York von Wartenburg

[770] York von Wartenburg (Hans Dav. Ludw., Graf), preuß. Generalfeldmarschall, einer der ausgezeichnetsten preuß. Generale aus den letzten Kriegen, Abkömmling einer aus England nach Pommern eingewanderten engl. Familie, wurde 1759 in Königsberg in Preußen geboren. Schon 1772 nahm er Dienste im preuß. Heere, das er nach einer wegen Zweikampf erlittenen Festungsstrafe verließ und 1782 in holländ. Dienste ging, 1783–84 in Ostindien focht, 1786 aber als Hauptmann wieder in Preußen angestellt wurde und 1794 dem Feldzuge in Polen beiwohnte. Als Oberst und Chef des Jägercorps commandirte er 1806 die Vorhut und dann den Nachtrab vom Corps des Herzogs von Weimar, dessen Rückzug über die Elbe bei Sandau er sehr geschickt deckte, und fiel in Mecklenburg verwundet in franz Gefangenschaft. Gleichzeitig mit dem nachherigen Feldmarschall Blücher ausgewechselt, ward Y. 1807 Generalmajor, commandirte 1808 die westpreuß. Division und war bei der Umgestaltung des preuß. Heers sehr thätig. Die Generalinspection aller leichten Truppen ward ihm 1810 übertragen und 1812 erhielt er nach Abgang des erkrankten Generals Grawert den Oberbefehl des mit dem zehnten Corps unter dem franz. Marschall Macdonald nach Rußland bestimmten preuß. Hülfscorps und focht mit demselben tapfer gegen die Russen, bis nach der allgemeinen Auflösung der großen Armee auch das zehnte Corps am 19. Dec. den Rückzug antrat, wobei Y. mit 14 Bataillons Preußen und acht Escadrons die Nachhut führte. Jedoch erst am 30. Dec. 1812 schloß Y. mit dem russ. General Diebitsch jene berühmte Convention, nach welcher die preuß. Truppen sich von den Franzosen trennten und zwischen Tilsit und Memel neutrale Stellungen bezogen. Dieser von politischem Scharfblicke Y.'s zeugende Schritt wirkte als erhebendes Beispiel in ganz Preußen, schien aber anfänglich den strengen Tadel des noch von den Umständen beengten Königs zu erfahren. Bald jedoch änderte sich das und Y. marschirte mit seinen inzwischen vervollständigten Truppen an die Elbe, wo er zuerst bei Dannekow (5. Apr. 1813) siegreich gegen den Vicekönig von Italien focht und dann rühmlich Antheil an den Schlachten bei Lützen und Bautzen nahm. Unter Blücher trug er wesentlich zum Siege an der Katzbach bei, erstritt dann den Elbübergang bei Wartenburg (s.d.), wovon er später mit einer ansehnlichen Dotation zum Grafen von Wartenburg ernannt wurde, und nahm in der leipziger Schlacht mit seinem Corps das hartnäckig vertheidigte Möckern (16. Oct.). Am 20. Oct. schon drängte er die fliehenden Franzosen bei Freiburg an der Unstrut und nach dem Einrücken der Verbündeten in Frankreich rettete er bei Montmirail (11. Febr. 1814) den russ. General Sacken von völliger Niederlage, der sich übereilt in ein Gefecht mit Napoleon eingelassen hatte. Die wichtigen Folgen der Schlacht bei Laon (9. März) führte hauptsächlich Y. mit dem General v. Kleist durch einen nächtlichen Angriff auf den franz. rechten Flügel herbei, begleitete nach der Einnahme von Paris den König von Preußen nach England, wurde dann commandirender General in Schlesien und Posen und 1815 [770] zum Befehlshaber des fünften preuß. Armeecorps bestimmt, das aber am Feldzuge nicht Theil nahm, in welchem Y.'s einziger Sohn, Offizier im brandenburg. Husarenregimente, bei Versailles in einem Reitergefecht blieb. Nach dem Frieden nahm Y. seine Entlassung und zog sich auf seine Güter in Schlesien zurück, wurde 1821 noch zum Generalfeldmarschall ernannt und starb am 4. Oct. 1830 auf seinem Schlosse in Klein-Öls.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 770-771.
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