Handschrift des Testators, die letzte jedoch nur, wenn er sich in Lebensgefahr befand. Zu den privilegirten Testamenten gehören ferner die Testamente zum Besten milder Stiftungen, welche auch nur zweier Zeugen bedürfen; die Testamente, welche auf dem Lande errichtet werden, bei welchen fünf Zeugen genügen; die Testamente zur Zeit einer ansteckenden Krankheit, bei welchen die Einheit der Handlung nicht beobachtet zu werden braucht, und die Testamente der Ältern unter Kinder, bei welchen gar kein Zeuge, sondern nur die eigenhändige Schrift erfoderlich ist. Jedes Testament kann zurückgenommen werden, wenn nicht durch einen Vertrag ein unwiderrufliches Erbrecht erworben worden ist. Ein neues Testament macht ein älteres ungültig, doch kann durch bloße mündliche Erklärung kein Testament ungültig gemacht werden. Die Eröffnung des Testaments kann sogleich nach dem Tode des Testators geschehen und zwar auf Veranlassung jedes bei dem Testamente Interessirten. Unterbleibt indeß auch längere Zeit die Eröffnung, so wird dadurch das Testament nicht ungültig. Bei blos mündlich errichteten Testamenten geschieht die Eröffnung durch Abhörung der Zeugen. Zur Regulirung des Erbrechts nach den Vorschriften [394] des Testaments wird häufig ein Testamentsvollstrecker (lat. executor testamenti) ernannt, und zwar entweder durch das Testament selbst, oder durch die Interessenten, oder durch das Gesetz, oder den Richter.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 394-395.
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