Botanik

[145] Botanik, Gewächskunde, Kräuterkunde, wissenschaftliche Kenntniß der ganzen Pflanzenwelt. Sie umfaßt das weite Gebiet des Entstehens, der Entwickelung, Fortpflanzung, der Eigenthümlichkeiten, des Nutzens und Vortheils aller Pflanzen, und kann deßhalb unbedingt in die Klasse der reichsten und interessantesten Wissenschaften gestellt werden. Aber sie gehört auch zu denen, welche dem weiblichen Geschlecht nahe stehen und ihr Interesse lebhaft in Anspruch nehmen. Was aber auch eignet sich für zarte Hände besser als die Pflege und Wartung der Pflanzen, als sorgfältige Anordnung des Blumen- und Küchengartens, als die Beschäftigung mit dem Trocknen nützlicher und heilsamer Kräuter! Schon der beschränkte Wissenskreis gewöhnlicher weiblicher Bildung erfordert eine gewisse Kenntniß mancher in die Botanik eingreifender Zweige, und jede höhere Erziehung sollte es sich zum Gesetz machen, die jungen Gemüther mit den Kräften der Natur, mit ihrem unerschöpflichen Reichthum bekannt zu machen. Alle Gelehrsamkeit muß natürlich dabei vermieden werden; nur das Praktische, Schöne, Herz und Gemüth Erfreuende dürfte der weibliche Antheil an dieser Wissenschaft sein. – Die Botanik zerfällt in zwei Abtheilungen, von welcher sich die eine nur mit den äußern Formen und deren Unterscheidungen beschäftigt und Naturgeschichte der Gewächse, systematische Kenntniß der Pflanzen, historische Botanik genannt werden kann, während wir die andre, die Zergliederung, Anatomie der Pflanzen, ihre medicinischen Bestandtheile und[145] chemischen Wirkungen mit dem Namen philosophischer Botanik belegen. Beide gehören gewisser Maßen zusammen und können nicht von einander getrennt werden. Erstere stammt noch aus den philosophischen Schulen Griechenlands. Letztere verdanken wir, obgleich viel später, den Deutschen. Seitdem haben die Gelehrten aller Länder mehr oder weniger dazu beigetragen, diese unschätzbare Wissenschaft durch neue Entdeckungen, Untersuchungen, Erfindungen und gründliches Studium zu vervollkommnen. Und noch ist diese reiche Quelle nicht erschöpft, denn jeder neu entdeckte Landstrich vermehrt auch den Schatz des botanischen Wissens. Der schwedische Naturforscher Karl von Linné (s. d.) hat zuerst das Bedürfniß eines Systems, einer Ordnung in Klassen gefühlt, und diesem Bedürfniß durch sein systema naturae, dem noch mehrere andre Werke folgten, abzuhelfen gesucht. Sprengel hat uns eine vollständige Geschichte dieser Wissenschaft in seiner Geschichte der Botanik (Leipzig 1818. 2 Bände) gegeben. Man zählt jetzt schon 11 bis 12,000 Pflanzenarten, obgleich Linné bei der ersten Ausgabe seiner species plantarum nur 7300 erkannte, die sich schon bei der zweiten auf 8800 belief. So hätten wir in einem Zeitraume von 60 Jahren über 3000 neue Arten entdeckt.

L. M.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 145-146.
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