Goten

[702] Goten, altes german. Volk an der untern Weichsel, breiteten sich im 2. Jahrh. n. Chr. bis ans Schwarze Meer aus und brachen zuerst 238 in röm. Gebiet ein, verwüsteten um 251 Thrazien und Mösien, bald darauf Griechenland und die Nordküste Kleinasiens, wurden indes von Aurelianus über die Donau zurückgetrieben, wo er ihnen die Prov. Dazien abtrat. Als sie 321 wieder die Donau überschritten, wurden sie von Konstantin d. Gr. zurückgeschlagen. Sie nahmen das arianische Christentum an, ihr Bischof Ulfilas (s.d.) übertrug um 370 die Bibel in die got. Sprache. Von da an treten zwei Teile hervor: die West-G. (Therwingen, Wisi-G.) zwischen Donau, Theiß und Dnjestr und die Ost-G. (Greutungen, Ostro-G.) zwischen Dnjestr und Don. Über beide Teile herrschte der Ostgote Ermanrich, dessen Reich 375 beim Ansturm der Hunnen zertrümmert wurde.

Die West-G., von Hunnen und Ost-G. verdrängt, wurden vom Kaiser Valens 376 am Südufer der Donau aufgenommen, empörten sich aber gegen die Quälereien der röm. Beamten und siegten 378 über Valens und traten unter Theodosius d. Gr. in röm. Dienste. Ihr König Alarich brach 395 diesen Vertrag, fiel 402 in Italien ein, eroberte 410 Rom, starb aber bald danach. Athaulf führte das Volk 412 ins südl. Gallien, von da nach Spanien. Wallia begründete 418-419 in Aquitanien das Westgot. Reich mit der Hauptstadt Tolosa (Toulouse), das Theoderich I. und seine Nachfolger in Gallien und Spanien weiter ausdehnten, bis der Frankenkönig Chlodwig 507 in der Schlacht bei Poitiers den West-G. den größten Teil des gallischen Landes entriß. Das auf Septimanien und Spanien beschränkte Westgotenreich bestand bis 711, wo ihm die Araber durch die Schlacht bei Jerez de la Frontera ein Ende machten. – Vgl. Aschbach (1827). – Die Ost-G. schlossen sich größtenteils den Hunnen an. Nach Attilas Tode wohnten sie in Pannonien (Ungarn); später erhielten sie Wohnsitze in Mösien und Thrazien neben den zurückgebliebenen West-G. Theoderich d. Gr. seit 475 König, zog 488, von Kaiser Zeno veranlaßt, nach Italien, stürzte die Herrschaft Odoakers und begründete 493 das Ostgotenreich in Italien (Hauptstadt Ravenna), das er über Sizilien, Pannonien, Dalmatien, das hohe Rhätien und seit 510 auch über die Provence ausdehnte. Nach seinem Tode (526) brachen Wirren aus, bis der byzant. Feldherr Narses, von den Langobarden unterstützt, 552-555 das Reich unter König Teja vernichtete. – Vgl. Dahn, »Die Könige der Germanen« Bd. 2-4, 1861-66). – Die Tetraxitischen oder Krim-G. waren Reste der Ost-G., in der Krim und am Kuban, wo sie sich bis in das 16. Jahrh. hielten. – Vgl. Loewe (1896).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 702.
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