Welcker

[687] Welcker (Karl Theodor), großherzogl. bad. Hofrath und Professor der Rechte in Freiburg, einer der eifrigsten patriotischen Wortführer unter den Abgeordneten der bad. Kammer, geb. 1790 zu Grünberg im Großherzogthume Hessen, studirte von 1807–11 in Gießen und Heidelberg die Rechte und wurde 1813 Privatdocent, 1814 außerordentlicher Professor in Gießen. Seit 1815 als ordentlicher Professor in Kiel angestellt, wirkte er im Verein mit ausgezeichneten Männern für den Fortschritt im Staatsleben, nicht ohne heftige Streitigkeiten mit einer Partei in Preußen, welche dem Veralteten und Verbrauchten das Wort redete. Der ihm von der dän. Regierung gewährten Anerkennung ungeachtet folgte W. einem Rufe nach Heidelberg, das er aber sehr schnell (1819) mit Bonn vertauschte. Schon in den Universitätsjahren hatte W. zu den begeisterten Anhängern der Ideen gehört, welche die spätere Burschenschaft vorbereiten halfen, und 1814 sprach er in der zu Gießen vor einer zahlreichen Versammlung gehaltenen Rede »Deutschlands [687] Freiheit« seine freisinnigen politischen Ansichten aus. Dem ihm dafür auch brieflich gezollten Beifall ausgezeichneter Staatsmänner gesellte sich freilich auch die Abneigung der zahlreichen Gegner des politischen Fortschrittes zu, und so ward es denn um so leichter, W. auf vereinzelte Äußerungen in seinen Vorträgen und selbst im Privatgespräch hin, mit in die Untersuchungen wegen demagogischer Umtriebe zu verwickeln. Den Verlauf der Sache schilderte er in seiner »Actenmäßigen Vertheidigung wider die Verdächtigung der Theilnahme an demagogischen Umtrieben« (2 Abthl., Stuttg. 1823–24) und verließ gern Bonn, als ihm eine vortheilhafte Stelle an der Universität Freiburg angeboten wurde. Neben seinen wissenschaftlichen Bestrebungen nahm W. besonders seit 1830 den lebhaftesten Antheil am öffentlichen Leben, überschickte. im Dec. 1830 dem Bundestage seine gedruckte Petition »Die vollkommene und ganze Preßfreiheit« (Freib. 1830) und half als Abgeordneter beim bad. Landtage (seit 1831) zahlreiche Verbesserungen und nützliche Einrichtungen ins Leben rufen. Als die Preßfreiheit 1832 in Baden gesetzlich eingeführt worden war, gehörte W. zu den vorzüglichsten Gründern und Mitarbeitern am »Freisinnigen«, einer Zeitschrift, die jedoch wegen heftiger Aufsätze W.'s über die Zurücknahme des bad. Preßgesetzes und mehrer Bundesbeschlüsse bald unterdrückt wurde. W. selbst ward mit Beibehaltung seines Gehalts in den Ruhestand versetzt und in neue Untersuchungen verwickelt, die abermals mit seiner Freisprechung endigten. In der Kammer fand jedoch W. bei den spätern Landtagen nicht mehr den frühern Anklang. Seit 1834 ist W. mit Rotteck (gest. 1840) Herausgeber des »Staats-Lexi kon« und wurde 1840 dem Wirkungskreise als Lehrer an der Universität Freiburg zurückgegeben. – Sein älterer Bruder Friedr. Gottlieb W., geb. 1784, gehört zu den ausgezeichnetsten der neuern deutschen Philologen und Alterthumskenner und war seit 1809 als Professor der Archäologie und griech. Literatur in Gießen, seit 1816 in Göttingen angestellt, von wo er 1819 nach Bonn ging und dort noch verweilt. Auch er wurde in die Untersuchungen wegen demagogischer Umtriebe verwickelt, jedoch 1826 freigesprochen, wegen einiger für das Repräsentativsystem sprechenden Bemerkungen, mit welchen er den Wiederabdruck einiger ältern politischen Abhandlungen begleitete, aber von Neuem zur Verantwortung gezogen und selbst 1832 von seiner amtlichen Thätigkeit suspendirt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 687-688.
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